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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Imperialismus – Impfung

Imperialismus (vom lat. imperium), die Regierungsweise einer absoluten Monarchie, die sich vorzugsweise auf das Militär stützt, auch Cäsarismus (s. d.) genannt.

Imperial quarter (spr. -pihrĭäll), s. Quarter.

Imperiālscharlach, soviel wie Biebricher Scharlach (s. d.).

Imperial standard (engl., spr. -pihrĭäll stännd’rd; deutsch Reichsnormal-) bezeichnet die für Großbritannien und Irland seit 1826 geltenden Normalmaße, z. B. Imperial standard yard, d. h. Reichsnormalelle. (S. auch Normalmaß, Normalgewicht.)

Imperĭum (lat.), die den röm. Königen, dann in der Republik den höhern Magistraten, namentlich den Konsuln, Diktatoren und Prätoren, vom Volke durch eine Lex curiata übertragene höchste militärische, richterliche und ausübende Gewalt. Das Wort I. ist ursprünglich mit Potestas, Amtsgewalt, synonym. Von der Zeit aber, wo es neben den höchsten Magistraten noch Magistrate mit beschränkter Befugnis gab (wie namentlich die Censoren), blieb das Wort I. nur für die Magistrate in Geltung, welche wenigstens der Theorie nach die volle höchste Amtsgewalt besaßen, während das Wort Potestas (Macht, Gewalt) insofern, als es die Macht bezeichnete, welche jedem Magistratus seinem Amte gemäß zukam, sowohl in weiterm Sinne die volle als die beschränkte Amtsgewalt bezeichnen konnte, sodaß dann I. und Potestas (im engern Sinne) verschiedene Begriffe wurden. Das I., als dessen wesentliches Zeichen die Liktoren galten, war mit dem Recht zur Anstellung der höhern Auspizien verbunden. In den spätern Zeiten der röm. Republik ward den Konsuln und Prätoren nach Niederlegung ihres Amtes das I. prorogiert oder verlängert, damit sie als Prokonsuln oder Proprätoren die Provinzen verwalten konnten. Die Juristen der röm. Kaiserzeit unterschieden das imperium merum, d. i. das reine I., das das ius gladii enthielt, d. i. die Gewalt über Leben und Tod, welche der Kaiser den Provinzstatthaltern und den Präfekten der Stadt und des Prätoriums übertrug, und das sich wesentlich auf die bürgerliche Gerichtsbarkeit beziehende imperium mixtum (gemischtes I.).

Impermeabilität (neulat.), Undurchdringlichkeit (s. d.)

Impersonāle (lat.), s. Verbum.

Impertinént (lat.), ungehörig, unverschämt, frech; davon das Substantiv Impertinénz.

Impetīgo (lat.), s. Hautkrankheiten (Bd. 8, S. 906 a).

Impetránt (lat.), im ältern Prozeßrecht derjenige, welcher im Prozeßverfahren auf einseitiges Vorbringen hin, namentlich in Arrestsachen und in der Exekutionsinstanz, eine Verfügung gegen seinen Gegner (den Impetrāten) erwirkte.

Impetuōso (con impeto, ital.), musikalische Vortragsbezeichnung: mit Ungestüm, rasch, feurig.

Impĕtus (lat., «Angriff»), im jurist. Sinne die leidenschaftliche Erregung, worin der Vorsatz zu einem Verbrechen gefaßt wird, Affekt, im Gegensatz zur ruhigen Überlegung, Prämeditation (s. d.).

Impferysipel, Impfgegner, Impfgesetz, Impfinstitut, Impflanzette, Impfling, Impfnadel, Impfrotlauf, Impfstoff, Impfsyphilis, s. Impfung.

Impfung oder Inokulation, die zufällige oder beabsichtigte Übertragung eines Krankheits- oder Ansteckungsstoffs durch eine kleine Verletzung (einen Schnitt, Stich, eine Excoriation) der äußern Haut oder einer Schleimhaut auf ein gesundes Individuum. Man bedient sich der I. in verschiedener Absicht; entweder aus rein wissenschaftlichen Interessen, um experimentell den Nachweis zu führen, ob und durch welche Substanzen (Speichel, Blut, Schleim, Eiter u. dgl.) eine Krankheit auf ein anderes Individuum übertragen werden könne, oder zu diagnostischen Zwecken, um Gewißheit darüber zu erhalten, ob ein krankhafter Prozeß, z. B. ein Geschwür, durch Aufnahme eines kontagiösen Stoffs (z. B. Syphilis) entstanden sei oder nicht; im ausgedehntesten Maße aber als eines prophylaktischen Mittels gegen die Blattern, insofern man durch die künstliche Übertragung des Ansteckungsstoffs der Kuhpocke auf den Menschen die Empfänglichkeit des menschlichen Organismus für das Kontagium der Menschenpocken beträchtlich zu verringern und damit einen wirksamen Schutz gegen die Ansteckung dieser schrecklichen Seuche zu gewähren vermag.

Inwieweit die neuerdings empfohlene I. mit Wut- und Milzbrandgift die Bezeichnung einer wirksamen Schutzmaßregel gegen die Hundswut und den Milzbrand verdient, muß erst noch die Zukunft lehren. (S. Schutzimpfung, Hundswut und Milzbrand.) – Über die von Koch versuchte I. Tuberkulöser s. Tuberkulose.

Schon sehr früh machte man die Beobachtung, daß die Pocken (s. d.) zur Zeit epidemischen Auftretens besonders gefährlich, in sporadisch auftretenden Fällen sowie bei der Übertragung des Blatterngiftes durch kleine Hautverletzungen dagegen ungleich milder und gutartiger verliefen, weshalb die künstliche Einimpfung der Menschenblattern oder die Variolation schon im Altertum geübt wurde. In die Kulturstaaten Europas wurde die natürliche Blatternimpfung durch Lady Montague, die Gemahlin des engl. Gesandten in Konstantinopel, 1718 eingeführt und fand hier rasch durch Sutton, Tissot, Hensler, Portal, Hufeland u. a. große Verbreitung. Freilich stellte sich gar bald heraus, daß die Variolation weder eine ungefährliche Operation war noch die Zahl der Blatternkranken in der Gesamtbevölkerung zu vermindern vermochte; im Gegenteil wurde durch sie periodisch die Sterblichkeit in den großen Städten vermehrt, weil jeder Geimpfte leicht eine Quelle der Ansteckung für alle noch nicht Geimpften oder Geblatterten, die in seine Nähe kamen, wurde, weshalb die künstliche Blatternimpfung Ende des 18. Jahrh. immer seltener geübt wurde. In einigen Ländern erhielt sie sich jedoch noch bis zur Mitte dieses Jahrhunderts; in der asiat. Türkei wird sie gegenwärtig noch häufig ausgeführt. Edward Jenner (s. d.), Arzt in Berkeley in Gloucestershire, wurde durch die Beobachtung, daß durch Kuhpocken Angesteckte von Blattern nicht befallen wurden, zu der wichtigen Entdeckung geführt, daß die Überimpfung der Kuhpocken auf den Menschen als zuverlässiges Schutzmittel gegen die so gefürchteten Menschenblattern wirke. Nachdem er zuerst 14. Mai 1796 einen achtjährigen Knaben, James Phipps, mit der Kuhpocke einer Melkerin, Sarah Nelmes, geimpft und darauf zweimal vergeblich der Variolation unterworfen hatte, erfolgte rasch nach weitern Prüfungen die allgemeine Verbreitung der Kuhpockenimpfung in England, wo bereits 1799 das erste öffentliche Impfinstitut errichtet wurde, und bis Ende 1800 waren bereits über 12000 Menschen mit humanisierter Lymphe, wie man die vom Menschen abgenom-^[folgende Seite]