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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Kanton; Kanton (Stadt)

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Kanton (Bezirk) – Kanton (Stadt)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kant-Laplacesche Theorie'

Abkühlung verdichteten sich diese weiter, bis jeder derselben sich in einen von einer ausgedehnten feurigen Atmosphäre umgebenen rotierenden Körper verwandelte. War die Masse des Ringes eine vollkommen gleichförmige, so mußte derselbe statt in einen großen in zahlreiche kleine Körper zerfallen, wie wir sie in den Planetoiden zwischen Mars und Jupiter kennen. In gleicher Weise, wie die ursprüngliche Sonnenatmosphäre sich zuerst in Ringe umwandelte, die sich dann in Planeten verdichteten, haben sich ferner nach Laplace aus den Planetenatmosphären zunächst ähnliche Ringe und aus diesen die Monde gebildet, vorausgesetzt, daß die Planetenatmosphäre von vornherein die genügende Ausdehnung besaß. – Vgl. Kant, Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels (Königsb. 1755 u.ö.); Laplace, Exposition du système du monde (Par. 1796 u.ö.).

Kantōn (frz. canton), Unterabteilung eines größern Bezirks eines Landes. In Frankreich zerfallen nach dem Dekret vom 15. Jan. 1790 die Arrondissements in cantons und diese in Gemeinden, welche Einteilung in Elsaß-Lothringen auch nach der Einverleibung beibehalten worden ist. Die K. bilden in Frankreich noch heute die territoriale Abgrenzung der Friedensgerichtsbezirke und der Wahlbezirke für die Conseils généraux und Conseils d'arrondissement, in Elsaß-Lothringen wenigstens die Grundlage für die entsprechenden Abgrenzungen. – Von der Mitte des 16. Jahrh. An hat sich der Name auch in der Schweiz eingebürgert, wo er, als Bezeichnung der Einzelstaaten, den alten Namen Ort allmählich verdrängt hat. Zur allgemeinen Geltung gelangte die Bezeichnung durch die Einheitsverfassung von 1798, welche die Eidgenossenschaft in 19 Verwaltungsbezirke oder K. gliederte. Jetzt heißen die 25 Einzelrepubliken K., sobald sie für sich betrachtet werden. Um ihr Verhältnis zur Gesamtheit des schweiz. Bundesstaates zu bezeichnen, ist der Ausdruck Stände offiziell üblich. In Preußen wurden früher die Aushebungskreise K. genannt (s. Kantonsystem).

Kánton (Canton), Kwong-tung-scheng, Schang-scheng oder Kwang-tschou-fu, Hauptstadt der chines. Südprovinz Kwang-tung, liegt etwa unter 23°8' nördl. Br. und 113°14' östl. L. von Greenwich, 150 km vom Meere, großenteils am nördl. Ufer des Tschu-kiang (Perlflusses) oder Kantonstroms, der hier aus der Vereinigung eines Arms des Si-kiang oder Westflusses mit dem Pei-kiang oder Nordflusse entsteht. Das Klima ist gemäßigt und dem Europäer nicht nachteilig. K. ist Sitz des Oberstatthalters der beiden Kwang und des Oberbefehlshabers der Mandschutruppen. Mit Einschluß aller Vorstädte wird die Bevölkerung, ohne Europäer, auf 1,6 Mill. geschätzt. Hierzu ein Plan: Kanton und Kantonstrom.

Anlagen und Bauten. Das eigentliche K. bildet ein unregelmäßiges Viereck, umgeben von einer 8 m hohen, 6 m dicken, auf Sandsteinfundament aus Backsteinen erbauten Mauer von etwa 10 km Umfang, und wird durch eine von W. gegen O. laufende Quermauer in zwei Hauptteile geteilt, die nördl. Altstadt, welche vier Fünftel des Quadrats einnimmt und im SW. das Mandschuviertel einschließt, und die südl. Neu- oder Chinesenstadt. Durch die Umfangsmauer führen 12, durch die Scheidemauer 4 Thore. Die Stadt wird von mehrern viel benutzten Kanälen durchschnitten (s. Tafel: ↔ Chinesische Kunst III, Fig.4). Zu beiden Seiten legen sich große Vorstädte an (im SW. Scha-mien am Flusse, vorzugsweise Sitz der Europäer); jenseit des Flusses und südlich gegenüber liegen die Vorstädte Ho-nan und Fa-ti. Dazu kommt noch die schwimmende Schifferstadt oder Vorstadt der Tan-kia, d.h. Bootbewohner, die sich 7–8 km weit auf dem Flusse erstreckt und aus dicht aneinander gedrängten, an Pfählen befestigten, lange Gassen bildenden Fahrzeugen besteht, deren jedes einer Familie als Wohnung und Heimat dient. Man schätzt diese Boote auf 80000 mit etwa 300000 E., die sich von Hafenarbeit, Stromschiffahrt und Fischfang nähren. Das Mandschuviertel enthält viele aus Erde errichtete, getünchte Häuser, während sonst Luftsteinbauten vorherrschen, dagegen aber breitere Gassen. Sonst sindsie durchschnittlich 3-4 m breit, sodaß nur Sänften, nicht aber Fuhrwerke passieren können. Sie sind meist gut gepflastert, weniger schmutzig als in andern chines. Städten und in Zwischenräumen mit Denkmalen zur Verherrlichung von Tugenden und Großthaten geziert. Stadt und Vorstädte haben leidliche Entwässerung; als Trinkwasser wird das auf der hochgelegenen Nordseite der Stadt gewonnene «Bergwasser» verkauft. Die dem Handel und Gewerbe dienenden Häuser sind mehrstöckig und oft durch Matten verbunden, welche von den engen Gassen das Sonnenlicht abhalten. Zu den ansehnlichsten Straßen gehören die China- und die Altertümerstraße (engl. Curio Street), sie enthalten die von den Fremden am meisten gesuchten chines. Waren. Die Stadt zählt 120 Tempel mit 2000 Priestern und Nonnen, von denen neun Zehntel Buddhisten sind. In der Altstadt befinden sich eine mohammed. Moschee (dazu als Minaret gehörig Kwang-tha, «die glatte Pagode»; die Moschee ist 1350 nach einem Brande, dann um 1465–88 und im 17. Jahrh, mehrmals umgebaut) und mehrere uralte Pagoden, eine aus dem 6. Jahrh. (Fa-thap «die blumige Pagode»), zwei kleinere des 250 gegründeten Kwang-Hio-ssĕ u.a. K. besitzt einen großen Prüfungshof für die Provinz mit Räumlichkeiten für 8–9000 Prüflinge nebst den gewöhnlichen Bezirks- und Kreislehranstalten, 10–20 Missionslehranstalten, ein 1690 gestiftetes Findelhaus für 350 Kinder, ein 1835 von der amerik. Missionsgesellschaft gegründetes Krankenhaus und drei Altersversorgungsanstalten. Das höchste Gebäude ist die kath. Kirche. Sehr bedeutend ist die Münze.

Industrie und Handel. K. ist Hauptsitz der Seidenweberei und Stickerei; Baumwollweberei, Färberei und ihre Nebengewerbe, Glasindustrie,Papierfabrikation sind hochentwickelt, Metall- und Porzellanindustrie sind namentlich in der Umgebung stark verbreitet. Früher war K. der einzige dem auswärtigen Handel in China geöffnete Hafen, doch nimmt der Handel auch infolge der Konkurrenz Hong-kongs und der Benutzung der Landwege von Tongking aus etwas ab. Die Lage ist für den Verkehr überaus günstig, da der Tschu-kiang durch seine ausgebreiteten Verzweigungen mit dem Süden, der Pei-kiang mit dem Norden ihn vermittelt. Der Fluß ist für große Dampfer fahrbar, doch bildete 1884–91 die Insel Whampoa, 20 km unterhalb, den Ankerplatz, bis die Sperre im Hauptarm fortgeschafft worden war. Ein Mündungsarm ist die Bocca-Tigris (s. d.). Die wichtigste Ausfuhrware ist Seide: es gingen (1892) 17538 Ballen nach England und dem europ. Kontinent und 8534 Ballen nach den

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