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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kapelle (Gefäß) – Kaper

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kapelle (kirchliches Gebäude)'

dung, doch erscheinen sie auch im 13. Jahrh. vielfach in Deutschland; ferner Grabkapellen, vielfach ähnlich gestaltet, in Deutschland meist Karner genannt; Burgkapellen, zu welchen meist die zweigeschossigen Doppelkapellen (s. d.) gehören. Die bisher genannten K. sind meist selbständige Bauten. Häufiger sind die K. Teil einer größern Kirche, namentlich die Anbauten an Kirchen mit eigenen Altären. Solche entstanden zunächst unter dem Einfluß der hierarchischen Bewegung der Cluniacenser und Cistercienser am Chor der Kirchen (Kapellenkranz), später, namentlich im endenden 15. Jahrh., an den Langseiten, sodaß die spätgot. Kirchen ringsum von K. umgeben waren (Kapellenreihen). Besonders großartig war dies System in Nordspanien ausgebildet. Die ital. Renaissance verlegte die K. mit Vorliebe an die Langseiten des Schiffs. Die Kirche Gesù zu Rom führte dies System in entscheidender Weise durch, sodaß auch an der Peterskirche ein Langhaus mit K. angebaut wurde. Die kath. Kirchen des 17. und 18. Jahrh. bildeten dies System glanzvoll weiter, bauten aber auch zahlreiche Einzelkapellen, namentlich großartige Grabkapellen für Fürsten und Geistliche wie auch für Heilige. Die prot. Kirchen haben keine K., es sei denn, daß für die Taufe ein Raum von dem übrigen Bau abgetrennt wird. – Vgl. Jakob, Die Kunst im Dienste der Kirche (3. Aufl., Landshut 1880); Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie (5. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1883–85).

Da in den alten kirchlichen K. häufig Musiken aufgeführt wurden, so belegte man mit dem Namen K. auch die Gesamtheit der Musiker, besonders aber derjenigen Musiker und Sänger, die von vornehmen Personen gehalten wurden. Der Leiter einer K. heißt Kapellmeister (Maëstro di Capella). Ursprünglich waren die K. Sängerinstitute, von denen die päpstl. oder Sixtinische K. die berühmteste ist; daher stammt die Bezeichnung a capella (s. d.). Im 16. Jahrh. wurden Instrumente hinzugezogen, und seitdem wurde damit eine Vereinigung von Sängern und Spielern bezeichnet. Jetzt bezeichnet K. nur eine Vereinigung von Instrumentalmusikern. (S. auch Orchester.)

Kapelle oder Kupelle (vom lat. cupella, kleines Gefäß), ein zum Probieren des Silbers und Goldes oder zum Abtreiben (Kupellieren) des Kupfers und Bleies vom Silber dienendes Gefäß, das die Form eines abgestumpften Kegels besitzt, innerhalb flach kugelförmig ist und ungefähr 2,5 cm Durchmesser hat. Die Masse der K. besteht aus Holz- und Knochenasche, die, mit Wasser zu einem Brei angerührt, in einem hohlen Messingkegel (Nonne) geformt wird. Die Vertiefung erhält die K. durch einen auf den Teig gedrückten halbkugeligen Stempel (Mönch).

Kapelle, bei ältern Geschützen ein dachförmiger Holzdeckel zum Schutze des Zündloches gegen Verschmutzen.

Kapellenberg, höchster Berg (750 m) des Elstergebirges (s. d.).

Kapellengebirge, s. Kapella.

Kapellenkranz, s. Kapelle.

Kapellenofen, die Vorrichtung, durch die bei der Destillation verschiedener Flüssigkeiten die Sandkapellen (s. Destillation, Bd. 4, S. 982a) geheizt werden. Man hat K. mit einer oder mehrern Kapellen; letztere heißen auch Galeerenöfen (s. d.).

Kapellentage (Capellae), an Höfen kath.-geistlicher Fürsten und in Abteien die Tage, die bei kath.-weltlichen Fürsten Hof- und Kirchenfesttage heißen. ↔

Kapellmeister, s. Kapelle und Dirigent; Kapellmeistermusik, Kompositionen, die Routine und Beherrschung der Technik zeigen, aber Originalität und Erfindungsgabe vermissen lassen.

Kaper (engl. privateer; franz. corsaire), ursprünglich die auf eigene Rechnung und Gefahr ausgerüsteten Schiffe. Die Bezeichnung stammt von den holländ. Ostindienfahrern, die «zum Kap fuhren», um gegen span. Schiffe zu freibeutern. Von der Mitte des 16. Jahrh. an waren alle engl. Und holländ. Kauffahrteischiffe gleichzeitig bei Gelegenheit K. Dieppe war die Heimat der Flibustier, die in Westindien die Freibeuterei zum Schaden Spaniens betrieben. Der berühmteste Freibeuterhafen des 17. Jahrh. war Dünkirchen. Die Prisengelder der Dünkirchner beliefen sich während der Kriege Ludwigs XIV. auf 22 Mill. Frs. Jetzt versteht man unter Kaperei das unter der Autorität einer kriegführenden Macht von Privatpersonen darauf gerichtete Unternehmen, mittels besonderer dazu ausgerüsteter Schiffe den feindlichen Seehandel zu schädigen und einem unerlaubten Seehandelsbetrieb Neutraler entgegenzuwirken. Von der Seeräuberei unterscheidet sich die Kaperei wesentlich dadurch, daß bei ihr eine staatliche Autorisation zur Wegnahme feindlicher Schiffe erteilt ist. Diese staatliche Autorisation muß in schriftlicher Form erteilt sein. Die Urkunde heißt Kaperbrief oder Markbrief. Die K. müssen sich nach den Kriegsgesetzen und Kriegsgebräuchen und daneben streng nach den Instruktionen des Kaperbriefes richten und diesen stets an Bord haben. Zur Sicherung dieser Verpflichtung und Deckung des Staates gegen Entschädigungsansprüche pflegt eine Kaution verlangt zu werden. Das gewonnene Schiff wird erst durch prisengerichtliche Zusprechung gute Beute des K. Nach heutigem Völkerrecht ist die Erteilung von Kaperbriefen seitens einer Regierung nur zulässig, wenn sie sich mit einem andern Staat im Kriege befindet. Die Ermächtigung zur Kaperei ist streng persönlich, nur auf bestimmte Zeit erteilt und jederzeit widerruflich. Kein K. darf zu gleicher Zeit von zwei Regierungen, auch nicht von verbündeten Regierungen sich die Ermächtigung zur Kaperei geben lassen. Es gilt jetzt nicht mehr für verträglich mit der Neutralität, daß Unterthanen neutraler Staaten von Kriegführenden Kaperbriefe nehmen. K. sind den Kriegsgebräuchen unterworfen, genießen aber auch die Vorteile des Kriegsrechts und können auch zu allgemeinen Kriegszwecken verwendet werden. Sie werden als Seeräuber (Piraten) angesehen, wenn sie keinen Kaperbrief haben, oder wenn der Kaperbrief erloschen ist, wenn der Brief von keiner anerkannten Staatsgewalt ausgeschrieben ist, oder wenn die K. den Kriegsgebrauch nicht befolgen und unter falscher Flagge fechten, oder wenn die Kaperei in fremden Binnengewässern betrieben und wenn die Beute nicht vor ein Prisengericht gestellt wird. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. hat sich im Zusammenhang mit den auf Anerkennung der Unverletzlichkeit des Privateigentums Zur See gerichteten Bestrebungen eine lebhafte Strömung zur Abschaffung der Kaperei geltend gemacht. In dem Pariser Frieden von 1856 ist beschlossen worden, die Kaperei abzuschaffen. Diesem Beschlusse sind sämtliche europ. und amerik. Staaten beigetreten mit Ausnahme von den Vereinigten Staaten von Amerika, Spanien, Mexiko, Venezuela, Neugranada, Bolivia und Uruguay. Durch

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 111.

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