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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Konstantinopel

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Konstantinopel

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Konstantinograd'

36. Infanterieregiment, Post, Telegraph, 3 Kirchen, 1 israel. Bethaus, Talgsiederei, Ölmühlen, Acker- und Melonenbau. – K., 1731 als Festung begründet, führte bis 1797 den Namen Belewskaja und wurde umbenannt zu Ehren des Großfürsten Konstantin Pawlowitsch.

Konstantinopel, türk. Stambul (Istambul, Konstantinje oder Der-i-Seadet, «Pforte der Glückseligkeit»), von Italienern und Levantinern Cospoli, von den Slawen Zarigrad (d. i. Kaiserstadt) genannt, Hauptstadt des türk. Reiches, liegt unter 41° nördl. Br. und 28° 59' östl. L. von Greenwich, auf einer Halbinsel, die im S. vom Marmarameer, im O. vom Bosporus (s. d.) und im N. vom Goldenen Horn umspült wird. Es bietet mit seinen Gärten, Moscheen und Türmen, amphitheatralisch aus dem Meere aufsteigend, eins der schönsten Panoramen der Erde. Das Klima (mittlere Jahrestemperatur 16,3° C., Januar 5,8° C., Juli 23,5° C.) ist großen Schwankungen ausgesetzt, aber gesund. Krankheiten (Wechselfieber), besonders epidemische, treten vorzugsweise im Herbst und Frühjahr auf. (Hierzu eine Übersichtskarte.)

Bevölkerung. Stambul im engern Sinne hat ungefähr 600000 E. Zum Stadtbezirk K. gehören auch die am Goldenen Horn gelegenen Vororte, wie Ejub, dann Chasköi (Hasköi), Kassim-Pascha, Pera, Galata, Pankaldi, Feriköi und die Quartiere am Bosporus Top-Hane (s. d.), Fündüklü (s. d.) mit etwa 210000 E.; zum Polizeibezirk K. gehören auch die nördlicher am europ. Bosporusufer gelegenen Orte Kabatasch, Dolma-Bagdsche, Beschik-Tasch, Jildis-Kiosk mit seinen stark bevölkerten Dependenzen (s. die Einzelartikel), dann Ortaköi mit der hart am Ufer stehenden schönen Moschee der Sultanin-Mutter, ferner Arnautköi (Albanesendorf; jetzt fast ausschließlich von Griechen bewohnt), Kurutschesme (Trockner Brunnen), Bebek (s. d.), Rumeli-Hissar (s. Balta-Limani), Emirgon, mit Landhaus und Park des Ex-Chediv Ismail Pascha; dann Jeniköi, Therapia, Böjükdere, Jeni-Mahalle, Rumeli-Kawak und Rumeli-Fener mit Leuchtturm am Schwarzen Meer, zusammen mit 58000 E.; ferner die Ortschaften am asiat. Bosporusufer mit etwa 155000 E., darunter Kadiköi (s. d.), Skutari (s. d.) und Beikoz; rechnet man die am Marmarameer gelegenen Sommerfrischen Makriköi und San Stefano und die Hauptorte der Prinzeninseln dazu, so ergiebt sich für K. mit den Vororten eine Einwohnerzahl von 1033000 E. Für das eigentliche K. ergab eine Zählung (1885) 384910 türk. Mohammedaner, 152741 Griechen, 149590 gregorianische und 6442 kath. Armenier, 4377 Bulgaren, 44361 Israeliten, 819 Protestanten, 1082 kath. Türken und 129243 fremde Unterthanen, darunter 50000 Griechen. Während Stambul und einige Ortschaften am Bosporus von Türken bewohnt werden, überwiegt die nichttürk. Bevölkerung in den Vororten; Griechen und Armenier besonders in Pankaldi bei Pera und im Quartier Kum Kapu in Stambul, Perser nur in Stambul, im Quartier Mahmud Pascha, Juden in Chasköi am Goldenen Horn und im Quartier Balat in Stambul, in Kuskundschuk auf der asiat. Bosporusseite, Levantiner und Franken (Deutsche, Österreicher, Schweizer, Franzosen) in Pera.

K. ist Sitz der höchsten türk. Regierungsbehörden, des Scheich ul-Islam, des höchsten mohammed. Geistlichen, der Generalkonsulate aller Großstaaten, eines ↔ röm.-kath. Erzbischofs (Skutari), des griech. und armenischen Patriarchen und eines Großrabbiners.

Die Stadt ist überaus ausgedehnt, da die ältern Viertel meist aus einstöckigen Häusern bestehen und zahllose Gärten und Friedhöfe enthalten; in Pera entstehen jetzt auch 5–7 Stockwerke hohe Zinshäuser. Die Zahl der Gebäude beläuft sich auf über 200000, darunter sind 34200 Kaufläden und Magazine, 175 Bäder, etwa 320 Paläste und Kiosks, 280 Regierungsgebäude, 198 Kasernen und Kolluks (Wachthäuser), 673 Moscheen und 560 verschiedene türk. Schulgebäude. 146 Seminare (Medresse-Priesterschulen, meist Dependenzen der Moscheen), 65 Bibliotheken, 230 Derwischklöster, 16 Hospitäler, 169 christl. Kirchen und Synagogen. Die Anzahl der griech. Kirchen beläuft sich auf 60, die der armenischen auf 40. Die Katholiken haben 10 Kirchen und 6 Klöster.

Stadtteile. Das eigentliche ältere K., Stambul, bildet ein Dreieck von der Serailspitze (Serail Burun) am Goldenen Horn entlang bis nach Aiwan Serail und von hier die Theodosianische Mauer (s. S. 588b) entlang bis nach Jedikule am Marmarameer. Es hat meist enge und ganz regellos angelegte Straßen. Von den drei breitern, fast parallel von O. nach W. laufenden Hauptstraßen ist die bedeutendste diejenige, welche von der Brücke an der Jeni-Dschami, dann an der Sophienkirche vorbei nach dem schönsten Platze Stambuls, dem Seraskierats- (Kriegsministeriums-) Platze führt. Von hier aus läuft eine Hauptstraße westlich weiter bis ans Goldene Thor (Porta aurea), eine zweite über das Quartier Akserai (Forum Bovis) bis nach Top-Kapussi (Porta Romana). Bei Akserai zweigt eine Linie nach S. ab, nach Jedikule. Abgesehen von den Höfen vor den Moscheen, wo sich fast immer ein reges Marktleben entwickelt, sind an Plätzen in Stambul nennenswert: der Seraskierats-Platz, der Atmeidan (ehemals Hippodrom, s. Rennbahn) und der äußere Hof des alten Serail (s. d.).

An Denkmälern aus vortürk. Zeit ist K. arm; zu denselben zählen die Obelisken des Hippodrom (z. B. der Theodosius' d. Gr., ein granitener Monolith von 30 m Höhe) und das Bruchstück der bronzenen Schlangensäule (5,5 m), des platäischen Weihgeschenks an Apollon; ferner die Säule Konstantins, die sog. verbrannte (türk. Tschemberli-Tasch), die Gotensäule des Claudius (?) im äußern Hofe des alten Serail und die Marciansäule (türk. Kiß-Tasch). Überbleibsel aus alter Zeit sind ferner die Burg der sieben Türme (in Jedikule); die noch heute benutzte, von den Kaisern Valens und Justinian erbaute Wasserleitung, die Reste des Kaiserpalastes (Hebdomonpalast) der Blachernen (Tekfur Serail), die berühmte Kirche des Klosters St. Johannis Studios (jetzt Achor-Moschee), endlich die Ruine des Palastes Hormisdas am Meere, unweit der kleinen Agia Sofia.

Von den Moscheen waren ursprünglich christl. Kirchen die Agia Sofia (s. Sophienkirche), die kleine Sophienkirche (Kütschük Agia Sofia, ehemals Kirche des Sergius und Bacchus), die Moschee Kachrijeh-Dschami am Adrianopeler Thore, einst byzant. Klosterkirche, mit wertvollen bis 1860 von der Kalkdecke verdeckten Mosaik- und Freskobildern, ferner die Irenenkirche im äußern Serailhofe (jetzt Zeughaus), die Kilisse-Medschid (ehemalige Kirche des Theotokos, s.Tafel: Byzantinische Kunst, Fig. 2 u. 6). Aus türk. Zeit stammen die Moscheen Soleimans

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 586.

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