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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kosaken

drücklich zu wehren suchten. Die Empörer Mazeppa, Pugatschew, Stenka Rasin machten der staatlichen Autorität viel zu schaffen. Eine sehr wichtige Rolle haben die K. bei der Ausdehnung des Russischen Reichs nach Osten gespielt; zum Teil traten sie selbst als Eroberer auf, zum Teil wurden sie von der Regierung zur Sicherung der erworbenen Gebiete, zur Besetzung der «Linien», an welchen sie angesiedelt wurden, verwandt. – Im 16. Jahrh. bildeten sich die Donkosaken, deren Stiftungsjahr 1579 war, die Saporoger K. um 1500 und die Wolgakosaken. Während die Donkosaken sich bis heute erhalten haben, wurden die Saporoger K. 1775 von russ. Truppen völlig vernichtet. Aus ihren Überbleibseln wurde das Tschernomorsche Heer gebildet und 1792 nach dem Kuban übergesiedelt. Auch die Wolgakosaken unterlagen 1577 den russ. Truppen; Teile derselben zogen nach dem Terek, wo sie mit russ. Abenteurern und Flüchtlingen der kaukas. Bergvölker zum Terekheer wurden. Kleine Abteilungen der Wolgakosaken waren an ihren Wohnsitzen an der Wolga geblieben; aus diesen sowie durch Übersiedelung eines Teils der Donkosaken bildete sich 1732 das Wolgaheer und 1750 das Astrachankosakenregiment, aus welchem 1848 das Astrachankosakenheer (s. Astrachankosaken) formiert wurde. Ein anderer Teil der Wolgakosaken zog nach dem Jaik (Ural), bildete hier das Jaikheer und wurde 1775 zum Uralheer. Der größte Teil der Wolgakosaken aber zog unter Jermak (s. d.) nach Sibirien, wo sie bis an den Irtysch, nach Kamtschatka uud Transbaikalien vordrangen. Im weitern Verlauf der Eroberungen mußten die russ. Grenzen gegen China durch die «Sibirische Linie» geschützt werden, zu welchem Zweck aus den Eroberern und russ. Bauern das sibirische Kosakenheer formiert wurde. 1867 wurde aus den am Semirjetschensk angesiedelten K. das Semirjetschenskische Heer gebildet; aus den zur Sicherung Transbaikaliens an der Grenze angesiedelten K., welchen Tungusen, Burjaten und Bauern zugefügt wurden, entstand 1851 das Transbaikalheer. Nach der Besitzergreifung des Amurlandes und des Ussurigebietes wurde ein Teil des Transbaikalheers 1879 zum Amurheere (s. Amurkosaken) und ein anderer zum Ussuriheere. Aus dem nach dem Kaukasus übergesiedelten Wolgaheere wurden drei selbständige Kosakenregimenter gebildet; 1832 aber daraus sowie aus dem Terek- und Grebenheere das kaukas. Linienheer formiert zur Sicherung gegen die kaukas. Bergvölker. 1860 formierte man aber aus allen kaukasischen K. zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meere (dem Tschernomorschen und Kaukasischen Linienheer) das Kuban- und Terekheer (kaukasische K.). Das Orenburger Kosakenheer wurde 1744 errichtet.

Jetzt bestehen das Don-, Kuban-, Terek-, Orenburg-, Ural-, Astrachan-, Amur-, Transbaikal-, Semirjetschensk-, Ussuri- und Sibirische Heer. Der Großfürst-Thronfolger ist der Ataman sämtlicher Kosakenheere. An der Spitze eines jeden Heers steht ein stellvertretender Ataman. Das Kuban- und Terekheer haben einen gemeinsamen Heeres-Ataman in der Person des Oberbefehlshabers des kaukas. Militärbezirks mit dem Namen eines stellvertretenden Heeres-Ataman der kaukas. Kosakenheere. Außerdem hat jedes der beiden Heere einen stellvertretenden Ataman. Alle Angelegenheiten der militär. und bürgerlichen Organisation der Kosakenheere unterstehen der Hauptverwaltung der Kosakenheere, einer Abteilung des Kriegsministeriums. Die weitern Verwaltungsbehörden sind für die bürgerlichen Angelegenheiten die Gebietsverwaltungen, und unter diesen die Kreis- oder Bezirksverwaltungen, an deren Spitze Kreis- oder Bezirkschefs stehen. Die Militärverwaltung zerfällt in drei Instanzen: die höchste Instanz bilden im Don-, Kuban-, Terek- und Orenburgheere die Heeresstäbe, im Ural-, Transbaikal- und Amurheere die Stäbe der Truppen des Gebietes, im Sibirischen Heer der Stab der Truppen des Militärbezirks, im Astrachanheere die Kanzlei des Atamans, im Semirjetschensk- und Ussuriheere die Heeresverwaltung. Die zweite Instanz bilden die Atamans der Militärabteilungen, die niedrigste die Stanizenverwaltungen.

Jeder Kosak ist wehrpflichtig und von der Entrichtung der Kopfsteuer befreit. Die Dienstzeit beginnt mit dem vollendeten 18. Jahre und dauert 20 Jahre, davon in der Vorbereitungskategorie 3 Jahre behufs vorbereitender militär. Ausbildung in den Ortschaften, in der Frontkategorie 12 Jahre (je 4 Jahre in den drei Aufgeboten), in der Ersatzkategorie 5 Jahre. Bildungs-, Familien-, Berufs- und Erwerbsverhältnisse finden bei der Ableistung der Dienstzeit Berücksichtigung. Die Heereswehr umfaßt alle wehrfähigen nicht zum Dienststande gehörigen K. Das Uralheer allein ergänzt sich durch Einstellung von Freiwilligen, welche von den nicht Dienenden bezahlt werden. – Der Vorbereitungskategorie gehören etwa 67000 K. an, welche in dem ersten Jahre sich die Dienstausrüstung zu beschaffen haben; in den beiden folgenden Jahren werden sie ausgebildet, ohne besondern Truppenteilen anzugehören. Die Frontkategorie umfaßt etwa 185000 K.; die Truppenteile des ersten Aufgebots sind im Dienst, die übrigen beurlaubt. Bei der Artillerie unterscheidet man nur Batterien des ersten Aufgebots und auf Urlaub entlassene Batterien. Die K. des zweiten Aufgebots, bei der Artillerie sämtliche Urlauber, haben Uniform, Bewaffnung, Ausrüstung und Pferd beständig bereit zu halten; diejenigen des dritten Aufgebots das Gleiche mit Ausnahme des Pferdes, das erst auf besondern Befehl zu beschaffen ist. Die Chargen weichen in ihrer Benennung von denen der Armee ab: Wojskowoj Starschiná (Oberstlieutenant), Jessaul (Kapitän), Podjessaul (Stabskapitän), Sotnik (Lieutenant), Chorunshij (Unterlieutenant, Kornett), Urjadnik (Unteroffizier), Podchorunshij (Fähnrich), Prikasnyj (Gefreiter). Die Compagnien und Eskadrons heißen Sotnien. – Die Uniform besteht aus dem Waffenrock von dunkelgrüner oder dunkelblauer (Don-, Ural-, Astrachankosaken) Farbe, mit verschiedenfarbigen Achselklappen, Aufschlägen und Vorstößen am Kragen. Die Hosen haben die Farbe des Rockes und breite verschiedenfarbige Streifen; Feldkopfbedeckung ist die Mütze von gleicher Farbe wie die Röcke. Die Kuban- und Terekkosaken tragen eine schwarzgrüne Tscherleßka mit dem Beschmet (rotes oder blaues Hemd mit Stehkragen). – Die Bewaffnung besteht aus der Schaschka (Säbel) und dem Kosaken-Berdangewehr (nach der Neubewaffnung Kosakengewehr M/91, Kaliber 7,526 mm). Mit Ausnahme der Semirjetschensk-, Kuban- und Terekkosaken führt das erste Glied der Reiterregimenter die Lanze. Kuban- und Terekkosaken haben außerdem noch einen Dolch.

Die sämtlichen Kosakenheere zusammen stellen auf: an Infanterie im Frieden (erstes Aufgebot) 8 Ba- ^[folgende Seite]

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