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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Krete - Krethi und Plethi
Nein und der in der Levante allgemein gesuchte
Sphatiakäse werden exportiert. Der Wert der Aus'
fuhr schwankt zwischen 200000 und 400000 Pfd. St.,
da er hauptsächlich von der jedesmaligen Oliven-
ernte abhängt. Die Einfuhr beträgt etwa zwei
Drittel der Ausfuhr. Getreide und Baumwolle
müssen eingeführt werden.
Das türk. Wilajet Kirid oder Girid nimmt
eine selbständige Stellung ein, zerfällt in die fünf
Sandschaks Kanea, Candia, Retimo, Spbakia und
Lasithi (Laschid) und besitzt eine gewählte National-
versammlung. DieHauptstadt Candia (vondem
arab. ck^näaic, Graben) oder Megalokastron,
an der Stelle des alten Herakleion, der Hafenstadt
des alten Knossos, auf einer Landzunge gelegen,
Sitz des Generalgouverneurs und eines griech.
Erzbischofs, hat 12000 E., massive Befestigungen
aus der venet. Zeit, einen versandeten Hafen,
14 Moscheen, 2 griech. und 1 armenische Kirche, ein
Kapuzinerkloster und viele Seifenfabriken. Daneben
sind wichtig Retimo, das alte Rhytymna mit
9000, Kanea (Canea) oder Chania, auf der
Stelle des antiken Kydonia, Sitz eines Kaimakams,
zahlreicher Konsuln und eines griech. Bischofs mit
12000 E. Der volkreichste Ort an der Südküste ist
Hierapetra oder Kastell (an der Stelle des alten
Hierapytna) mit 2000 E.
Geschichte. Die älteste Bevölkerung der Insel
(später zum Unterschied von den Eingewanderten
Eteokretes, d. h. wirkliche Kreter, genannt) scheint
tarischcn Stammes gewesen zu sein. Im 2. Jahr-
tausend v. Chr. wurden von den Phöniziern auf K.
viele Handelsplätze errichtet; alter Überlieferung zu-
solge soll die Insel unter Minos die Seeherrschaft
im Mittelmcere gehabt haben. Auch griech. Stämme
haben sich frühzeitig auf K. niedergelassen, zuerst
Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. Achäer, später
dor. Scharen, welche die altern Bewohner unter-
warfen und eine eigene Staatsverfassung gründeten,
die mit den dor. Einrichtungen Spartas viele Ähn-
lichkeit hatte. Einen Gesamtstaat hat die Insel seit
ihrer Dorisieruug nicht gebildet, sondern etwa 20 von-
einander unabhängige Staaten, die sich vielfach
untereinander befehdeten. Die bedeutendsten unter
diesen Staaten waren Knossos, Gortyn, Eleutherna,
Lyttos und Hierapytna. Die Beteiligung K.s an
dem Mithridatischen und dem Scerä'ubertriege gab
den Römern Veranlassung, die Insel 68-67 v. Chr.
durch Quiutus Cäcilius Metellus zu erobern. Sie
wurde 27 v. Chr. durch Augustus mit Kyrenaika zu
einer Provinz vereinigt und seit der dioeletianisch-
konstantinischen Neugestaltung des Römischen Reichs
durch einen eigenen Statthalter verwaltet. Bei der
Teilung des Reichs (395) kam K. an Ostrom. Seit
650 hatte die Insel viel von den Raubzügen der
Earaeenen zu leiden, die sie endlich 823 den byzant.
Kaisern gänzlich entrissen, aber 961 wieder verloren.
1204 fiel die Insel, von jetzt an meist Candia
genannt, dem Markgrafen Bonifacius von Mont-
ierrat zu. Dieser vertauschte sie an die Venetianer,
welche sie gegen alle Angriffe der Genuesen und
Türken bis um die Mitte des 17. Jahrh, behaup-
teten. 1645 erst nahmen die Türken Kanea und
Retimo und belagerten Candia lange vergeblich, bis
es endlich der Großwesir Kjöprili 27. Sept. 1669
eroberte. Nach dem Fall der Hauptstadt vertrieben
die Türken bald die Venetianer auch aus den übrigen
festen Plätzen. Die Insel geriet seitdem mehr und
mehr in Verfall. Zwar bewahrten die Sphakioten
Artikel, die man unter K ver
ihre Freiheit in ihren Bergen, aber die immer wie-
der versuchte Vertreibung der Türken gelang nicht.
Selbst die Teilnadme am Anfstande der Griechen
1821 verhalf den Candioten nicht zur Unabhängig-
keit. Mchcmed-Ali, der Vicetonig von Ägypten,
sandte im Juni 1822 5000 Mann albanes. Truppen
nach K., welche binnen zwei Jahren den Aufstand
unterdrückten. Der Sultan überließ die Insel Mehe-
med-Ali, aber 1840 wurde dieser genötigt, sie dem
Sultan zurückzugeben.
Im 1.1858 erhoben sich die mit Steuern überbür-
deten Kretenscr, doch gelang es den Bemühungen des
Großadmirals Ahmed Pascha, durch Versprechung
wesentlicher Reformen, besonders im Steuerwesen,
die Ruhe wiederherzustellen. Nach kurzer Beruhi-
gung begann die Ausregung von neuem, als 1863
die Ionischen Inseln mit Griechenland vereinigt
wurden. Da die versprochenen Reformen nicht aus-
geführt wurden, und alle Beschwerden wirkuugslos
blieben, kam es Aug. 1866 zu neuem Aufstand.
Nachdem der Gouverneur, Ismail Pascha, die Auf-
ständischen auf den Höhen von Apokorona vergebens
angegriffen hatte, stürmte sein Nachfolger Mustafa
Naili bereits 21. Nov. das feste Kloster Arkadion,
das die Griechen im Augenblick der Übergabe in die
Luft sprengten. Doch konnte er den Aufstand in den
Gebirgsgegenden nicht unterdrücken. Anfang 1867
erfochten die Insurgenten sogar mehrere Siege, und
die Nationalversammlung beschloß 13. Febr. die Ein-
setzung einer provisorischen Regierung im Namen
Georgs I. von Griechenland. Obgleich Omer Pascha,
der 6. April den Oberbefehl übernommen hatte,
9. Juni auf dem Plateau von Lasithi einen Vorteil
über die Aufständischen davontrug, dauerte der Auf-
stand in der Sphakia fort, doch würde er bald er-
loschen sein, wenn er nicht von der großgriech. Partei
in Griechenland unterstützt worden wäre. Nach wieder-
holten Beschwerden bei den Sckutzmächten Griechen-
lands richtete die Pforte endlich 10. Dez. 1868 an
Griechenland ein Ultimatum. Da das griech. Kabi-
uett sich zur Annahme nicht entschließen konnte, so
begann der türk. Admiral Hobart Pascha (Jan. 1869)
die Feindseligkeiten. Dieses energische Vorgehen war
von Wirkung; eine Konferenz-der Mächte in Paris
nötigte Griechenland, die verlangten Bürgschaften
zu gewähren, und K. blieb türk. Provinz. Die Lage
der Candioten hat sich nur insofern gebessert, als K.
als Wilajct selbständigere Verwaltungsbesugnisse
erhalten hat. Trotzdem ist die Insel häufig Schau-
platz von Insurrektionen, die, genährt von der groß-
griech. Agitation, zuweilen, wie noch zuletzt 1887
und 1889, einen bedrohlichen Charakter annehmen.
Litteratur: Hock, K., ein Versuch zur Auf-
hellung der Mythologie und Geschichte, der Religion
und Verfassung dieser Insel (3 Bde., Gott. 1823-29);
Spratt, 'ir3.v6l3 anä r6863.rcN68 in 0l6t6 (2 Bde.,
Lond. 1867); Perrot, I/iw äo Ost6. 8ouv6nir8
äs vo) ^6 (Par. 1867); Bursian, Geographie von
Griechenland, Bd. 2 (Lpz. 1868-72); Raulin, ve-
LCliption pk) 81HU6 6t natur6ii6 ä6 1'ii6 äß (>6t6
(3 Bde. mit Atlas, Par. 1870): Elpis Melena, Er-
lebnisse und Beobachtungen auf K. (Hannov. 1892);
Noiret, vocumsut^ iu6äit8 pour 86i-vir u 1'1ii8toir6
äe Ik äomination V6niti6uu6 eu OiötL äo 1380 a.
1485 (Par. 1892).
Krete, soviel wie Crete (s. d.).
Krethi und Plethi, d. h. nach der wahrschein-
lichsten Deutung Kreter und Philister, nach 2 Sam.
i 8, i8 und andern Stellen Name der aus Ausländern
mißt, sind unter C aufzusuchen.