Lama oder Schafkamel, Kamelschaf
(Auchenia), Name einer Säugetiergattung, die in Amerika die Gattung der Kamele vertritt, von welcher sie sich durch den Mangel
eines Rückenhöckers, durch die beiden tiefgetrennten Zehen mit kralligen Hufen und den kurzen, stark behaarten Schwanz unterscheidet. Man kennt vier Arten, alle
weit kleiner als die Kamele und Bewohner der kalten Regionen des westl. Südamerika, und zwar leben sie in Peru und Chile in den höchsten Ketten der Anden, steigen
aber weiter gegen den kältern Süden in die Ebenen herab. Sie scheinen selten Wasser zu bedürfen, trinken auch Salzwasser und sondern viel Speichel ab, den sie,
wenn angegriffen, ausspritzen und den man früher mit Unrecht für ätzend hielt.
Das Guanaco (Auchenia huanaco H. Smith, s. Tafel:
Kamele II, Fig. 4) ist am weitesten verbreitet und von Bolivia bis zur Magalhães-Straße überall heimisch.
Es ist 1,5 bis 1,6 m lang, an den Schultern gegen 1 m hoch, im ganzen braunrot, an Hals und Kopf
heller gefärbt und an der Stirn und im Gesicht schwärzlich. Seine Behaarung ist dicht und doppelter Art. Der Haut zunächst steht eine kürzere, halb filzige, blaß
rostgelbe Wolle, welche am Rücken, an den Seiten, dem Unterhals und dem obern Teil der Glieder durch 10–12 cm langes, schlichtes, dünner stehendes, weiches,
rostbraunes Haar bedeckt wird.
Das vorzugsweise als L. (Auchenia lama Brandt, Fig. 2) bezeichnete Tier galt bisher
für die gezähmte und nur wenig geänderte Form des Guanaco, wird aber von neuern Forschern als eigene Art angesehen. Es war früher in Peru das wichtigste Tier.
Noch jetzt wird es zum Tragen geringerer Lasten in hohen Gebirgsgegenden gebraucht, ist aber in den niedern und mildern Gegenden durch das Maultier verdrängt
worden. Auf den Hochebenen von Bolivia wird die Zucht der L. noch am stärksten getrieben. Das L. wechselt in der Färbung sehr ab; man hat braune mit weißen
Flecken, schwarze, weiße, schwarz und weiß gefleckte u.s.w. Bei manchen ist das Haar feiner, bei andern gröber. Die Lamawolle liefert nur grobe Stoffe. Das
Fleisch gleicht einigermaßen dem Schaffleische.
Das Vicuña (Auchenia vicunna Fischer, Fig. 1) ist
kleiner und feiner gebaut und bewohnt in kleinen Herden die höchsten, der Schneelinie nahe liegenden Regionen der Cordilleren des nördl. Chile und Bolivias. Den
größten Teil des Körpers bedeckt eine feine, seidenartig glänzende, rötlichbraune, an den obern Teilen der Glieder ledergelbe, 3–8 cm lange Wolle, welche in Peru
hochgeschätzt wird.
Das Alpaka oder Pako (Auchenia pacos
Desmarest, Fig. 3) findet sich nur als Haustier; es ist kleiner als das L. und ähnelt in seinem Körperbau am meisten dem
Schafe, hat aber einen längern Hals und einen zierlichern Kopf. Sein Vließ ist sehr ↔ lang und ausnehmend weich und liefert eine geschätzte Wolle
(Alpakawolle, s. d.); an den Seiten des Rumpfes erreicht das Haar eine Länge von über 15 cm. Die Farbe ist ganz weiß oder schwarz, doch giebt
es auch braune und gescheckte. In ihrem Vaterlande (in den Cordilleren in Peru und Chile nicht unterhalb einer Höhe von 2500 m, in Patagonien dagegen auch in der
Ebene) hält man die Pakos in großen Herden, welche das ganze Jahr auf den Hochebenen weiden; nur zur Schur treibt man sie nach den Hütten. In den europäischen
zoolog. Gärten trifft man zumeist das L., das sich leicht hält und regelmäßig fortpflanzt. Die Tragzeit währt 12–13 Monate; das Junge wird nicht trocken geleckt,
eine Besonderheit, die allen Gattungsverwandten und auch den altweltlichen Kamelen eigen ist. Ebenso häufig sieht man auch das Guanaco, das wie das Vicuña seine
Wildheit in der Gefangenschaft nie verleugnet und sich oft durch Beißen und Spucken unangenehm bemerkbar macht. Alpaka und Vicuña sind seltener und am teuersten,
sie kosten 500–650 M., Guanaco und eigentliches L. 3–400 M. das Stück. Als Futter erhalten sie Hafer, Kleie und Heu. Gegen die Witterung sind sie nicht sonderlich
empfindlich; im Winter genügt ihnen ein geschützter Raum, in dem die Temperatur nicht zu stark unter den Gefrierpunkt sinkt.
Lamaísmus, diejenige Form des nördl.Buddhismus, welche, durch die Verquickung mit çivaitischen und schamanistischen
Elementen einerseits und durch die Ausbildung eines eigenartig gegliederten und organisierten hierarchischen Systems andererseits charakterisiert, ihren
Centralsitz in Tibet hat. Die Bezeichnung L. ist von dem tibetischen Worte Lama (s. d.), Priester, abgeleitet und
bezeichnet somit eigentlich Priestertum oder Priesterreligion. Seine heutige Gestalt verdankt der L. dem großen Reformator Tsong-kha-pa. Als Hauptsitze galten das
1409 bei Lhassa gestiftete Kloster Galdan, dann auch die in der nächsten Nachbarschaft gegründeten Klöster Sera und Braipung, wozu noch in weiterer Entfernung
Taschi-lumpo hinzukam. Während nach dem Herkommen des ältern Buddhismus die Besetzung der höhern geistlichen Ämter größtenteils von dem geistlichen Ansehen und
dem Dienstalter der einzelnen Personen abhing, war es seit der mongol. Herrschaft, namentlich nachdem Chubilai sich dem Buddhismus zugeneigt hatte, Sitte geworden,
den Vorstand des Sakjaklosters (in Hintertibet) zum Haupt der Geistlichkeit und zugleich zum tributären Herrscher Tibets zu ernennen, wobei dieses Amt in der
Regel vom Oheim auf den Neffen vererbte. Es behaupteten jedoch die Äbte des Sakjaklosters diese Stellung nur unter der Jüandynastie; unter der Mingdynastie traten
andere Verhältnisse ein, sodaß man 1373 vier, und ein Menschenalter später acht Lama mit der königl. Würde bekleidete.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 905.