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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Lama-miao; La Mancha; La Manche; Lamanskij; Lamantin; La Mara; La Marchesa Colombi; Lamarck

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Lama-miao - Lamarck

Im Gegensatz zu dieser hierarchischen Erbfolge begründeten zwei Schüler Tsong-kha-pas ein neues, ebenfalls nicht dem ursprünglichen Buddhismus eigentümliches System. Nach den Ansichten der ältern Lehre waren es 16 Stellvertreter (Sthavira, tibetisch Naitan), welchen es oblag, nicht aus dem Dasein zu entschwinden, sondern über die Verbreitung und Erhaltung der Lehre in den verschiedenen Gegenden der Welt zu wachen; die Chinesen haben die Zahl dieser Glaubensschätzer, welche sie Lo-han (sanskrit. Arhan) nennen, bis auf 500 erweitert. In der Lehre der Gelbmützen ist dieses Amt hauptsächlich dem Bodhisattva Avalokiteçvara zugewiesen, der nicht früher Buddha werden und ins Nirvâna eingehen darf, als bis er die ganze Menschheit durch die Lehre Buddhas von allen Leiden des Kreislaufs befreit hat. Zu diesem Endzweck wird er immer wieder geboren, und diese Inkarnation des Avalokiteçvara (bei den Mongolen Ariabolo oder Chongschim-Bodhisattva genannt) ist es, welche nun den Namen Dalai-Lama führt. Dalai bedeutet im Mongolischen Meer und ist eine Übersetzung des in den Namen verschiedener tibetischer Geistlichen, namentlich aber der Großlamas von Potala bei Lhassa vorkommenden tibetischen Wortes Dschamtso. Seit dem Besuche Sodnam-Dschamtsos in der Mongolei 1577 ist diese Bezeichnung sowohl bei den Mongolen als auch den Tibetern und Chinesen die allgemein übliche geworden. Nach dem Dahinscheiden des Dalai-Lamas pflegt man das Los entscheiden zu lassen, welcher von den mit den erforderlichen Eigenschaften versehenen neugeborenen Knaben seine Wiedergeburt sei. Es scheint indes auch Rücksicht genommen zu werden auf Verwandtschaft mit angesehenen Familien, ja sogar auf testamentarische Verfügungen des verstorbenen Dalai-Lamas. Auch läßt sich der Einfluß des chines. Statthalters nicht verkennen. Neben dem Dalai-Lama, ihm an Heiligkeit gleich, steht der im Kloster Taschi-lumpo (Bkra-schis Lhun-po) residierende Pan-tschen-rinpo-tsche (bei den Mongolen Bantschen Erdeni), gewöhnlich auch Bogdo-Lama oder Teschu-Lama genannt, der als eine Wiedergeburt des Amitâbha, des Dhjâni-Buddha der jetzigen Weltperiode, angesehen wird. Diesen beiden obersten Kirchenfürsten folgen die sog. Chutuktu im Range, etwa den kath. Bischöfen entsprechend. Die bekanntesten derselben sind der Chutuktu von Urga (in der Mongolei) und der Tschangtscha-Chutuktu von Peking. Der L. ist durch ein sehr verbreitetes Mönchtum und zahllose Klöster in Tibet, der Mongolei und China charakterisiert. Über die lamaistische Litteratur s. Tibetische Sprache und Litteratur und Buddha. – Vgl. Koppen, Die lamaische Hierarchie und Kirche (Berl. 1859); Em. Schlagintweit, Buddhism in Tibet (Lpz. 1863); Posdnejew, Schilderungen aus dem buddhistischen Klosterleben in der Mongolei (Petersb. 1887).

Lama-miao, chines. Stadt, s. Dolon-nor.

La Mancha, Landschaft in Spanien, s. Mancha.

La Manche (spr. mangsch), s. Kanal.

Lamanskij, Wladimir Iwanowitsch, russ. Slawist, geb. 1833 in Petersburg, war 1865‒91 Professor der slaw. Sprachen an der dortigen Universität und ist einer der eifrigsten gelehrten Vertreter der slawophilen Richtung in Rußland. Seine Theorie vom Gegensatz der griech.-slaw. zur roman.-german. Welt hat er dargestellt in «Histor. Erforschung der griech.-slaw. Welt» (Petersb. 1871); dazu «Drei Welten des asiat.-europ. Kontinents» (ebd. 1892). Als scharfer Kritiker erweist er sich in seinen Abhandlungen über «Serbien und die südslaw. Provinzen Österreichs» (1864) und über die altczech. Literaturdenkmäler (1879). Außerdem schrieb er «Über die Slawen in Kleinasien, Afrika und Spanien» (1859), über südruss. Lieder, über bulgar. Sprache und Schrifttum («Eine ungelöste Frage», 1869) u. a., veröffentlichte auf die Griechen, Slawen und Türken im 15. und 16. Jahrh. bezügliche Dokumente aus Archiven zu Venedig u. d. T. «Secrets d'État de Venise» (Petersb. 1884). ^[Spaltenwechsel]

Lamantin oder Manati (Manatus), auch Seekuh genannt, ein Geschlecht wasserbewohnender pflanzenfressender Säugetiere aus der Ordnung der Sirenen (s. d.), dessen Schwanzflosse abgerundet und horizontal gelegen ist; die Tiere verlieren in der Jugend die Schneidezähne und haben im Alter 10‒12 Backzähne jederseits, die aber niemals alle zugleich in Funktion sind, sondern, wie sie sich abnutzen, successive von hinten nach vorn nachgeschoben werden. Von den drei Arten, deren eine eine Länge von über 4 m erreicht, bewohnen zwei die Ostküste Südamerikas (Manatus americanus Desm., s. Tafel: Sirenen, Fig. 2, und Manatus latirostris Harlan) und steigen mit Vorliebe in die großen Ströme weit hinauf; die dritte Art findet sich an der Westküste des tropischen Afrika und in den großen in den Atlantischen Ocean fließenden Strömen bis in die großen Seen im Innern des Landes.

La Mara, Pseudonym von Ida Maria Lipsius (s. d.).

La Marchesa Colombi (spr. marke-), Pseudonym der ital. Schriftstellerin Maria Torriani (s. d.).

Lamarck, Graf von, eigentlich August Maria Raimund von Arenberg (s. d.).

Lamarck, Jean Bapt. Ant. Pierre Monet, Chevalier de, franz. Naturforscher, geb. 1. Aug. 1744 zu Barentin in der Picardie, trat 1760 in Kriegsdienste, die er aber bald mit dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften vertauschte. Nachdem er sich längere Zeit mit Meteorologie (in dieser Hinsicht ist zu nennen sein «Annuaire météorologique», welches er in 11 Bdn., Par. 1800‒10, herausgab) beschäftigt hatte, wendete er sich der Botanik zu und ersann eine neue Methode, Pflanzen zu klassifizieren, die er die analytische nannte, die aber keinen Beifall erhielt, obgleich er sie in seiner «Flore française» (3 Bde., Par. 1778; 2. Aufl. 1793) befolgte, welche nachmals De Candolle (6 Bde., ebd. 1805‒15) ganz umarbeitete. Nachdem er zur botan. Abteilung von Panckouckes «Encyclopédie méthodique» die beiden ersten Bände geliefert hatte, wandte er sich der Zoologie zu, wurde 1792 Professor der Naturgeschichte am Jardin des Plantes und starb 18. Dez. 1829, nachdem er die letzten 17 Jahre seines Lebens infolge einer Pockenkrankheit erblindet zugebracht hatte.

Seine zoolog. Schriften sind als systematische Aufzählung zahlreicher zum Teil wenig bekannter Arten wertvoll; insbesondere ist seine «Histoire naturelle des animaux sans vertèbres» (7 Bde., Par. 1815‒22; 2. Aufl., von Deshayes und Milne-Edwards, 11 Bde., ebd. 1836‒45) wichtig. Weniger Wert legten L.s Zeitgenossen auf den spekulativen Teil dieser Schriften. Indes hat L., der als einer der wichtigsten Vorgänger Darwins zu betrachten ist, in seiner «Philosophie zoologique» (2 Bde., Par. 1809; neue Ausg., von Martius, 1873; deutsch von Lang, Jena 1876) ein vollständiges System der Transmutationstheorie aufgestellt. (S. Darwinis- ^[folgende Seite]