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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Landwehrkreuz; Landwehr-Offizieraspiranten-Schulen; Landwehrordnung; Landwehrvereine; Landwind; Landwirtschaft

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Landwehrkreuz - Landwirtschaft

breit sein und 150-175 t Tragfähigkeit haben. Flöße dürfen 120 m lang, 3 m breit sein. Der L. ist eine der frequentesten Wasserstraßen Deutschlands (s. Tabelle beim Artikel Schiffahrtskanäle) und hat zur Entwicklung Berlins, namentlich von dessen südwestl. Teilen, viel beigetragen.

Landwehrkreuz, ein Abzeichen an der Kopfbedeckung (Helm und Mütze) der deutschen Landwehr, zur Unterscheidung derselben vom stehenden Heer. Bei der Errichtung der preuß. Landwehr 1813 erhielten die Offiziere und Mannschaften eine Schirmmütze als Kopfbedeckung, an der vorn neben oder über der Kokarde ein weißes Kreuz von Blech mit der Inschrift "Mit Gott für König und Vaterland" angebracht war; dieses Kreuz wurde allgemein L. genannt und ging auf die Tschakos über, die später der Landwehr gegeben wurden, und endlich auf die Helme (1881 eingeführt). 1857 wurde bestimmt, daß das L. in den Mützenkokarden der Landwehr und Reserve anzubringen sei, womit gleichzeitig das bis dahin noch von der Landwehr zweiten Aufgebots über der Kokarde getragene Blechkreuz wegfiel. Auf den Helmen ist die Inschrift "Mit Gott für König und Vaterland" oder "Mit Gott für Fürst und Vaterland" oder "Mit Gott fürs Vaterland" (Freie und Hansestädte) nur auf dem L. angebracht. Die Offiziere der Landwehr tragen das L. an Stelle des Namenszuges auf der Brust des Helmadlers, die Offiziere der Reserve etwas tiefer.

Landwehr-Offizieraspiranten-Schulen, Schulen mit der Bestimmung, für die österr. (cisleithanische) Landwehr befähigte junge Männer von genügenden Vorkenntnissen, die die Offiziercharge im nicht aktiven Stande der Landwehr oder des Landsturms anstreben, auszubilden. Die Leitung der Schule hat der Kommandant des betreffenden Landwehrbataillons; das Lehrerpersonal besteht aus drei bis vier einer Kadettenschule entnommenen Offizieren. Der Kursus dauert ein Jahr, nimmt täglich 2-4 Stunden in Anspruch und umfaßt Stilistik, Geländelehre, Geländedarstellung, Pionierdienst, Befestigung, Taktik, Felddienst, Militärverwaltung, Organisation, Exerzierreglement, Dienstreglement; für die berittenen Waffen auch Pferdewesen. In Ungarn besteht an Stelle der L. die Ludovika-Akademie (s. d.) in Budapest.

Landwehrordnung, s. Landwehr.

Landwehrvereine, s. Kriegervereine.

Landwind, s. Land- und Seewinde.

Landwirtschaft, auch Ökonomie, in der weitern Bedeutung das Gewerbe, das durch Anwendung der Naturkräfte die möglichst ergiebige Benutzung des Bodens und die Hervorbringung solcher pflanzlicher oder animalischer Stoffe zum Zweck hat, die als Nahrung oder auf irgend eine andere Weise dem Menschen nutzbar sind. Die L. hat daher zunächst die Hervorbringung der Nutzpflanzen zu erzielen und heißt in diesem engern Sinne Landbau. Der Boden ist das Material, aus dem durch menschliche und tierische Arbeit organische Produkte erzielt werden. Außerdem ist aber noch ein Kapital, das im Verhältnis zur Größe des zu bewirtschaftenden Bodens und zur Art des Betriebes steht, dabei ebenso notwendig wie bei jeder andern gewerblichen Unternehmung. Der Landwirt muß sowohl praktisch-technisch als auch wissenschaftlich durchgebildet sein. Während nach der erstern Richtung eine mehrjährige Thätigkeit in einer oder mehrern Wirtschaften notwendig ist, dienen dem letztern Zwecke die verschiedenen landwirtschaftlichen Unterrichtsanstalten (s. Ackerbauschule, Landwirtschaftsschulen, Landwirtschaftliche Hochschulen). Die Landwirtschaftswissenschaft lehrt und ergründet diejenigen Mittel und Wege, durch die der höchste Reinertrag am vollkommensten und sichersten erreicht wird. Da hierzu sowohl die Kenntnis der Natur- als auch der wirtschaftlichen Gesetze notwendig ist, so stützt sich die Landwirtschaftswissenschaft auf eine Reihe sog. Grundwissenschaften, auf Chemie, Physik, Botanik, Geologie und Zoologie einerseits und auf Nationalökonomie andererseits. Erst von der Zeit an, wo man begann, L. wissenschaftlich zu betreiben (seit Anfang des 19. Jahrh.), und noch mehr, seitdem die Chemie sich so außerordentlich entwickelt hat und durch Liebig die Beziehungen derselben zur L. klargelegt sind, hat auch diese einen ungeahnten Aufschwung genommen, den Weg der Empirie verlassen und arbeitet mit klarer Erkenntnis der Ursachen und Wirkungen in ihrem Betriebe.

Die Landwirtschaftslehre zerfällt in drei Abteilungen: 1) die Pflanzenproduktion (s. Ackerbau); 2) die Tierproduktion (s. Viehzucht); 3) die allgemeine Landwirtschafts- oder Betriebslehre (s. Betriebssystem). Die sog. landwirtschaftlichen Nebengewerbe, Spiritus-, Zucker-, Stärkefabrikation, gehören nicht unmittelbar zum Betriebe der L., sind aber vielfach mit demselben verbunden. Im kleinsten Umfange wird der Bodenanbau zur Spatenkultur oder zum Gartenbau (s. d.) und befaßt sich dann weniger mit der Hervorbringung von Getreide- und Futtergewächsen als von Gemüse-und Gewürzpflanzen, verrichtet auch seine Arbeiten meistens nur durch Menschenhand.

Die specielle Landwirtschaftslehre handelt bei der Pflanzenproduktion von der Beschaffenheit des Bodens, der Ackerbestellung, den Meliorationen, der Düngung, der Aussaat, Pflege und Ernte der Früchte sowie ihrer weitern Behandlung bis zum Verkauf. Die Tierproduktionslehre lehrt die Fütterung und Pflege der verschiedenen Haustiergattungen, die Züchtung derselben für die verschiedenen landwirtschaftlichen Gebrauchszwecke sowie ihre Benutzung. Die Betriebslehre endlich soll das Zusammenwirken von Grund und Boden, Arbeit und Kapital schildern, wie es bei jeder landwirtschaftlichen Unternehmung stattfindet. Diese Wirtschaftslehre des Landbaues teilt man ein in Landwirtschaftspolitik und in die Lehre von der landwirtschaftlichen Unternehmung (Betriebslehre im engern Sinne). Die Landwirtschafts- oder Agrarpolitik (s. Agrargesetzgebung) umfaßt die volkswirtschaftliche Pflege und Förderung der L. durch Gesetze und Einrichtungen, die der Gesamtheit der Landwirte zu gute kommen, die Steuerpolitik, das Domänenwesen u. dgl. Dieselbe wurde schon Anfang des vorigen Jahrhunderts von den sog. Kameralisten (s. unten) gelehrt. Die Betriebslehre soll zuvörderst die Verhältnisse der drei Produktionsmittel klarstellen. Der Boden und die auf ihn einwirkenden und seinen Ertrag beeinflussenden Momente werden manchmal, da sie durch Kapital erworben werden können, nicht besonders, sondern mit letzterm zugleich behandelt, sodaß man zwischen Grund- und Betriebskapital unterscheidet. Das Betriebskapital besteht aus dem Gerätekapital oder toten Inventar sowie aus dem Viehkapital oder lebenden Inventar. Das umlaufende Kapital sind der Vorrat von Zahlungsmitteln, die Naturalvor-^[folgende Seite]