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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Liebigs Backmethode; Liebigs Fleischextrakt; Liebigs Kindersuppe; Liebigstiftung; Liebknecht

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Liebigs Backmethode - Liebknecht

Wöhler in Göttingen und Kopp in Heidelberg herausgab, sind von L.s Schriften hervorzuheben: das 1836 mit Poggendorff begonnene "Handwörterbuch der Chemie" (9 Bde., Braunschw. 1836-84; neue Bearbeitung von Fehling und Hell, ebd. 1871 fg.), die Bearbeitung des chem. Teils von Geigers "Handbuch der Pharmacie" (Heidelb. 1839-42), dessen organisch-chem. Teil als selbständiges "Handbuch der organischen Chemie" (ebd. 1839-43) erschien; ferner "Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie" (Braunschw. 1840; 9. Aufl. 1876), "Die Tierchemie oder organische Chemie in ihrer Anwendung ans Physiologie und Pathologie" (ebd. 1842; 3. Aufl. 1846), "Theorie und Praxis in der Landwirtschaft" (ebd. 1856), "Naturwissenschaftliche Briefe über die moderne Landwirtschaft" (Lpz. 1859). Die zuerst in der Beilage der Augsburger "Allgemeinen Zeitung" veröffentlichten "Chem. Briefe" (6. Aufl., Lpz. 1878) trugen außerordentlich dazu bei, nicht nur das Interesse für die Chemie insbesondere, sondern auch für die übrigen Zweige der Naturwissenschaften in weitern Kreisen zu erwecken. Die letztern Arbeiten sind auch ins Französische, Englische, Italienische, Ungarische und Russische übersetzt worden. In seiner "Suppe für Säuglinge" (3. Aufl., Braunschw. 1877) hat er seine Grundsätze der Ernährung an einem besondern Fall praktisch erläutert. Unter den Reden, die L. als Präsident der Akademie der Wissenschaften gehalten, sind die über "Franz Bacon von Verulam" (Münch. 1863), über "Induktion und Deduktion" (ebd. 1865), über die "Entwicklung der Ideen in der Naturwissenschaft" (ebd. 1866) hervorzuheben. Seine letzte größere Arbeit war "Über Gärung, über Quelle der Muskelkraft und Ernährung" (Lpz. 1870). Sein Sohn, Georg von L., geb. 17. Febr. 1827, Badearzt in Reichenhall und Docent in München, bekannt durch physiol. und balneologische Arbeiten, und sein Schwiegersohn M. Carriere gaben "Reden und Abhandlungen von Justus von L." (Lpz. 1874) heraus. Georg von L. veröffentlichte 1884, in Verbindung mit R. Echtermayer, den Briefwechsel seines Vaters mit Th. Reuning über landwirtschaftliche Fragen (Dresden). - Ein schönes Bild von L.s Wirken entwarf A. W. von Hofmann in seiner Schrift: The lifework of L. in experimental and philosophic chemistry (Lond. 1876), seiner Freundschaft mit Wöhler durch Herausgabe einer Auswahl ans dem Briefwechsel beider (Braunschw. 1888). Vgl. noch Th. Bischoff, Über den Einfluß des Freiherrn Justus von L. auf die Entwicklung der Physiologie (Münch. 1874); Vogel, Justus Freiherr von L. als Begründer der Agrikulturchemie (ebd. 1874); Erlenmeyer, Über den Einfluß des Freiherrn von L. auf die Entwicklung der reinen Chemie (ebd. 1874); Kolbe, L. der Lehrer, Gelehrte und Reformator (in der Zeitschrift "Unsere Zeit", Lpz. 1874).

Liebigs Backmethode, s. Backpulver.

Liebigs Fleischextrakt, s. Fleischextrakt.

Liebigs Kindersuppe, s. Auffütterung.

Liebigstiftung, s. Liebig, Justus, Freiherr von.

Liebknecht, Wilhelm, einer der Führer der socialdemokratischen Partei Deutschlands, geb. 29. März 1826 zu Gießen, studierte in Gießen, Berlin und Marburg Philologie und Philosophie, mußte als Teilnehmer am bad. Aufstande, nachdem er von Sept. 1848 bis Mai 1849 gefangen gesessen hatte, flüchten und lebte erst in der Schweiz, dann in England. Im Herbst 1862 nach Deutschland zurückgekehrt, war er kurze Zeit in der Redaktion der "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" thätig, wandte sich dann der Agitation in der Arbeiterfrage zu und wurde 1865 aus Preußen ausgewiesen. L. ging nach Leipzig und leitete dort die "Mitteldeutsche Volkszeitung", die 1866 von den preuß. Behörden unterdrückt wurde. Nach dem Friedensschluß 1866 wurde er in Berlin wegen Bannbruchs verhaftet und zu dreimonatiger Gefängnisstrafe verurteilt. Nachdem L. 1867 als socialdemokratischer Kandidat vom sächs. Wahlkreis Stollberg in den Norddeutschen Reichstag gewählt worden war, übernahm er 1. Jan. 1868 die Leitung des "Demokratischen Wochenblattes" in Leipzig, das 1869 nach Gründung der Eisenacher Partei in den "Volksstaat" umgewandelt wurde. 1872 wurde L. wegen Hochverrats vom Schwurgericht zu Leipzig zusammen mit seinem Parteigenossen Bebel zu zweijähriger Festungshaft verurteilt, die er auf dem Schlosse Hubertusburg verbüßte. Während seiner Haft wurde er vom Wahlkreis Stollberg im Jan. 1874 auch in den Deutschen Reichstag gewählt. Nach dem Aufgehen des "Volksstaats" in den "Vorwärts", das Centralorgan der vereinigten Eisenacher und Lassalleaner, redigierte L. dann auch diesen bis zu seiner Unterdrückung 1878. Vom Leipziger Landkreis wurde er 1879 in den sächs. Landtag gewählt. 1881 auf Grund des Socialistengesetzes aus Leipzig ausgewiesen, nahm L. seinen Wohnsitz in Borsdorf bei Leipzig, unternahm 1886 eine Reise nach Nordamerika und siedelte 1890 nach Ablauf des Socialistengesetzes nach Berlin über, wo er die Redaktion des offiziellen Organs der socialdemokratischen Partei, des "Vorwärts" (Berliner Volksblatt), übernahm. Infolge dieser Übersiedelung wurde 1892 sein Landtagsmandat in der sächs. Zweiten Kammer für erloschen erklärt. Im Reichstage, dem er mit kurzer Unterbrechung seit 1874 angehört, vertritt er seit 1888 den 6. Berliner Wahlkreis. Im Nov. 1895 wurde er wegen Majestätsbeleidigung zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Obschon als Marxist eigentlich ein Gegner des wissenschaftlichen Lassalleanismus, hat L. doch diesen teilweise als Grundlage des deutschen socialistischen Programms aus Nützlichkeitsgründen stillschweigend bis zum Parteitag in Erfurt 1892 gutgeheißen. Auch sonst erkennt L. trotz seines radikalen theoretischen Standpunkts die Berechtigung, ja Notwendigkeit praktischen Wirkens an; er hält die parlamentarische Thätigkeit im Interesse der Agitation für nötig und tritt deshalb bis zu einem gewissen Grade für eine reformatorische Thätigkeit auf dem Boden der bestehenden Verhältnisse ein. Außer einer Anzahl Broschüren ("Die polit. Stellung der Socialdemokratie", Lpz. 1869; 3. Aufl. 1874, "Zu Trutz und Schutz", ebd. 1871; 6. Aufl., Berl. 1891, "Wissen ist Macht - Macht ist Wissen", Lpz. 1872; neue Aufl., Berl. 1891, "Was die Socialdemokraten sind und was sie wollen", 1877; 2. Aufl., Berl. 1891, "Zur orient. Frage oder soll Europa kosakisch werden?", Lpz. 1878 u. a.) veröffentlichte L. die größern Schriften: "Zur Grund- und Bodenfrage" (Lpz. 1876), "Volks-Fremdwörterbuch" (ebd. 1874; 7. Aufl., Stuttg. 1894), "Robert Blum und seine Zeit" (2. Aufl., Nürnb. 1890), "Ein Blick in die Neue Welt" (Reisebriefe aus Nordamerika, Stuttg. 1887), "Geschichte der Französischen Revolution" (Dresd. 1890 fg.), "Die Emser Depesche" (5. Aufl., Nürnb. 1892), "Robert Owen" (ebd. 1892).