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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lippenbändchen - Lippert

Unter den Krankheiten der L. sind hervorzuheben: die meist angeborene Lippenspalte oder Hasenscharte (s. d.); die Doppellippe, eine chronisch-ödematöse Schwellung der Oberlippe, bei welcher hinter der Oberlippe nach der Mundseite zu ein dicker wurstartiger Wulst gleichsam in Form einer zweiten Lippe erscheint; die Lippenschrunden oder das Aufspringen der L., schmerzhafte Einrisse am Lippensaum, welche zu ihrer Heilung öftere Entfernung der Krusten sowie fleißiges Bestreichen mit Lippenpomade oder Vaseline erfordern; endlich der Lippenkrebs, welcher fast ausschließlich die Unterlippe älterer Männer befällt, zunächst als ein kleines höckeriges Knötchen in der Haut der Lippe erscheint,sich sodann als verjauchende und zerfallende Geschwulst ausbreitet und nur durch eine frühzeitige Operation geheilt werden kann. Häufig sind die L. auch der Sitz syphilitischer Geschwüre. Über das sog. Ausfahren der L. oder den Lippenherpes (Lippenausschlag) s. Herpes.

Lippenbändchen, s. Lippen.

Lippenbär, s. Bär (Raubtier).

Lippenbildung, s. Cheiloplastik.

Lippenblume (Corolla labiata), eine Blüte, in der der Rand der verwachsen-blätterigen Blumenkrone durch zwei tiefer als die andern verlaufende Einschnitte in zwei lippenförmige Zipfel geteilt ist; man unterscheidet dann nach der Stellung eine Ober- und eine Unterlippe, die letztere stellt den vordern, die erstere den hintern Zipfel dar (s. Textfigur 10 zu Artikel Blüte). Die L. kommt in verschiedenen Familien vor, besonders bei den Labiaten und Scrophulariaceen.

Lippenblütler, Pflanzenfamilie, s. Labiaten.

Lippenbrand, s. Mund.

Lippenbremse, s. Bremsen (bei Pferden).

Lippenherpes, s. Herpes.

Lippenkrebs, Krankheit, s. Lippen.

Lippenlaute, s. Laut (Bd. 10, S. 1019 a).

Lippenpfeifen, s. Orgel und Pfeife.

Lippenpflöcke, Scheiben und Klötzchen aus einer leichten Holzart, die von mehrern südamerik. Indianerstämmen, besonders von den Botokuden (s. Tafel: Amerikanische Völkertypen, Fig. 18, Bd. 1, S. 526), Abiponen, Toba, Pavagua, Bororo (Fig. 16), Caraja (Fig. 17) u. a. in der Unterlippe getragen werden; ähnliche Pflöcke sind oft auch im Ohrläppchen als Schmuck befestigt. Die Löcher werden in die Lippen dicht unter dem Lippenrot in früher Jugend gebohrt und durch Einstecken immer größerer Scheiben mehr und mehr erweitert, wodurch die untern Schneidezähne ausfallen und die Sprache beeinflußt wird.

Lippenpomade (Ceratum cetacei rubrum, Ceratum labiale rubrum), Salbe aus 1 Teil Walrat, 6 Teilen weißem Wachs, 9 Teilen Mandelöl, durch Alkannawurzel rot gefärbt und mit etwas Citronen- und Bergamottöl versetzt; dient zum Bestreichen aufgesprungener Lippen.

Lippenschildkröten, s. Flußschildkröten.

Lippenschrunden, s. Lippen.

Lippentaster (Palpi labiales), s. Insekten.

Lipperheide, Franz Jos., Freiherr von, Verlagsbuchhändler, geb. 22. Juli 1838 in Berleburg in Westfalen, errichtete 15. Aug. 1865 in Berlin unter der Firma Franz Lipperheide eine Verlagsbuchhandlung, deren Hauptunternehmen die Zeitschrift «Die Modenwelt» (s. d.) ist. L. selbst gab heraus: «Lieder zu Schutz und Trutz. Gaben deutscher Dichter aus der Zeit des Krieges im J. 1870 und 1871» (die Volksausgabe in 72000 Exemplaren), «Mustersammlung von Holzschnitten aus engl., nord-amerik., franz. und deutschen Blättern» (10 Lfgn., 1885‒86). Auch legte er eine große kostümwissenschaftliche Sammlung (Werke, Handzeichnungen, Bilder) sowie eine Sammlung antiker Bronzen an (beschrieben von F. von Wieser, Innsbr. 1894). L. erhielt 1892 den erblichen königlich preuß. Freiherrntitel. Zur Ausschmückung des Buchhändlerhauses in Leipzig stiftete er zwei (1894 vollendete) Wandgemälde von Professor Woldemar Friedrich. – Seine Gattin, Frieda Freifrau von L., geborene Gestefeld, geb. 25. April 1840 in Lüchow in Hannover, ist Leiterin der «Modenwelt» und verwertete eine in ihrem Besitz befindliche Sammlung von Spitzen, Stickereien u.dgl. zur Reform der weiblichen Handarbeit in: «Musterbücher für weibliche Handarbeit» (6 Sammlungen und Neue Folge, 2 Bde., 1878‒90 u. ö.), «Die dekorative Kunststickerei» (1888 fg.), «Häusliche Kunst» (1894) u. a. – Im Verlag der Firma erschienen ferner noch: «Lehrbücher der Modenwelt» (3 Bde., 1885‒92), «Blätter für Kostümkunde» (hg. von A. von Heyden, 1876 fg.) u. a. Das Geschäft hat eine Filiale in Wien (seit 1881) und eine Pensions-, Witwen- und Waisenkasse, errichtet 1890 mit 200000 M. Grundkapital. – Vgl. Zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen der «Modenwelt», 1865‒90 (Berl. 1890). ^[Spaltenwechsel]

Lippert, Julius, Kulturhistoriker, geb. 12. April 1839 zu Braunau in Böhmen, studierte in Prag, wurde 1864 Professor an der Oberrealschule in Leitmeritz, 1869 Direktor der Volks- und höhern Töchterschule in Budweis, 1872 der Oberrealschule daselbst, 1874 Wanderlehrer und 1875 Generalsekretär der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung in Berlin. Er lebt seit 1885 als Schriftsteller zu Leitmeritz-Kundratitz, wurde 1887 in den österr. Reichsrat und in den böhm. Landtag gewählt und ist seit 1890 Beisitzer des Landesausschusses des Königreichs Böhmen. Er schrieb namentlich: «Der Seelenkult in seinen Beziehungen zur althebr. Religion» (Berl. 1881), «Die Religionen der europ. Kulturvölker, der Litauer, Slawen, Germanen, Griechen und Römer in ihrem geschichtlichen Ursprunge» (ebd. 1881), «Christentum, Volksglaube und Volksbrauch» (ebd. 1882), «Allgemeine Geschichte des Priestertums» (2 Bde., ebd. 1883), «Die Geschichte der Familie» (Stuttg. 1884), «Kulturgeschichte der Menschheit» (2 Bde., ebd. 1886‒87).

Lippert, Phil. Dan., Zeichner, geb. 29. Sept. 1702 zu Meißen, erlernte das Glaserhandwerk und fand dann in der Meißener Porzellanfabrik Arbeit. Er wurde 1738 Zeichner am Hauptzeughause in Dresden und 1739 Zeichenlehrer bei den königl. Pagen, 1765 Aufseher der Antiken bei der Akademie der Künste und starb 28. März 1785 in Dresden. Die Bekanntschaft mit den Mischungen der Meißener Porzellanmasse veranlaßte ihn, sich im Nachahmen alter Pasten (s. d.) zu versuchen. Er erfand eine weiße Masse, der er neben einer fast unzerstörbaren Dauer einen vorzüglichen Glanz zu geben wußte. Die Abdrücke in dieser Masse vereinigte er in seiner «Dactyliotheca», welche 3149 Abdrücke enthält, die in 57 Tabletten und in drei Bände verteilt sind (Bd. 1 u. 2, mit dem lat. Katalog von Christ, Lpz. 1755‒56; Bd. 3, mit Register von Heyne, ebd. 1763, Fol.; deutsch, Bd. 1 u. 2, von Thierbach, 1767, und das Supplement 1776).