Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

379

Lungenabscesse – Lungenentzündung

schiedenen Fabriken in Schlesien und England. Hierauf folgte er einem Ruf als Professor der technischen Chemie an das Polytechnikum in Zürich, wo er noch wirkt. L. ist ein fruchtbarer Schriftsteller vorwiegend aus dem Gebiete der technischen Chemie, die durch ihn mannigfache Förderung erfahren hat. Er veröffentlichte an umfangreichern Werken: «Handbuch der Soda-Industrie und ihrer Nebenzweige» (2 Bde., Braunschw. 1879‒80; 2. Aufl. 1893), «Industrie des Steinkohlenteers und Ammoniaks» (3. Aufl., ebd. 1888) und «Taschenbuch für die Soda-, Pottasche- und Ammoniak-Fabrikation» (Berl. 1883; 2. Aufl. 1892).

Lungenabscesse, kleinere oder größere umschriebene Eiterhöhlen im Lungengewebe, entstehen am häufigsten im Gefolge einer Lungenentzündung, namentlich wenn dieselbe blutarme und geschwächte Individuen befiel, sowie durch Fremdkörper, Speiseteilchen u. dgl., welche durch Verschlucken in die Lunge gelangten. Größere L. können den Tod des Kranken herbeiführen, wogegen kleinere Abscesse unter günstigen Verhältnissen gewöhnlich verheilen, indem sie entweder einschrumpfen und sich unter Verkalkung ihrer Wandung gegen das normale Lungengewebe abkapseln, oder ihren Inhalt nach außen durch die Bronchien entleeren und eine schwielige Narbe zurücklassen.

Eine andere Art der L. sind die sog. metastatischen, welche ein gewöhnlicher Folgezustand der Eitervergiftung des Blutes oder Pyämie sind und am häufigsten im Anschluß an schwere Verletzungen, komplizierte Knochenbrüche, brandige Geschwüre u. dgl. beobachtet werden. Sie entstehen dadurch, daß faulige oder jauchige Partikelchen von einer Wund- oder Geschwürsfläche durch Embolie (s. d.) in den Blutstrom gelangen und schließlich in den feinen Verzweigungen der Lungenarterie stecken bleiben, wo sie infolge ihrer reizenden Beschaffenheit eine heftige eiterige Entzündung mit mehr oder minder ausgedehnten Abscessen erregen. Die Prognose der metastatischen L. ist immer eine bedenkliche. (S. Pyämie.)

Lungenapoplexie, soviel wie Lungenschlagfluß (s. Lungenhyperämie).

Lungenatelektase (grch.), derjenige krankhafte Zustand der Lungen, bei welchem in einem größern oder kleinern Lungenabschnitt die Lungenbläschen zusammengefallen und luftleer sind und daher die Lunge verdichtet ist, kommt entweder angeboren oder erworben vor. Die angeborene L. besteht in einer Fortdauer des Fötalzustandes der Lungen und findet sich bei solchen Neugeborenen, die infolge von schwerer Geburt, Schwäche oder Verstopfung der Luftröhre mit Schleim nur ungenügend atmen; wird das Kind durch Reinigen der Mund- und Nasenhöhle, durch Bespritzen mit kaltem Wasser, durch Schwenken des Körpers oder durch Aussaugen der Schleimmassen vermittelst eines Katheters zum kräftigen Einatmen veranlaßt, so wird gewöhnlich die Atelektase bald beseitigt. Die erworbene L. entsteht am häufigsten durch den Druck von pleuritischen Exsudaten, Geschwülsten der Brusthöhle, der Wirbelsäule u. dgl. auf die Lunge, wodurch die letztere allmählich blutleer, blaßgrau, lederartig zähe und für ihre physiol. Funktionen unfähig wird (sog. Kompressionsatelektase). Die letztere Form der L. ist immer ein bedenklicher Zustand; die Behandlung muß durchaus gegen das Grundleiden gerichtet sein.

Lungenblähung, soviel wie Lungenemphysem, s. Emphysem.

Lungenbläschen, s. Lunge.

Lungenblutung, Lungenblutsturz, s. Bluthusten.

Lungenbrand oder Lungengangrän (Gangraena pulmonum), das brandige Absterben einzelner Lungenpartien, wobei sich das Lungengewebe in einen schwärzlich-grünen, übelriechenden Brandschorf oder in eine mißfarbige, stinkende, breiartige oder jauchige Masse umwandelt, entsteht am häufigsten im Verlaufe der Lungenentzündung, namentlich bei sehr geschwächten und herabgekommenen Personen, bei Greisen, Säufern und Skorbutkranken, sowie durch faulige Fremdkörper, welche durch Verschlucken oder durch Embolie (s. d.) in die Lungen gelangen, und giebt sich durch Fieber, große Hinfälligkeit, verfallenes Aussehen und einen oft unerträglichen aashaften Geruch der ausgeatmeten Luft und des Auswurfs zu erkennen. In dem ausgehusteten Auswurf findet man bei der Betrachtung unter dem Mikroskop Zellenreste, elastische Gewebsfasern, Fäulnisorganismen (Bakterien der verschiedensten Art) und oft eigentümliche lange Fettsäurenadeln (Margarinkrystalle). Wenn der L. einen ganzen Lungenlappen befällt, so erfolgt in der Regel unter typhusähnlichen Symptomen der Tod; nur bei einer geringern Ausdehnung der Gangrän kann Genesung erfolgen, indem der Brandschorf sich allmählich durch Erweichung löst, durch die Bronchien unter Husten nach außen entleert wird und eine schrumpfende narbige Höhle zurückbleibt. Die Behandlung erfordert nahrhafte, kräftige Kost, reine Luft, gesunde Wohnung und häufig wiederholte Einatmungen von zerstäubter Carbolsäurelösung.

Lungenchirurgie, Teil der Chirurgie, der die Behandlung der Lungenverletzungen und die Lungenresektion (s. d.) betrifft.

Lungencirrhose, s. Lungenschrumpfung.

Lungendampf, soviel wie Lungenemphysem, s. Emphysem.

Lungenentzündung (Pneumonia), die Entzündung des Lungengewebes, bei welcher die Lungenbläschen eines kleinern oder größern Lungenabschnitts mit fester, fibrinöser, aus dem Blute stammender Substanz erfüllt und die erkrankten Lungenpartien luftleer, leberartig (hepatisiert) und vollkommen funktionsunfähig werden, ist eine der häufigsten und schwersten akuten Erkrankungen und tritt in zwei wesentlich voneinander verschiedenen Hauptformen auf. Sie befällt den Menschen entweder primär, inmitten der vollsten Gesundheit, als sog. kruppöse, genuine oder primäre L., oder sekundär im Anschluß an vorausgegangene Katarrhe oder im Verlauf anderer Krankheiten (Masern, Scharlach, Typhus u. a.) als sog. katarrhalische oder sekundäre L.; die erstere Form betrifft mit Vorliebe erwachsene und kräftige Personen und ist gewöhnlich über einen oder mehrere ganze Lungenlappen verbreitet (lobäre L.), wogegen die sekundäre L. vorzugsweise bei Kindern, Greisen sowie bei schwächlichen und kachektischen Individuen vorkommt und sich zumeist auf kleinere Lungenabschnitte, auf einzelne Läppchen beschränkt (lobuläre L.). Als weitere Abarten der L. unterscheidet man noch die chronische interstitielle Pneumonie, welche sich mitunter an chronische Luftröhrenkatarrhe, Rippenfellentzündungen, Staubinhalationen und Lungenschwindsucht anschließt und durch Vermehrung des die Lungenläppchen trennenden oder die Bronchien umgebenden Bindegewebes