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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lycin - Lycoperdon

Taurus durchzogen, wurde zuerst von den mit den Pisidern verwandten Milyern und Solymern bewohnt, die aber frühzeitig durch ein wahrscheinlich indogerman. Volk unterworfen wurden, das sich selbst Tremilen nannte, von den Griechen aber (angeblich nach einem von Attika her eingewanderten Lykos [s. d.], thatsächlich wegen ihres Wohnsitzes im äußersten Osten) Lycier, d. i. Lichtleute, Ostleute, genannt wurde. Das Volk hat zäh und eifersüchtig seine nationale Eigenheit behauptet, aber trotz seiner eigentümlichen Sprache (s. Lycische Sprache) vieles von der griech. Kultur aufgenommen, wie besonders die vielen bildlichen und Baudenkmäler beweisen. Diese, fast ohne Ausnahme Grabdenkmäler, meist aus dem natürlichen Felsen herausgearbeitet, zeigen in architektonischer Hinsicht teils die Formen der griech., speciell der ion. Baukunst, teils Nachbildungen eines den Lyciern eigentümlichen Holzbaues; die Skulpturwerke sind durchaus vom Geiste echt griech. Kunst durchdrungen. (S. Giölbaschi.)

In polit. Hinsicht hat L. selten eine bedeutendere Rolle gespielt. Gegen die Lydier behauptete es mit Erfolg seine Freiheit. Nachdem es aber von Harpagus, dem Feldherrn des Cyrus, unterworfen worden war, bildete es eine Provinz des großen Persischen Reichs. Bei dem Verfall des Persischen Reichs im 4. Jahrh. v. Chr. kam L. zeitweise unter die Herrschaft der karischen Dynastien (Mausolus, s. d.), nach Alexanders d. Gr. Tode (322 v. Chr.) zunächst in die Gewalt der Ptolemäer und wurde dann dem Syrischen Reiche einverleibt, bis es die Römer nach Besiegung Antiochus' d. Gr. (190 v. Chr.) den Rhodiern überwiesen. Doch gelang es den Lyciern, dieses verhaßte Joch abzuwerfen und auch von den Römern die Anerkennung ihrer Selbständigkeit zu erlangen. 23 Städte, darunter Xanthos, Tlos, Pinara, Patara, Phellos, Antiphellos, Myra, Limyra und Olympos, traten zu einem Bunde (Koinon) zusammen, an dessen Spitze mehrere Bundesbeamte, darunter einer mit dem Titel Lykiarches, standen. Der Kaiser Claudius entzog dem Lande die Autonomie, Nero gab sie ihm zwar zurück, aber Vespasian nahm sie ihm wieder und vereinte L. mit Pamphylien.

Gegenwärtig ist die schwach bevölkerte und zum Teil verödete Landschaft ein Bestandteil des türk. Reichs (Wilajets Koma und Aïdin); in der Bevölkerung überwiegt im Innern des Landes das türk., an den Küsten das griech. Element.

Vgl. Fellows, A journal written during an excursion in Asia Minor (Lond. 1839) und An account of discoveries in Lycia (ebd. 1841); Spratt und Forbes, Travels in Lycia, Milyas and the Cibyratis (ebd. 1847); Benndorf und Niemann, Reisen in L. und Karien (Wien 1884); Treuber, Geschichte der Lycier (Stuttg. 1887).

Lycin, s. Betaïn.

Lycische Sprache (auch Lykische Sprache). Die Sprache der Lycier ist in zahlreichen Inschriften erhalten, die in einer eigentümlichen, aus den griech. Alphabeten abgeleiteten Schrift geschrieben sind. Daß die L. S. zu den indogerman. Sprachen gehört, ist besonders auf Grund der Zahlwörter und einer Anzahl von Flexionsendungen sicher ermittelt. Aber fraglich bleibt, ob die Sprache einem der bekannten acht Glieder der indogerman. Familie zuzuzählen ist, oder einen besondern, neben diesen stehenden Zweig bildet. - Vgl. M. Schmidt, The Lycian inscriptions after the accurate copies of the late A. Schoenborn (Jena 1868); ders., Neue lykische Studien (ebd. 1869); Savelsberg, Beiträge zur Entzifferung der lykischen Sprachdenkmäler (2 Tle., Bonn 1874 u. 1878); J. P. Six, Monnais lyciennes (in der "Revue numismatique", 1886-87); Deecke, Lycische Studien (in Bezzenbergers "Beiträgen zur Kunde der indogerman. Sprachen", Bd. 12, 13, 14, Gött. 1887 fg.).

Lycium L., Pflanzengattung aus der Familie der Solanaceen (s. d.) mit gegen 50, hauptsächlich in den wärmern Gegenden der gemäßigten Zonen, besonders in Südafrika, vorkommenden Arten. Es sind strauchartige, meist mit Dornen versehene Gewächse, mit ungeteilten Blättern und weißen und roten Blüten, die aus einem glockenförmigen Kelch, einer trichter- oder tellerförmigen Blumenkrone, fünf Staubgefäßen und einem zweifächerigen Fruchtknoten mit fadenförmigem Griffel bestehen. Die Frucht ist eine kugelige oder ovale Beere. Die bekanntesten Arten sind zwei vielfach in Zäunen oder Lauben angepflanzte Ziersträucher: L. europaeum L. und L. barbarum L. Letzterer, der gemeine Bocksdorn oder Teufelszwirn, ist in Südeuropa und Nordafrika einheimisch, in Deutschland häufig verwildert. Ersterer, der dornige Jasmin, kommt auch in Mitteleuropa wild vor. Beide Arten haben lange dünne, meist herabhängende Zweige, die bei L. europaeum mit Dornen besetzt sind. Die Blüten sind violett oder hellrot, die Beeren haben scharlachrote Färbung und sind giftig.

Lyck. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Gumbinnen, hat 1126,66 qkm, 1890: 54 804, 1895: 56 538 (28 100 männl., 28 438 weibl.) E., 1 Stadt, 170 Landgemeinden und 67 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis L., 17 km von der russ. Grenze, am Lycksee und Lyckfluß und an der Linie Königsberg-Prostken der Ostpreuß. Südbahn und den Nebenlinien Allenstein-L. (157,4 km) und Insterburg-L. (118,8 km), der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Königsberg) mit 10 Amtsgerichten (Angerburg, Arys, Bialla, Johannisburg, Lötzen, L., Marggrabowa, Nikolaiken, Rhein, Sensburg), eines Amtsgerichts, Kataster-, Steueramtes und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1895) 11 722 (6616 männl., 5106 weibl.) E. (1890: 9981 E., darunter 361 Katholiken und 224 Israeliten), in Garnison das 2. bis 4. Bataillon des Infanterieregiments Nr. 45 und das Ulanenregiment Graf zu Dobna Nr. 8, Postamt erster Klasse, Telegraph, ein Schloß des Deutschen Ritterordens auf einer Insel im Lycksee, jetzt Gefängnis, Denkmal des Generals von Günther, Kriegerdenkmal, Gymnasium, höhere Mädchenschule, landwirtschaftlichen Konsumverein, Vorschußverein, Kreditgesellschaft, Kanalisation, Schlachthaus; Maschinen- und Mineralwasserfabriken, zwei Gerbereien, Knochenmühle, Molkerei, Dampfmühlen und -Sägewerke, Ziegeleien und Brauereien.

^[Abb.]

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Lycodontidae, Schlangen, s. Fangzähner.

Lycoperdon Tourn., Pilzgattung aus der Familie der Gasteromyceten (s. d.). Die Arten schließen sich ihrer Form nach am meisten der Gattung Bovista (s. Bovist) an. Der Fruchtkörper ist jedoch nicht ganz kugelig, sondern zeigt in seinem