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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Magma – Magnentius

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Magliabecchi'

seltene Werke neu aufgelegt. Von den zahlreichen an ihn geschriebenen Briefen gab Targioni, Konservator der Bibliothek M.s, mehrere Sammlungen (zusammen 5 Bde., Flor. 1745) heraus. M.s Leben beschrieb Salvini.

Magma (grch.), knetbare Masse, Salbe u.s.w.

Magna Charta (lat.; engl. the Great Charter, «der große Freibrief») heißt in England das 1215 dem Könige Johann ohne Land von Adel und Geistlichkeit abgenötigte, für die Begründung und Entwicklung des engl. Staatsrechts wichtigste Landesgrundgesetz. Schon Heinrich I., der 1100 die Thronrechte seines Bruders usurpierte, hatte seine Krone durch die Erteilung einer Charta libertatum zu befestigen gesucht. Diese Urkunde bestätigte die angelsächsischen, angeblich von Eduard dem Bekenner erlassenen Gesetze mit den von Wilhelm dem Eroberer gemachten Veränderungen, versprach die Achtung vor den Freiheiten und Gütern der Kirche, ordnete die Feudalverhältnisse und gewährte der Stadt London einige Privilegien. Auch die Könige Stephan und Heinrich II., deren Thronrecht zweifelhaft war, hatten 1135 und 1154 die Zugeständnisse ihres Vorgängers bestätigt. Dagegen veranlaßte die schmachvolle Regierung Johanns den Adel und die Geistlichkeit, demselben die Bestätigung der Nationalfreiheiten mit gewaffneter Hand abzubringen. Nach dreitägiger Unterhandlung auf der großen Wiese Runymede bei Windsor mußte er 15. Juni 1215 den neuen Freiheitsbrief, die M. C., unterschreiben. Die Urkunde bekräftigte in 60 Artikeln die Gesetze Eduards, die Veränderungen Wilhelms I., die Charta libertatum mit bedeutungsvollen Erweiterungen und Reformen. Die Geistlichkeit erhielt in einer besondern Charte unter anderm gänzliche Befreiung von weltlicher Gerichtsbarkeit. Die Lehnsverhältnisse wurden gemildert. Die Lehnsmannen sollten bei dem Besitzwechsel nur ein mäßiges, festgesetztes Lehnsgeld an den König bezahlen, konnten nun ihre Erbtöchter und überhaupt ihre Kinder ohne Zwang vermählen und hatten der Krone nur in drei bestimmten Fällen sog. Notsteuern zu entrichten. Auch verpflichtete sich der König, die Geldabfindungen für Lehnsdienste (scutagia) und außerordentliche Steuern nur dann zu erheben, wenn ihm dieselben von Adel und Geistlichkeit auf den Reichsversammlungen wären bewilligt worden. (Diese letzte Klausel wurde indessen in den spätern Bestätigungen der M. C. weggelassen, da sie wegen der großen Zahl kleiner Kronvasallen in dieser Weise unausführbar erschien.) Die Städte erhielten unentgeltliche Bestätigung ihrer Privilegien, Befreiung von ungesetzlichen Lasten und Handelsfreiheit.

Außer diesen besondern Freiheiten gewährte die M. C. auch allgemeine Grundrechte. Kein Freier sollte ohne Urteil bestraft und verfolgt werden; auch verzichtete der König auf die Gelder, die seinem obersten Gerichtshofe in der Form von Sporteln für günstige Urteile gezahlt wurden. Die Ausländer erhielten das Recht, freien Handel in England zu treiben. Durch das ganze Land sollte fortan einerlei Maß und Gewicht gelten, sämtliche Zugeständnisse gingen nicht über den Charakter des Feudalstaates hinaus, sie waren nur die genaue Umschreibung der Grenzen, die dem Herrscher auch in der anglo-normann. Lehnsmonarchie gezogen waren; aber es wurde gerade durch die ↔ Verbriefung dieser Rechte der Grundstein zur weitern Verfassungsentwicklung gelegt. König Johann suchte diesen ihm abgenötigten Vertrag sofort wieder zu brechen und starb während des neu entbrannten Kampfes; unter seinem Nachfolger Heinrich III. ist der Freibrief öfter neu bestätigt worden, die von der ursprünglichen Fassung abweichende fünfte Erneuerung vom 11. Febr. 1225, die vor allem jene Geldbewilligungsklausel nicht mehr enthält, ist dann die Grundlage für all die folgenden Neubestätigungen geworden, deren es im ganzen 38 gab. An demselben Tage erteilte Heinrich III. auch einen zweiten Freiheitsbrief, die Charta de foresta, durch welche die königl. Forstrechte beschränkt wurden. Ein neuer Freibrief König Eduards I. von 1297 dehnte die der Magnatenschaft verliehenen Rechte, sie gleichzeitig erweiternd, auf die Vertreter der Grafschaften und Städte aus, die hernach als die «Gemeinen» (s. Commons, House of) in dem besondern «Unterhaus» neben den Lords im «Oberhaus» tagten. Die M. C. ist ursprünglich lateinisch abgefaßt; sie wurde 1507 zum erstenmal und seitdem sehr oft gedruckt. Die Kopien, welche ältere Geschichtswerke mitteilen, sind sehr fehlerhaft und interpoliert. Die beste Ausgabe lieferte Blackstone in «The Great Charter and Charter of the forest» (Oxf. 1753) und Thompson in «An historical essay on the M. C.» (Lond. 1829). – Vgl. Stubbs, The constitutional history of England, Bd. 1 (Oxf. 1874; neue Aufl. 1880).

Magna mater (lat.), s. Kybele.

Magnanerie (frz., spr. mannjan'rih), Seidenbau, Maulbeerbaumpflanzung; Magnanier (spr. mannjanĭeh), Seidenzüchter.

Magnanimität (lat.), Großmut, Hochherzigkeit.

Magnāten (neulat.) heißen in Ungarn die Vertreter der höchsten Adelsgeschlechter, die nach der Verfassung von Geburts wegen an der Vertretung des Landes teilhaben und sich dazu in einer besondern Kammer (Magnatentafel) versammeln. Dazu gehörten bis auf die neueste Zeit die Prinzen sowie die höchsten Reichswürdenträger, als: der Palatin, der Reichs- und Hofrichter (judex curiae), der Ban von Kroatien, Slawonien, Dalmatien, der Schatzmeister (oder Tavernikus), die Kronhüter, die höchsten Hofbeamten und die Obergespane der ungar. Komitate, ferner alle ungar. Fürsten, Grafen und Freiherren. Außer diesen weltlichen M. saßen an der ungar. Magnatentafel als «geistliche» M. die kath. und die griech.-orient. Erzbischöfe und Bischöfe, sowie ein kath. Erzabt und zwei Prioren von Ungarn. Nach der Reform des Oberhauses (1885) besteht dieses aus 210 M., die über 3000 Fl. Grundsteuer zahlen, und 26 Bischöfen; ferner aus 50 Mitgliedern, die vom Oberhause selbst aus der Reihe derjenigen M., die infolge dieses Gesetzes Sitz und Stimme im Oberhause verloren haben, gewählt werden, und aus weitern 50 Mitgliedern, die vom König nach Verdienst und Befähigung ernannt werden. – In Polen hießen M. die geistlichen und weltlichen Senatoren oder Reichsräte und der hohe Adel.

Magnatentafel, s. Magnaten.

Magnavacca (spr. mannjaw-), Hafenort bei Comacchio (s. d.).

Magnentĭus, ein romanisierter Franke, Heerführer im Dienste des Kaisers Constans, trat 350 n.Chr. in Gallien als Usurpator auf, der erste Deutsche auf dem röm. Kaiserthron. Nach Beseitigung des Constans riß er alle Provinzen des Römi-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 469.