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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Marineakademie

namentlich durch Nelson (s. d.) ein. Von 1798 bis 1805 ist Nelsons Geschichte die der englischen M. Nelson war stets der angreifende Teil; außerordentlich zu statten kam ihm die Tüchtigkeit seiner Artillerie, mit der er dem Feinde einen wahren Kugelhagel ins dicke Holz hineinjagte, während die Franzosen nicht nur langsamer und unsicherer schossen, sondern noch dazu vielfach den falschen Grundsatz befolgten, zunächst nach der Takelung zu schießen, um den Gegner manövrierunfähig zumachen. Der letzte Seekampf zwischen Segelschiffen fand in der Bucht von Navarino 20. Okt. 1827 statt zwischen England, Rußland und Frankreich gegen die türk.-ägypt. Flotte unter Ibrahim Pascha.

Nach Erfindung der Schiffsdampfmaschinen wurden zunächst einige Raddampffregatten (für Linienschiffe hätten die Räder zu groß sein müssen), Korvetten und Avisos gebaut, doch hatten die Räder große Nachteile wegen ihrer leichten Verletzbarkeit, und weil sie den besten Raum für Geschützaufstellung in der Breitseite wegnahmen. Die Einführung der Schiffsschraube hob diese Nachteile, gestattete die Maschine selbst unter die Wasserlinie, also geschützt vor feindlichen Geschossen, zu verlegen. Die Takelung wurde, um Kohlen zu sparen, beibehalten. Mit Einführung der Granatkartätschen und der Granaten wurde die Artillerie erst zu einer furchtbaren Waffe der M. Den wirksamsten Schutz gegen die neuen Explosivgeschosse fand man in der Panzerung der Schiffe. Napoleon III. griff diese Idee sofort auf und ließ die ersten fünf schwimmenden Panzerbatterien mit der noch sehr bescheidenen Stärke von 3½ Zoll Eisenplatten bauen, von denen drei im Krimkriege bei der Beschießung von Kinburn, 18. Okt. 1855, Vorzügliches leisteten. Dies war das Signal zu einer völligen Umwälzung in allen M. Während bisher die Schiffe eigentlich nur durch ihre Größe sich unterschieden hatten, mußten sie nunmehr für die Einzelaufgaben der M. auch verschieden nach ihrem Zweck gebaut und bewaffnet werden. Hierbei kamen die allerdings spärlichen Erfahrungen der Seekämpfe des amerik. Bürgerkrieges und des Österreichisch-Italienischen Krieges zur Verwendung. Das Gefecht auf der Reede von Hampton und die Seeschlacht bei Lissa, 20. Juli 1866, wo Konteradmiral Tegetthoff über die Italiener siegte, zeigten, daß die Panzer einen wesentlichen Schutz gegen die damalige Schiffsartillerie boten und brachten eine antike Waffe wieder zur Geltung, den Sporn (s. d.). Hiermit begann der heute noch nicht beendete Wettkampf zwischen Panzer und Geschütz, der auf beiden Seiten zu immer größern Dimensionen führte.

Gegenwärtig wird wohl kaum, wie es noch im 18. Jahrh. der Fall war, die Entscheidung eines europ. Krieges durch den Kampf der M. herbeigeführt werden, vielmehr fällt der M. die Aufgabe zu, die Armee von der Küstenverteidigung zu entlasten und die auswärts befindliche Handelsflotte zu schützen. Dazu soll die M. ihrerseits dem Feind möglichst viel Schaden zufügen durch Vernichtung seiner Seestreitkräfte, Kriegshäfen und Werften, Handelsschiffe und Kolonien. Somit ergiebt sich ein Bedarf an Schlachtschiffen zur Bekämpfung der feindlichen Seestreitkräfte, an Küstenverteidigungsschiffen, und an Kreuzern (s. d.) zum Schutz der Handelsflotte auf allen Meeren. Die Panzerschiffe (s. d.) wurden die eigentlichen Schlachtschiffe; in ihrer Zahl, Geschütz- und Panzerstärke liegt der Schwerpunkt jeder M. Da die Panzerschiffe zum Kundschafter- und Vorpostendienst nicht geeignet sind, so mußten den Schlachtflotten noch schnelle leichte Schiffe, die Avisos (s. d.), beigegeben werden; neuerdings giebt man zum Fernhalten der Torpedoboote auch sog. Torpedobootsjäger (s. d.) mit, zur Küstenverteidigung dienen Panzerfahrzeuge, Kanonenboote (s. d.) und Torpedoboote (s. d.). Die Kreuzer führen den Kreuzerkrieg (s. d.).

Der Bestand der M. der einzelnen Seemächte zu Anfang des J. 1894 ergiebt sich aus der nachstehenden Tabelle:

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Staaten Schlachtschiffe und Panzerkreuzer Küstenverteidigungsschiffe Kreuzer und Avisos Torpedofahrzeuge Torpedoboote

England 71 (7*) 13 215 (14) 4 (20) 158

Frankreich 33 (16) 21 (4) 83 (21) 27 (2) 151 (52)

Rußland 27 (11*) 20 (3) 43 (3) 12 (1) 115 (12)

Italien 15 (5) 20 37 (11) 7 (12) 134

Deutschland 14 (3) 18 31 20? 100?

Vereinigte Staaten von Amerika 11 (3) 14 43 4? ?

Spanien 4 (7) 1 73 8 (3) 15 (24)

Österreich 14 (3) 15 (2) 14 63

Türkei 5 (3) 11 36 (10) 2 (2) 24 (2)

Niederlande 6 (4) 18 43 -- 38

Dänemark 7 6 18 -- 22

Schweden und Norwegen -- 21 33 -- 11 (2)

Brasilien 7 21 6 (1) -- 9

China 4 16 32 23 9

Chile 3 (1) 3 10 10

Griechenland 3 2 16 4 31

Japan 1 2 (1) 22 (5) (1) 24 (2)

Portugal 1 (1) 29 (2) 4 (5)

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*) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten: im Bau und geplant.

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Näheres s. Deutsches, Französisches u. s. w. Heerwesen.

Litteratur. James,The naval history of Great Britain (1822; neue Ausg., 6 Bde., Lond. 1877); Du Sein, Histoire de la marine de tous les peuples (2 Bde., Par. 1863-79); Graser, De veterum re navali (Berl. 1864); Jurien de la Gravière, Guerres maritimes sous la Republique et l'Empire (2 Bde., Par. 1869); ders., Les marines du XVe et du XVIe siècle (2 Bde., ebd. 1878); King, The war ships and navies of the world (Bost. 1880); von Henk, Die Kriegführung zur See in ihren wichtigsten Epochen (Berl. 1881; 2. Aufl. 1884); Porter, The naval history of the civil war (Lond. 1887); Salv. Raineri, Storia della navigazione a vapore (Rom 1888); Chabaud-Arnault, Histoire des flottes militaires (Par. 1889); Randaccio, Storia navale universale antica e moderna (2 Bde., Rom 1891); Mahan, The influence of sea power 1660-1783 (2. Aufl., Bost. 1891; deutsch Berl. 1896); ders., The influence of sea power in the French Revolution and Empire 1793-1812 (2 Bde., Lond. 1892); Batsch, Nautische Rückblicke (Berl. 1892); B. von Werner, Die Kampfmittel zur See (Lpz. 1892); Taschenbuch für die kaiserliche M. (Berl. 1892 fg.); Vecchj, Storia generale della marina militare (2. Aufl., 3 Bde., Livorno 1895).

Marineakademie, eine Hochschule der deutschen Marine, zu der eine Auswahl von etwa acht Seeoffizieren jährlich zu zwei sechsmonatigen Winterkursen kommandiert werden. Lehrgegenstände sind: Seekriegsgeschichte, See- und Landtaktik, Artillerie-, Torpedo- und Minenwesen, Schiffs- und Maschinenbau, höhere Mathematik, Naturlehre, Elektrotechnik