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Marschen - Marseillaise
märsche sind ihrem Zweck nach entweder Friedensmärsche (s. d.) oder Kriegsmärsche (s. d.). Nach der Tageszeit unterscheidet man Tagesmärsche und Nachtmärsche (s. d.); mit Tagemarsch bezeichnet man außerdem auch die im Verlaufe von 24 Stunden zurückgelegte Marschstrecke. Je nach Geschwindigkeit und Dauer unterscheidet man gewöhnliche M., Gewaltmärsche (s. d.), Eilmärsche (s. d.) und künstlich beschleunigte M. mittels Eisenbahnen oder Wagen. Letztere werden zum Transport der Mannschaften selbst (100 Wagen für 1 Bataillon) oder des Gepäcks benutzt (zum Fortschaffen der Tornister 16 Wagen für 1 Bataillon). Die Eisenbahnbeförderung größerer Truppenmassen geht indes nur dann schneller als das Marschieren, wenn es sich um das Zurücklegen mehrerer Tagemärsche handelt. Auf einem Zuge von etwa 100 Achsen können verladen werden 1 Bataillon oder 1½ Eskadrons oder 1 Batterie. Ein mobiles Armeekorps mit sämtlichen Trains- und Munitionskolonnen braucht etwa 100 Züge zu je 100 Achsen. Die Marschfähigkeit, eine Hauptbedingung für die Kriegstüchtigkeit, einer Truppe systematisch anzuerziehen ist der Zweck der Übungsmärsche. Bei der Infanterie sind es die Fußkranken, bei den berittenen Truppen die gedrückten und lahmen Pferde, welche eine Truppe auf längern M. lichten. Über die Ausdehnung marschierender Truppenteile s. Marschtiefe.
Marschen, s. Marschland.
Marschfieber (engl. marsh fever), bösartiges Wechselfieber.
Marschgefecht, soviel wie Begegnungsgefecht (s. d.).
Marschland, niederdeutsch die Marsch (niederländ. maar; engl. marsh; frz. marais), im nordwestl. Deutschland im Gegensatz zur Geest (s. d.) der in Flußthälern und Küstenniederungen aufgeschwemmte, vorherrschend fruchtbare Boden, der meist durch Deiche oder Dämme gegen Überschwemmung geschützt und durch Schleusen (Siele) künstlich entwässert wird. Es giebt Fluß-und Seemarschen. Jene finden sich als Anschwemmungsbildungen auch im Innern des Landes und in allen Erdteilen in Uferstrecken der Unterläufe. Diese, die eigentlichen «Marschen», sind charakteristisch für die Nordseeküste (Holland, Ostfriesland, Oldenburg, Hannover, Schleswig-Holstein) und entstehen, wo die Flut den feinsten Thonschlamm (Schlick), Lehm und Sand, auch Torf und andere Pflanzenteile, sowie Muscheln, Infusorien und tierische Überreste auf den Watten (s. d.) absetzt. Ist das Land soweit erhöht, daß es bei gewöhnlicher Flut über Wasser bleibt, so wird es zum Groden und kann eingedeicht werden. Da der Boden aber zusammentrocknet, manche Teile auch zu früh eingedeicht werden, liegt das M. meist unter gewöhnlicher Fluthöhe. Der Boden liefert nicht nur die reichsten Ernten an Getreide, Ölfrüchten und Küchengewächsen, sondern vor allem auch fettes Gras, das zur Zucht von Milch- und Mastvieh dient. Die zwischen den Armen des Deichsystems liegenden Abteilungen des Marschbodens werden im N. der Elbe Köge (Einzahl Koog), in Ostfriesland und Holland Polder (s. d.) genannt. Alte Ansiedelungen im M., die aus der Zeit vor der Eindeichung stammen, liegen auf ursprünglich höhern oder künstlich erhöhten Stellen (Wurten, Wierthen, Warfen, Werfen oder Warten); neuere sind durch die Deiche vor Überschwemmung geschützt. – Vgl. Kohl, Die Marschen und Inseln der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Lpz. 1840); Allmers, Marschenbuch. Land- und Volksbilder aus den Marschen der Weser und Elbe (3. Aufl., Oldenb. 1891).
Marschner, Heinr., Komponist, geb. 16. Aug. 1795 zu Zittau in Sachsen, bezog 1813 die Universität Leipzig, um die Rechte zu studieren, wählte aber, von Schicht ausgebildet, die Tonkunst als Lebensberuf und veröffentlichte bald verschiedene seiner Arbeiten, Lieder, Klaviersachen u. s. w. In Preßburg, wo M. 1817 Musiklehrer des Grafen Amadée wurde, komponierte er seine ersten Opern, von denen «Heinrich Ⅳ.» 1819 durch C. M. von Webers Vermittelung in Dresden aufgeführt wurde und dem Komponisten 1823 die Musikdirektorstelle an der sächs. Hofoper einbrachte. Hier schloß er 1826 seine zweite Ehe mit Marianne Wohlbrück, der Schwester des Dichters, der in Leipzig, wohin das Ehepaar 1828 übersiedelte, für Marschner die Texte zum «Vampyr» (1828) und zu «Templer und Jüdin» (1829) einrichtete. Diese beiden Werke begründeten den Ruf M.s als Opernkomponisten, und «Hans Heiling» (gedichtet von Eduard Devrient), der 1833 in Hannover, wo M. seit zwei Jahren als Hofkapellmeister wirkte, beendet wurde, steigerte ihn. Die später folgenden Werke: «Der Bäbu» (1837), «Das Schloß am Ätna» (1838), «Adolf von Nassau» (1844), «Austin» (1851) u. a. blieben ohne nachhaltige Wirkung. 1854 schloß M. seine dritte Ehe mit der Sängerin Therese Janda (gest. 2. Okt. 1884 als Gattin des Kapellmeisters Otto Bach in Wien) und wurde 1859 mit dem Titel Generalmusikdirektor pensioniert. Er starb 14. Dez. 1861 in Hannover, wo ihm vor dem Schauspielhaus 1877 ein Bronzestandbild (von Hartzer) errichtet wurde. M. war ein echt volkstümliches und starkes dramat. Talent; in der Oper vertritt er die deutsche Kunst zwischen Weber und Wagner als der bedeutendste Bühnenkomponist. Von seinen andern Kompositionen haben die Männerchöre den größten Wert. Eine Biographie M.s ist aus Phil. Spittas Nachlaß zu erwarten.
Marschregimenter, s. Marschbataillone.
Marschroute, Zwangspaß, s. Paß.
Marschtiefe, die Längenausdehnung der auf einer Straße marschierenden Truppenkörper. Sie hängt von der Stärke der Abteilungen und von der Marschformation ab. Die M. eines in Sektionen marschierenden Bataillons beträgt 400 m, die einer Eskadron zu Dreien 150 m, die einer fahrenden Batterie zu 6 Geschützen zu Einem 380 m einschließlich Wagenstaffeln u. s. w., so daß eine Infanteriedivision mit großer Bagage und Gliederungsabständen etwa 13 km, ein Armeekorps mit allen Trains und Gliederungsabständen etwa 54 km M. hat.
Marsden, engl. Ort, s. Colne.
Marsdenĭa, Pflanzengattung, s. Condurango.
Marsdiep, Meerenge bei Helder (s. d.).
Marsdrehreep, s. Marsstenge.
Marseillaise (spr. -ßäjähs’), der franz. Revolutionsgesang (beginnend «Allons enfants», s. Allons), der von dem Ingenieuroffizier Claude Joseph Rouget (s. d.) de Lisle in der Nacht vom 24. zum 25. April 1792 in Straßburg gedichtet und «Der Schlachtgesang der Rheinarmee» («Le chant de guerre pour l’armée du Rhin») betitelt wurde. Die Marseiller Föderierten, die Barbaroux kommen ließ, sangen die Hymne 30. Juli 1792 bei ihrem Einzug in Paris. Da man ihren wahren Ursprung nicht kannte, so taufte man sie mit dem Namen der «Marseiller Hymne» («Hymne des Marseillais»), und seitdem heißt sie die M. Sie galt zur Zeit des