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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Messegelder; Messe (Handelsmesse); Messen; Messe (seemännisch)

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Messe (Handelsmesse) – Messen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Messe'

Priester mit dem Meßdiener (Ministranten) allein an einem Nebenaltar vollzieht, weshalb Luther sie Winkelmessen nannte; ferner stille M. (missa simplex) ohne Gesang, dabei brauchen Gemeindeglieder nicht anwesend zu sein) und feierliche M. (missa solemnis), wobei einige Teile der Meßgebete vom Priester und dem Chor oder der Gemeinde gesungen werden, oft mit Musikbegleitung (missa cantata). Sie erhält einen höhern Grad von Feierlichkeit, wenn die Verrichtungen der Ministranten dabei von Priestern (Diakonen und Subdiakonen) versehen werden, wenn Incensationen (s. Incensatio) oder gar die Ausstellung des Sakraments (s. d.) hinzutritt (missa solemnissima oder Hochamt). Die feierlichste M. ist die von einem Bischof (Pontifikalmesse) oder vom Papst (Papalmesse) celebrierte. Wesentlich ist bei der M. die Konsekration und die Kommunion von Brot und Wein. Nur uneigentlich nennt man also missa sicca («trockne M.») eine Feierlichkeit, bei der keine Konsekration stattfindet, sondern nur eine in einer frühern M. konsekrierte Hostie kommuniziert wird, wie dies in der röm. kath. Kirche am Karfreitag geschieht, wo der Priester eine am Gründonnerstag konsekrierte Hostie empfängt (missa praesanctificatorum). Ähnliches geschieht in der griech.-kath. Kirche auch an einigen andern Tagen und auf Schiffen, wo, um ein Verschütten des Weins zu vermeiden, keine Konsekration stattfindet, sondern nur die vorher konsekrierte Hostie kommuniziert wird. (S. auch Konventualmesse, Pfarrmesse, Votivmesse.)

Die ganze röm.-kath. Meßfeier zerfällt in zwei Hälften, die der ursprünglichen missa catechumenorum und missa fidelium entsprechen. Die erste Hälfte hat gegenwärtig eine Einleitung: den abwechselnd vom Priester und vom Ministranten gesprochenen Psalm 43 mit dem kleinen Gloria (s. Doxologie), Sündenbekenntnis, Absolution und zwei Teile;

  • 1. Teil: Introitus (s.d), womit bei der musikalischen M. Gesang und Musik beginnt, Kyrie eleison (s.d.), das große Gloria (s. Doxologie), Kollekte (s.d.);
  • 2. Teil: Epistel, Graduale (s.d.), Evangelium (hier folgte in der alten Kirche und jetzt noch in kleinern Kirchen die sonst oft vor oder hinter die M. gestellte Predigt):

die zweite Hälfte, die eigentliche M., hat drei Teile: Opferung, Konsekration und Kommunion. Auf das Evangelium folgt an den meisten Tagen das Nicänische Glaubensbekenntnis, dann folgt das Offertorium (ursprünglich die wirkliche Darbringung von Brot und Wein seitens der Gemeindeglieder zum heiligen Mahle, jetzt die Darbietung des noch nicht konsekrierten Brotes und Weins an Gott), vollzogen in einer Reihe von Weihegebeten; dann folgt die Präfation, das feierliche «Vorwort» zu dem Lobgesange der Engel (Sanctus, s. d.) mit beigefügtem Hosianna s. d.). Dann beginnt der Meßkanon, nämlich mit andern Gebeten die Fürbitte für die bestimmten Personen, für die die M. gehalten wird, die Konsekration von Brot und Wein, deren Elevation und Adoration, abermalige Gebete mit der Fürbitte für die Verstorbenen (commemoratio defunctorum), das Vaterunser, der Friedenskuß (s. d.) und die Kommunion, d.h. der Genuß des konsekrierten Brotes und Weins durch den celebrierenden Priester, der, wenn Gläubige da sind, die das heilige Abendmahl begehren, auch diesen die Hostie darreicht; endlich die Purifikation (s. d.) und die Ablution (s. d.). Nun folgt der Schluß, nämlich die Postkommunion ↔ genannte Oration, mit Kollekte, Segen und Verlesung von Joh. 1,1–14 («Letztes Evangelium»). Mit dem vom Ministranten gesprochenen «Deo gratias» ist die Feier beendet. Die Meßliturgie der griech. Kirche weicht von dieser römisch-katholischen mehrfach ab. Die Reformatoren des 16. Jahrh. haben die Lehre von dem Meßopfer heftig bekämpft. Mit dessen Verwerfung kam in der evang. Kirche auch der zunächst noch für den sonntäglichen Hauptgottesdienst gebräuchliche Name M. frühzeitig ab. Bestandteile der Meßliturgie sind aber in der Liturgie, namentlich der luth. Kirche, mehrfach beibehalten worden. – Vgl. Alt, Der christl. Kultus (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1847–60); Thalhofer, Handbuch der kath. Liturgik (2 Bde., Freib. i.Br. 1883–93).

Die Musik während des Hochamtes in der kath. Kirche, gewöhnlich ebenfalls M. oder Missa benannt, besteht außer dem Introitus (s. d.) nach den Anfangsworten des zu singenden Textes

  • 1) aus dem Kyrie eleison;
  • 2) aus dem Gloria in excelsis Deo (Lobgesang der Engel, Luk. 2, 14, und einigen andern Lobpreisungen); ferner
  • 3) aus dem Credo oder Nicänischen Glaubensbekenntnis;
  • 4) dem Sanctus mit Hosianna und Benedictus und
  • 5) dem Agnus Dei.

Unter den M. aus der Periode der alten Kirchenmusik ragen die von Josquin und Palestrina hervor; unter den Spätern haben J. S. Bach und Beethoven Werke geschaffen, die schon ihres Umfangs wegen für den Gottesdienst ungeeignet sind, als Kunstwerke im Konzertsaal aber allgemeine Anerkennung fanden.

Messe (Handelsmesse), s. Messen.

Messe, seemännischer Ausdruck, s. Mess.

Messegelder, in der deutschen Marine die Vergütung, die zur Bezahlung und Verpflegung der Köche und Kellner sowie zur Bestreitung der Beleuchtungskosten dient. Im Gegensatz zu den Tafelgeldern (s. d.), die für jedes einzelne Meßmitglied gezahlt werden, sind die M. als Pauschalsumme unabhängig von der Zahl der Messemitglieder des Schiffs. Die M. betragen für die Messe des Geschwaderchefs, für die Kommandantenmesse und für die Offiziermesse auf Schiffen ersten bis fünften Ranges: 4,50 M. täglich auf stationären und 8 M. täglich auf seegebenden Schiffen; für Kommandanten- und Offiziermessen auf Schiffen sechsten und siebenten Ranges und auf Torpedobooten 4 M. täglich; für die Kadettenmesse 4 M. und 7 M. täglich; für die Deckoffiziermesse 3,50 M. täglich.

Messen oder Handelsmessen, die längere Zeit andauernden Märkte, die für weite Kreise und vorzugsweise für den Großhandel berechnet sind. Die M. entstanden im Anschluß an Kirchenfeste (daher feria, frz. foire), an denen «Messe» gelesen wurde und welche eine große Menschenmenge herbeizogen, daber eine günstige Gelegenheit zu Geschäften boten. Die Schwierigkeiten des Verkehrs machten eine Konzentrierung der Warenzufuhr auf einige Hauptpunkte und eine periodische Zusammenkunft von Käufern und Verkäufern an denselben sehr wünschenswert. Es wurden auf den M. nicht nur die zugeführten Waren verkauft, sondern auch neue Bestellungen gemacht und häufig auch Kredit von einer Messe zur andern gewährt. Dadurch bildete sich der Wechselverkehr aus, der für manche Messe, besonders die Lyoner, am Ausgange des Mittelalters nicht minder wichtig wurde als der Warenverkehr und namentlich ein dem System des Clearing-House (s. d.) ähnliches Abrechnungsverfahren hervorrief.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 804.