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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Moleküle; Molenaer; Molenbeek-Saint-Jean; Molenfeuer; Molenschwangerschaft; Moleschott

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Moleküle - Moleschott

um ihre Temperatur bei gleichbleibendem Volumen von 0° auf 1° C. zu erhöhen, d. h. das Produkt aus specifischer Wärme und Molekulargewicht.

Moleküle (lat. molecula, Diminutiv von moles, die Masse) nannten die alten Physiker sehr kleine Teilchen der Materie überhaupt. Heute versteht man unter M. die kleinsten Teile, in die ein Körper ohne Störung seiner chemischen Beschaffenheit geteilt werden kann. Die M. denkt man sich bestehend aus Atomen (s. d.), die weder physikalisch noch chemisch teilbar sind. Zwischen den M. wirken die Molekularkräfte (s. d.). Geht man von der Annahme aus, daß die Körper aus räumlich getrennten M. bestehen, so geben die Eigenschaften der Gase die besten Anhaltspunkte, um zu ermitteln, mit welchen quantitativen Eigenschaften man die fingierten M. ausstatten muß, um den Thatsachen gerecht zu werden. Ein Gas, welches ohne Arbeitsleistung in einen leeren Raum überströmt, ändert, wie Gay-Lussac und später Joule durch den Versuch ermittelt haben, seine Temperatur nicht. Nach der mechan. Wärmetheorie behalten also die M. ihre lebendige Kraft, ihre Geschwindigkeit bei. Dies ist nur denkbar, wenn die M. in einem Gase (wegen der geringen Dichte) so weit voneinander entfernt sind, daß sie keine merklichen Molekularkräfte aufeinander ausüben. Der Druck des Gases auf die Gefäßwand muß dann von den zahlreichen Stößen der M. herrühren (s. Kinetische Gastheorie). Da dieser Druck und die Masse des Gases bekannt ist, so folgt z. B. für die Sauerstoffgasmoleküle bei 0° C. eine mittlere Geschwindigkeit von 461 m pro Sekunde (Clausius). Wenn trotz dieser hohen Geschwindigkeit ein Gas in dem andern diffundierend sich nur langsam verbreitet, so folgt, daß die mittlere Weglänge, welche ein Molekül, ohne an ein anderes zu stoßen, in einem Zuge zurücklegt, nur klein ist. Clausius findet für den mittlern wahrscheinlichen Wert der Weglänge ^[img], worin λ die mittlere Entfernung zweier M. und s der Durchmesser der Wirkungssphäre (der merklichen Molekularkraft) ist. Die Reibung der Gase beruht auf der Mischung der M. von Gasschichten verschiedener Geschwindigkeit; dieselbe steigt mit der mittlern Weglänge. Die mittlere Weglänge L der Luftmoleküle bei 0° C. und 760 mm Quecksilberdruck folgt aus der Reibung der Luft L = 0,0000095 cm. Nimmt man mit Loschmidt, Sir William Thomson (Lord Kelvin) und Maxwell in roher Annäherung an, daß bei Verflüssigung eines Gases die M. sich bis zur Berührung ihrer Wirkungssphären genähert haben, so ist hierdurch in dem Gase aus dem bekannten Dichtigkeitsverhältnis zur Flüssigkeit das Verhältnis λ/s gegeben, und da die absolute Größe von L ebenfalls ermittelt werden kann, ist es möglich, auf die Dimensionen der M. zu schließen. So findet O. E. Meyer den Querschnitt eines Luftmoleküls ungefähr gleich dem zwölften Teil eines Quadrate von 1 Milliontelmillimeter Seite, so daß sämtliche M. eines Kubikzentimeters Luft von 0° C. und 760 mm Druck eine Fläche von 1,7 qm bedecken und die Zahl von 21 Trillionen erreichen. Plateau und Quincke haben aus den Kapillarerscheinungen die Größe der Wirkungssphäre abzuleiten gesucht. Quincke überzieht einen festen Körper A von gewissen kapillaren Eigenschaften mit einer Schicht des Körpers B von andern Eigenschaften und vermindert die Dicke der Schichte B so lange, bis die Eigenschaften von A wieder hervortreten. Dann durchdringt die Wirkungssphäre von A die Schichte B. Der Radius der Wirkungssphäre ergab sich auf diese Weise zu 0,00005 mm, erheblich größer, als derselbe aus den Eigenschaften der Gase folgt. - Vgl. O. E. Meyer, Kinetische Theorie der Gase (2. Aufl., 1. Hälfte, Bresl. 1895); Wittwer, Grundzüge der Molekularphysik und der mathem. Chemie (Stuttg. 1885); Jäger, Die Geschwindigkeit der Flüssigkeitsmoleküle (Wien 1890); ders., Eine neue Methode, die Größe der Molekeln zu finden (ebd. 1891); ders., Über die Art der Kräfte, welche Gasmoleküle aufeinander ausüben (ebd. 1892); Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie I (Lpz. 1895).

Molenaer (spr. -nahr), Jan Miensze, holländ. Genremaler, war ein Schüler des Frans Hals und in Haarlem thätig, wo er im Sept. 1668 starb. In seinen frühen Werken licht, farbig und sehr sorgfältig ausführend, dem Dirk Hals nahe verwandt, nimmt er später einen warmen braunen Gesamtton und breite Behandlung in der Art des Ostade an. Wie dieser, aber ohne dessen derben Humor und zu gleich zart poet. Stimmung, aber immer in geistreicher Weise, schildert er besonders das Bauernleben in der Schenke und auf der Straße und darf zu den trefflichsten Malern dieser Gattung gezählt werden.

Nicolas oder Claes M., gleichfalls ein Haarlemer Maler, gest. daselbst 1676, führte Landschaften aus und gehört in die um die Ruisdael sich scharende Gruppe von Künstlern. Seinen von Büschen umgebenen Torfhäusern giebt er einen ähnlichen poet. Zauber wie Adriaen van Ostade. Mit Vorliebe malte er auch Winterlandschaften.

Molenbeek-Saint-Jean (spr. ßäng schang), nordwestl. Vorstadt von Brüssel mit (1890) 48 723 E.

Molenfeuer, s. Leuchtturm.

Molenschwangerschaft, s. Mole (mediz).

Moleschott, Jak., Physiolog, geb. 9. Aug. 1822 zu Herzogenbusch, studierte in Heidelberg Medizin und Naturwissenschaften und ließ sich 1845 zu Utrecht als Arzt nieder. Mit Donders und van Deen gab er die "Holländ. Beiträge zu den anatom. und physiol. Wissenschaften" heraus. Im Frühjahr 1847 wandte sich M. nach Heidelberg, wo er bis 1854 als Privatdocent thätig war, dann aber infolge einer seinen materialistischen Ansichten geltenden Verwarnung von seiten des Ministeriums sich vom Lehramt zurückzog und als Privatmann ein physiol. Laboratorium leitete. M. wurde im Frühjahr 1856 ord. Professor der Physiologie in Zürich, im Herbst 1861 in Turin. 1876 ward er zum Senator des Königreichs Italien erhoben. Seit 1879 war er Professor der Physiologie und viel beschäftigter Arzt in Rom, wo er 20. Mai 1893, starb. Die Ergebnisse seiner Arbeiten und derjenigen seiner zahlreichen Schüler legte er zum großen Teile in der von ihm 1855 begonnenen Zeitschrift "Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Tiere" nieder. Von M.s selbständigen Schriften sind hervorzuheben: "Physiologie der Nahrungsmittel" (Darmst. 1850; 2. Aufl., Gieß. 1859), "Lehre der Nahrungsmittel. Für das Volk" (Erlangen 1850; 3. Aufl. 1858), "Physiologie des Stoffwechsels in Pflanzen und Tieren" (ebd. 1851), "Der Kreislauf des Lebens" (Mainz 1852; 5. Aufl., 2 Bde., Mainz und Gieß. 1875-86), "Georg Forster, der Naturforscher des Volks" (Frankf., 1854; Volksausg., Halle 1874), "Physiol. Skizzenbuch" (Gieß. 1861), "Hermann Hettners Morgenrot",