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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Mordgeschrei; Mordkeller; Mordoré; Mordraupen; Mordschlag; Mordversuch; Mordwa; Mordwespen; Mordwinen; More

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Mordgeschrei - More

Mordgeschrei, s. Gerüst.

Mordkeller, s. Kasematten.

Mordoré (frz.), goldkäferfarbig.

Mordraupen, Raupen, die andere angreifen und verzehren; viele thun dies nur in der Gefangenschaft, manche aber auch in der Freiheit. Besonders sind es die Raupen gewisser Eulenarten (z. B. Orthosia gothica L., trapezina L., u. a.), die in der Regel auch einen auffallend dicken Kopf und starke Freßwerkzeuge aufweisen.

Mordschlag, kleine, in fester Einschließung befindliche Pulverladung, die so angebracht ist, daß sie unversehens zur Explosion gelangt. So brachte man früher kurze, mit mehrern Kugeln und Pulver geladene Flintenläufe oder geladene Hohlgeschosse mit einer Perkussionszündung als M. unmittelbar unter dem Erdboden an, so daß der darauf tretende Gegner die Explosion hervorrufen mußte. Besonders beliebt war die Anbringung von M. in Leuchtkugeln in der Absicht, den Feind vom Verschütten derselben abzuhalten.

Mordversuch, s. Mord.

Mordwa, s. Mordwinen.

Mordwespen, s. Grabwespen.

Mordwinen, Mordwa, zur wolgaischen Gruppe der finn. Völkerfamilie (s. Finnen) gehöriger Volksstamm, hauptsächlich wohnend in den russ. Gouvernements Simbirsk, Pensa, Saratow, Samara, Nishegorod und Tambow, in geringerer Anzahl auch in den Gouvernements Kasan, Orenburg, Ufa und Astrachan. Sie zerfallen in die Stämme Ersa (Hauptort das Dorf Terjuschewo im Gouvernement und Kreis Nishegorod) und Mokscha (Hauptort die Kreisstadt Krasnoslobodsk im Gouvernement Pensa); ein dritter Stamm, die Karatajen, ist bis auf geringe Reste in den Gouvernements Simbirsk und Kasan verschollen. Die Gesamtzahl wird auf rund 800000 Köpfe angegeben. Sie sind sehr rege und arbeitsam und beschäftigen sich besonders mit Ackerbau, Viehzucht, Fischerei und Bienenzucht. Die Sprache der M. wurde zuerst wissenschaftlich bearbeitet von H. C. von der Gabelentz (in der "Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes", 2. Jahrg., Gött. 1839, S. 235-285). Vgl. ferner Ahlquist, Versuch einer mokscha-mordwinischen Grammatik (Petersb. 1801); Wiedemann, Grammatik der ersa-mordwinischen Sprache (ebd. 1865); Budenz, Mokscha- und ersa-mordwinische Grammatik (ungarisch, Budapest 1876); ders., Ersa-mordwinische Fabeln und Lieder (ungarisch, ebd. 1867). In ethnolog. und anthropol. Beziehung: Melnikow in "Ruskij Věstnik" (1867); Majnow, Anthropol. Messungen (russisch, Petersb. 1883); ders., Juridische Gebräuche (russisch, ebd. 1885).

More (spr. mohr), Hannah, engl. Schriftstellerin, geb. 2. Febr. 1745 zu Stapleton bei Bristol. 1763 trat sie als Dichterin auf mit einem Schäferspiel "The search after happiness" (gedruckt 1773), das in kurzer Zeit drei Auflagen erlebte, und dem 1774 das Trauerspiel "The inflexible captive" folgte. Sie ging 1774 nach London, wo sie in Garrick einen treuen Freund fand, und wo ihr Trauerspiel "Percy" 1777 in Drury-Lane mit großem Beifall aufgeführt wurde; 1779 schrieb sie ihr drittes Trauerspiel "The fatal falsehood", das wenig Anklang fand. Nachdem sie noch mehrere dichterische Werke herausgegeben, entwickelte sie große Fruchtbarkeit in Schriften über Religion, Sittlichkeit und Erziehung, die sie zum Teil in das Gewand des Romans kleidete. Hervorzuheben sind: "Thoughts on the importance of the manners of the Great to general society" (1788), "Coelebs in search of a wife" (1809) und "Hints towards forming the character of a young princess" (1805), geschrieben mit Bezug aus die Prinzessin Charlotte. Eine Sammlung ihrer Werke erschien in 11 Bänden (Lond. 1853). Sie starb 7. Sept. 1833 in Clifton. - Vgl. Roberts, Life and correspondence of Mrs. Hannah M. (4 Bde., Lond. 1834) und Letters of Hannah M. to Zachary Macaulay (ebd. 1860).

More (spr. mohr; latinisiert Morus), Sir Thomas, engl. Staatsmann und Humanist, Kanzler Heinrichs VIII. von England, war der Sohn eines Richters der King's Bench und wurde 7. Febr. 1478 zu London geboren. Er lebte einige Zeit als Page im Hause des Kardinals Morton und studierte in Oxford humanistische Wissenschaften und Rechtskunde. Als Sachwalter und Untersheriff von London trat er im Parlament 1503 gegen die Auflagen Heinrichs VII. auf, mußte deshalb nach Frankreich entweichen und kehrte erst nach dem Tode des Königs zurück. Unter Heinrich VIII. ward er Mitglied des Geheimen Rats, Schatzmeister der Krone, Kanzler von Lancaster und 1523 Sprecher des Parlaments. In diesen Würden bewährte er sich als Hauptstütze des Kardinals Wolsey, während seine gewandte Feder die kath. Politik Heinrichs gegen die Angriffe der reformatorischen Geister, so auch gegen Luther verteidigte. Nach den Friedensverhandlungen zu Cambrai (s. d.) 1529 erhob ihn der König an Wolseys Stelle zum Lordkanzler und übergab ihm die Staatssiegel. M. verwaltete sein hohes Amt mit großer Uneigennützigkeit, bewies aber gegen die Anhänger der Reformation als eifriger Katholik unerbittliche Strenge. Als Heinrich VIII., um seine Ehescheidung durchzusetzen, 1532 mit dem röm. Stuhle völlig brach, legte M. seine Ämter nieder und zog sich nach Chelsea zurück. Als er 1534 das neue Successionsstatut, das zugleich die erste Ehe des Königs für nichtig erklärte, beschwören sollte, war er bereit, die Erbfolge zu beschwören, wies aber die übrigen Punkte zurück. Der König ließ ihn deshalb mit dem Bischof Fisher verhaften und in einem richterlichen Scheinverfahren verurteilen. M. endete 6. Juli 1535 auf dem Schafott. 1886 wurde er von Papst Leo XIII. selig gesprochen. Seine sämtlichen Werke wurden zuerst in zwei Bänden herausgegeben, von denen der erste (Lond. 1559) die englisch abgefaßten Schriften, der andere (Bas. 1563) die lat. Werke enthält. Am bekanntesten ist seine fast in alle Sprachen übersetzte Schrift "De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia" (Löwen 1516 u. ö.). Sein Bildnis hat Hans Holbein der Jüngere mehrmals gemalt. - Vgl. Rudhart, Thomas Morus (Nürnb. 1829; 2. Aufl., Augsb. 1852); Mackintosh, Life of Th. M. (2. Aufl., Lond. 1844); Baumstark, Thomas Morus (Freib. i. Br. 1879); Seebohm, The Oxford Reformers (3. Aufl., Lond. 1887); Bridgett, Life and writings of Sir Thomas M. (ebd. 1891).