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Mundium – Mundt
gemeint ist; vgl. Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 148, 151, 246. Ehemündigkeit bezeichnet das Alter, in welchem eine Ehe geschlossen werden kann (s. Ehe); Testamentsmündigkeit, das Alter, in welchem ein Testament errichtet werden kann (s. Letztwillige Verfügung); Eidesmündigkeit, das Alter, in welchem eine Person als Zeuge vereidigt werden oder einen Parteieid leisten kann (s. Eid). Im Lehnsrechte spricht man von einer Lehnsmündigkeit, die z. B. nach Sächs. Lehnrechte mit 13 Jahren 6 Wochen 3 Tagen eintritt.
Mundĭum (vom altdeutschen munt, Hand, Gewalt, Schutz), Mundschaft, Vogtschaft, die alte Bezeichnung für ein Schutzverhältnis, wie es gegenwärtig noch bei der Vormundschaft besteht. Darunter wurde verstanden das Recht und die Pflicht des Schutzes, welchen der Vater über seine Kinder, der Ehemann über die Ehefrau, der nächste Verwandte über vaterlose Waisen, ein besonders bestellter Vormund über die unverheiratete Frau oder über die Witwe ausübte. Der Begriff des M. beschränkte sich nicht auf das Familienrecht, sondern umfaßte auch andere Schutz- und Abhängigkeitsverhältnisse. Im M. des Königs standen auch Vasallen, Freigelassene, Geistliche u. s. w. Das Bedürfnis nach Schutz und Vertretung konnte ferner im Stande (Hörigkeit), in der Beschaffenheit des Körpers oder des Geistes oder in andern Zuständen begründet sein.
Mundkatarrh, s. Mund.
Mundklemme, s. Starrkrampf.
Mundkrampf, krampfhafte Verzerrung der Gesichtsmuskeln, tritt beim Gesichtsschmerz und bei der Eklampsie auf; auch soviel wie Lachkrampf (s. d.).
Mundlaute, s. Laut.
Mündlichkeit, im Civil- und Strafprozeß, s. Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege.
Mundloch, die Öffnung eines bergmännischen Stollens am Tage. M. heißt auch die an der Spitze der Langgeschosse befindliche Öffnung. Sie dient dazu, die Durchgangsöffnung für das Füllen des Geschosses mit Sprengladung oder Kugelfüllung zu bilden und den Zünder aufzunehmen. Die Mundlochbuchse und das Mundlochfutter nehmen Zünderteile auf und werden mit diesen in das M. eingeschraubt. Mundlochschraube heißt die während der Aufbewahrung der Geschosse an Stelle der Zünder in das M. geschraubte Schraube.
Mundmehl, s. Mehlfabrikation.
Mundraub, die Entwendung von Nahrungs- und Genußmitteln, z. B. Cigarren, in geringer Menge oder von unbedeutendem Werte zum alsbaldigen (nicht sofortigen) Verbrauche. M. wird nach §. 370,5 des Reichsstrafgesetzbuches auf (rücknehmbaren) Antrag mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft bestraft. Ähnlich wie das deutsche Recht ist der Österr. Entwurf zum Strafgesetz von 1889. Übrigens kommt es, wenn die Voraussetzungen des M. vorliegen, nicht darauf an, ob etwa mittels Einbruch oder Einsteigens gestohlen ist oder sonst ein Erschwerungsgrund vorliegt. Auch in solchen Fällen greift die mildere Strafe des M. Platz. – Vgl. Berger, Der M. nach Entstehung, Geschichte, Wissenschaft und Rechtsprechung (Hannov. 1895).
Mundschaft, s. Mundium.
Mundschenk oder kurz Schenk, der bei fürstl. Tafeln dem Getränk vorgesetzte Hofbediente.
Mundschließen und -Öffnen, Ceremonie während des ersten geheimen Konsistoriums, dem neu ernannte Kardinäle beiwohnen. Der Papst schließt ihnen den Mund, wodurch angedeutet wird, daß sie zunächst im Konsistorium nicht mitstimmen dürfen, während ihnen durch das Mundöffnen das Recht hierzu erteilt wird. Darauf erfolgt die Übergabe des Kardinalrings.
Mundseuche, akute Infektionskrankheit des Menschen, die mit der Maul- und Klauenseuche (s. d.) des Rindes, der Schafe und Schweine identisch ist und durch Ansteckung von diesen auf den Menschen übertragen wird. Als Vorboten der Krankheit stellen sich 8‒10 Tage nach erfolgter Ansteckung Kreuzschmerzen, allgemeines Unbehagen, Schwindel und Verdauungsstörungen ein, worauf nach weitern 3‒8 Tagen eine charakteristische Entzündung der Mundschleimhaut zum Ausbruch kommt. Zunge und Zahnfleisch schwellen an, so daß sich die Zähne lockern, und auf der ganzen Mundschleimhaut entstehen Bläschen von verschiedener Größe, die platzen und flache Geschwüre zurücklassen. Gleichzeitig verbreitet sich über den Körper oder einzelne Teile desselben ein bald bläschenförmiger, bald fleckiger Hautausschlag. Die M. verläuft mit meist leichtem Fieber und geht nach etwa zwei Wochen in Heilung über. Die Behandlung erfordert fleißige Ausspülung des Mundes mit desinfizierenden und adstringierenden Mundwässern.
Mundsir, ein Chalif aus der Dynastie der Omajjaden (s. d.).
Mundsperre, s. Starrkrampf.
Mundsperrer, s. Mundspiegel.
Mundspiegel, Mundsperrer, chirurg. Instrument, das dazu dient, bei Operationen in der Mund- und Rachenhöhle den Mund weit offen zu erhalten; der beste ist der von Whitehead angegebene.
Mundt, Klara, bekannt als Romanschriftstellerin unter dem Namen Luise Mühlbach, Gattin des folgenden, geb. 2. Jan. 1814 zu Neubrandenburg als Tochter des Oberbürgermeisters Müller, wandte sich nach ihrer Verheiratung (1839) der Romanschriftstellerei zu. Sie starb 26. Sept. 1873 in Berlin. Klara M., vielleicht die schreibseligste Romanschriftstellerin Deutschlands, begann mit tendenziösen Gesellschafts- und Sensationsromanen; der beste Roman dieser Epoche war «Aphra Behn» (3 Bde., Berl. 1849). Später pflegte sie ausschließlich und unermüdlich den histor. Roman und gewann mit ihren flachen, langwierigen Erzeugnissen einen großen Leserkreis. Den Anfang machte ein Cyklus von Romanen aus der Zeit Friedrichs d. Gr.: «Friedrich d. Gr. und sein Hof» (3 Bde., Berl. 1853 u. ö.), «Berlin und Sanssouci oder Friedrich d. Gr. und seine Freunde» (4 Bde., ebd. 1854 u. ö.), «Friedrich d. Gr. und seine Geschwister» (2 Abteil, zu je 3 Bdn., ebd. 1855 u. ö.), «Johann Gotzkowsky» (3 Bde., ebd. 1850; 2. Aufl. u. d. T. «Friedrich d. Gr. und sein Kaufmann», 1858). In ähnlicher Weise behandelte sie sodann die Geschichte Napoleons Ⅰ. und seiner Familie (Berl. 1858‒61, zusammen 21 Bde.) sowie Partien der österr. Geschichte: «Kaiser Joseph Ⅱ. und sein Hof» (12 Bde., ebd. 1856), «Prinz Eugen und seine Zeit» (8 Bde., ebd. 1863), «Kaiser Leopold Ⅱ. und seine Zeit» (3 Bde., Lpz. 1865), «Erzherzog Johann und seine Zeit» (12 Bde., Berl. 1859‒62) u. s. w. Später folgten noch «Der Große Kurfürst und seine Zeit» (3 Abteil, zu je 4 Bdn., Jena 1864‒66), «Graf von Benjowsky» (4 Bde., ebd. 1865), «Kaiser Alexander und sein Hof» 14 Bde., Berl. 1868), «Mohammed-Ali und sein Haus» (4 Bde., Jena 1871) u. s. w.
Mundt, Theod., Schriftsteller, geb. 19. Sept. 1808 zu Potsdam, studierte in Berlin Philologie