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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nahrungsmittelgesetz - Nahrungspflanzen

dern zur Erzielung einer bestimmten angenehmen Wirkung auf das Gefäß- und Nervensystem dienen. Man nennt solche Substanzen Genußmittel. Zu ihnen gehören die Gewürze, die geistigen Getränke, Kaffee, Thee, Schokolade, endlich der Tabak und andere Narkotika (Opium, Haschisch u. a.).

Über die vielfach betriebene Verfälschung der N. s. Verfälschungen.

Seit 22. Febr. 1894 ist im Deutschen Reiche an den Universitäten und technischen Hochschulen eine Prüfung eingeführt, durch deren Bestehen Chemiker das Recht erlangen, Untersuchungen von Nahrungs-, Genuß- und Gebrauchsartikeln mit öffentlicher, namentlich auch gerichtlicher Glaubwürdigkeit auszuführen und Gutachten abzugeben (Nahrungsmittelchemiker).

Litteratur. Moleschott, Physiologie der N. (2. Aufl., Gieß. 1859); Reich, Die Nahrungs- und Genußmittelkunde (2 Bde., Gött. 1860-61); Virchow, Über Nahrungs- und Genußmittel (Berl. 1868); Walchner, Die N. des Menschen (ebd. 1875); Smith, Die N. (Bd. 6 u. 7 der "Internationalen wissenschaftlichen Bibliothek", Lpz. 1874); König, Chemie der menschlichen Nahrungs- und Genußmittel (2 Bde., 3. Aufl. Berl. 1889-93); ders., Prozentische Zusammensetzung und Nährgeldwert der menschlichen Nahrungsmittel (6. Aufl., ebd. 1893); Peterson, Unsere N. in ihrer volkswirtschaftlichen und gesundheitlichen Bedeutung (Stuttg. 1894); Röttger, Kurzes Lehrbuch der Nahrungsmittelchemie (Lpz. 1894); Lohmann, Lebensmittelpolizei (ebd. 1894); Mayrhofer, Instrumente und Apparate zur Nahrungsmitteluntersuchung (ebd. 1894); Bujard und Baier, Hilfsbuch für Nahrungsmittelchemiker (Berl. 1894); Elsner, Die Praxis des Chemikers bei der Untersuchung von Nahrungs- und Genußmitteln (6. Aufl., Hamb. 1895).

Nahrungsmittelchemiker, s. Nahrungsmittel.

Nahrungsmittelgesetz, das unter Benutzung der Bestimmung des engl. Gesetzes vom 11. Aug. 1875 (38 et 39 Vict. c. 63) zur Kontrolle der Nahrungsmittel auf Unverfälschtheit und Gesundheitsgefährlichkeit und über Bestrafung der gefährdenden Handlungen erlassene deutsche Reichsgesetz vom 14. Mai 1879, welches zuerst für Deutschland umfassendere Bestimmungen getroffen hat, nachdem sich die Landesgesetze in dieser Beziehung als unzureichend erwiesen hatten. Dasselbe bestimmt im wesentlichen: 1) Der Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, zu denen auch Spielwaren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink- und Kochgeschirre sowie Petroleum gehören, unterliegt der polizeilichen Beaufsichtigung. Die Polizeibeamten sind befugt, in die Räumlichkeiten, in welchen solche Gegenstände feilgehalten werden, während der Geschäftsstunden oder solange sie dem Verkehr geöffnet sind, einzutreten und Proben derselben zum Zweck der Untersuchung gegen eine Entschädigung mitzunehmen; sie können in den Räumlichkeiten, welche zum Feilbieten oder zum Aufbewahren solcher für den Verkauf bestimmter Gegenstände dienen, in der angegebenen Zeit sogar Revisionen vornehmen, wenn die Inhaber derselben schon früher wegen Zuwiderhandlungen gegen die §§. 10, 12, 13 des Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt waren und drei Jahre seit Verbüßung derselben noch nicht verflossen sind. 2) Der Kaiser hat die Befugnis, mit Zustimmung des Bundesrats Verordnungen zu erlassen, welche verbieten: a. bestimmte Arten der Herstellung, Aufbewahrung und Verpackung von Nahrungs- und Genußmitteln; b. das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Nahrungs- und Genußmitteln einer bestimmten Beschaffenheit oder unter täuschender Bezeichnung; c. das Verkaufen und Feilhalten von Tieren, welche an bestimmten Krankheiten leiden, zum Zweck des Schlachtens, sowie das Verkaufen des Fleisches solcher Tiere; d. die Verwendung bestimmter Stoffe und Farben zur Herstellung von Bekleidungsgegenständen, Spielwaren, Tapeten, Eß-, Trink- und Kochgeschirr, sowie das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von solchen verbotswidrig hergestellten Gegenständen; e. das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum von einer bestimmten Beschaffenheit; f. verbieten oder beschränken das gewerbsmäßige Herstellen, Verkaufen oder Feilhalten von Gegenständen, die zur Fälschung von Nahrungs- oder Genußmitteln bestimmt sind. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften sind mit Geldstrafe bis 150 M. oder mit Haft bedroht. 3) Trifft das Gesetz Bestimmungen über Verfälschungen (s. d.) der Nahrungsmittel. Ein Specialgesetz regelt ferner den Verkehr mit Kunstbutter (s. d.). Neben diesen reichsgesetzlichen bestehen noch zahlreiche landesgesetzliche und lokale Vorschriften. Besonders haben fast alle größern Gemeinden durch Errichtung öffentlicher Schlachthäuser mit Schlachthauszwang und Anstellung von Tierärzten als Fleischbeschauer dafür gesorgt, daß das Fleisch von solchen Tieren nicht auf den Markt kommt, welche an einer für die Konsumenten schädlichen Krankheit gelitten haben, und ebenso bestehen vielfach, namentlich im Interesse der Kinderwelt, Vorschriften über Milchkontrolle. In Österreich harrt (1896) ein neues N. der Erledigung.

Litteratur. Kommentare zu dem N. von F. Meyer und Finkelnburg (2. Aufl., Berl. 1885), J.^[oder: I. - nicht eruierbar] Bauer (Lpz. 1890), Menzen (2. Aufl., Paderb. 1892); Finkelnburg, Artikel "Lebensmittelkontrolle" und "Nahrungs- und Genußmittel" in "Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts", II (Freib. i. Br. 1890); Uffelmann, Artikel Nahrungspolizei im "Handwörterbuch der Staatswissenschaften", Bd. 5 (Jena 1893); Würzburg, Die Nahrungsmittelgesetzgebung im Deutschen Reiche (Lpz. 1894).

Nahrungsmittelindustrie-Berufsgenossenschaft für das Gebiet des Deutschen Reichs, ohne Sektionsbildung. Die N. hat ihren Sitz in Mannheim. Ende 1893 bestanden 13964 Betriebe mit 63681 versicherten Personen, deren anrechnungsfähige Jahreslöhne 47107185 M. (739,74 M. auf den Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 413387 M., die Ausgaben auf 407267 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 618435 M. Entschädigt wurden (1893) 366 Unfälle (5,75 auf 1000 versicherte Personen), darunter 12 Unfälle mit tödlichem Ausgang, 4 mit völliger Erwerbsunfähigkeit. Die Gesamtsumme der im J. 1893 für Unfälle aus den J. 1885 bis einschließlich 1893 bezahlten Entschädigungen betrug 213604,15 M. (S. Berufsgenossenschaft.)

Nahrungspflanzen, Pflanzen, die in irgend welcher Weise Nahrungsmittel für den Menschen liefern. Die verschiedenen Getreide-, Gemüse-, Obstsorten, Öle und Fette liefernden Pflanzen, die eßbaren Pilze sind dabei in erster Linie zu nennen. Außer diesen sind noch eine ganze Reihe anderer N. zu erwähnen, die teils Stärkemehl, teils andere