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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nürnberg

des Burgberges, mit 89 in langer Front, wurde im ital. Stil 1616-22 von dem Architekten Jakob Wolff neu erbaut, der nordöstl. Teil 1884-89 unter Leitung von Essenwein und unter Beihilfe von Heinrich Wallraff errichtet. Den großen Saal schmücken große Wandgemälde nach Dürers Entwürfen: Das ungerechte Gericht, Der Pfeiferstuhl, Triumphzug Kaiser Maximilians, und mehrere kleine von Gabriel Weyer, Paul Juvenell, Jobst Harrich und Jörg Gärtner, die Decke des Korridors ein Gesellenstechen (Turnier) von Hans und Heinrich Kühn, den Hof ein zierlicher Brunnen (1557) von Labenwolf und got. Balustraden aus dem Beginn des 16. Jahrh. von Hans Beham. Sonst sind erwähnenswert die sog. Baumeisterwohnung im Peunthof (1615), das Zeughaus (1688), die Maut, ursprünglich ein Kornhaus (1499) u. a., ferner der Justizpalast (1877) von Solger, das 1893-95 im Garten des ehemaligen Katharinenklosters errichtete stattliche Bayrische Gewerbemuseum und zahlreiche Privatgebäude, wie das Albrecht-Dürer-Haus, renoviert von der Dürer-Hausstiftung, das Schlüsselfeldersche, auch Nassauer Haus genannt (1390), das Tuchersche und das Rupprechtsche, das Pellersche (jetzt Eyßersche), das Topplersche (später Sandrartsche) und eine Reihe neuerer Privathäuser, die den Altnürnberger Bauten auf das glücklichste nachgebildet sind.

Verwaltung, Finanzen. Die Stadt wird verwaltet von einem Ersten Bürgermeister (Dr. von Schuh, 15000), Zweiten Bürgermeister (Friedr. Täubler, 10000 M.), 27 Magistratsmitgliedern und 51 Gemeindebevollmächtigten. Für Feuerlöschwesen besteht eine freiwillige Feuerwehr von 421 Mann; ferner hat die Stadt ein Gaswerk, Elektricitätswerk (1896), eine Wasserleitung (1886) und einen Vieh- und Schlachthof (1892).

Unterrichts- und Bildungswesen. N. hat ein Altes Gymnasium, 1526 von Melanchthon eingerichtet, Neues Gymnasium (1889), Realgymnasium, zwei höhere Töchterschulen, Industrie-, Kunstgewerbe-, Musik-, Handels- und Baugewerkschule, Taubstummenanstalt, Blindenerziehungsanstalt und ein Waisenhaus. Im alten Dominikaner- oder Predigerkloster befindet sich die bedeutende und bemerkenswerte Stadtbibliothek (etwa 80000 Bände), und das städtische Archiv. Unter den Sammlungen für Kunst und Wissenschaft nimmt den ersten Platz ein das Germanische Museum (s. d., Direktor Gustav von Bezold), für Industrie und Gewerbe das seit 1871 bestehende, seit 1896 in einem neuen Gebäude befindliche Bayrische Gewerbemuseum mit reichen Sammlungen von Musterarbeiten aller Zeiten und Kulturvölker und kunstgewerblichen Gegenständen. Der Verein für Geschichte der Stadt N. pflegt die Ortsgeschichte; für Dichtung und Litteratur besteht der alte 1644 gegründete Pegnesische Blumenorden, für die künstlerischen Interessen wirkt der Albrecht-Dürer-Verein mit permanenter Ausstellung von Gemälden und andern Kunstgegenständen. N. hat ein Stadttheater, ein Sommertheater, Ateliers für kirchliche Kunst und artistische Anstalten für Holzschnitzereien und Herstellung von Altarwerken, Kanzeln u. s. w., Erzgießerei von Professor Lenz.

In N. erscheinen 10 politische Zeitungen; die wichtigsten sind: "Fränkischer Kurier" (freisinnig), "Fränkische Morgenzeitung" (nationalliberal) und "Fränkische Tagespost" (socialdemokratisch); außerdem eine Reihe gewerblicher und wissenschaftlicher Blätter und Zeitschriften, z. B. für Bierbrauerei und Hopfenbau, die vom Bayrischen Gewerbemuseum herausgegebene "Bayrische Gewerbezeitung" u. a.

Industrie, Handel. Wichtigste Industriezweige sind die Fabrikation von Kurzwaren und Spielsachen (Nürnberger Waren), die seit langem einen Weltruf genießen, ebenso wie die Nürnberger Lebkuchen, ferner von Metall-, Holz-, Horn- und leonischen Waren, mechan. und optischen Waren, Messingarbeiten, Reißzeugen, Ultramarin, Margarine, Maschinen, Nachtlichtern, Öfen, Pinseln und Bürsten, Schuhwaren, Tabak, Fahrrädern, Bronze- und Brokatwaren, sowie Abziehbildern (Metachromotypie); bedeutend sind die Erzgießerei, Lithographie, Kunstanstalten, Gold- und Metallschlägerei, die Brauerei und die Bleistiftfabrikation (s. Faber A.W.). Größere Fabriken sind ferner die Nürnberger Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft, vormals Cramer-Klett, die Zeltnersche Ultramarinfabrik, die Elektricitäts-Aktiengesellschaft, vormals Schuckert & Co. (s. Schuckert), die Aktienbrauerei vormals Henninger, die Kurzsche (J. G. Reif), die Freiherr von Tuchersche Brauerei, die Gebrüder Lederersche (Aktien-) Brauerei und das Brauhaus Nürnberg (Aktienbrauerei). N. ist Sitz der 1. Sektion der Steinbruchs - und der Süddeutschen Edel- und Unedelmetall-, der 2. Sektion der Süddeutschen Eisen- und Stahl-, der 5. der Brauerei- und Mälzerei, der 15. der Müllerei-, der 27. der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft, der 7. Sektion der Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke, der 8. Sektion der Papierverarbeitungs- und der Berufsgenossenschaft der chem. Industrie und der 10. Sektion der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik, ferner des Vereins für Hebung der Fluß- und Kanalschiffahrt in Bayern. Der Handel war schon in frühester Zeit sehr bedeutend; er steigerte sich zum Welthandel. N. übernahm die Vermittelung zwischen den bedeutendsten südeurop. Staaten und dem nördl. Deutschland; seine Kaufleute zogen in die Niederlande, nach Polen, Österreich, Ungarn, Italien, Frankreich und in die Schweiz. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. beginnt die Abnahme des Handels, doch hatten noch bis ins 17. Jahrh. ital. Handelshäuser Zweigniederlassungen in N. Jetzt umfaßt der Handel hauptsächlich Kolonialwaren und Getreide, Mehl, Petroleum, Droguen, Eisen- und Metallwaren, Feld- und Gartenerzeugnisse, Holz, Wein, sowie Hopfen, für den N. Weltmarkt ist. Der jährliche Bahnversand von Hopfen beträgt etwa 10000-12500 t in jeder Saison. Der Wert der Jahresumsätze in den etwa 300 Hopfenhandlungshäusern beläuft sich auf 40-80 Mill. M. Der Handel wird unterstützt durch die 1786 gegründete königl. Hauptbank, eine Reichsbankstelle, die Vereinsbank, Filiale der Bayrischen Notenbank, Handelskammer, Hopfenbörse und den Ludwigs-Donau-Main-Kanal (s. d.). Die Nürnberger Lebensversicherungsbank (Aktiengesellschaft) besteht seit 1885.

Verkehrswesen. Auf dem Ludwigs-Donau-Main-Kanal kamen im Hafen von N. in der Richtung nach der Donau an 762 t; es gingen ab 2867 t, durch 628 t Güter; die entsprechenden Ziffern für den Güterverkehr in der Richtung nach dem Main waren 34009, 431 und 22 046 t; außerdem kamen 145 t Flöße an und gingen 3347 t nach dem Main durch. N. hat einen Centralbahnhof für die Linien Probstzella-N.-München, Würzburg-N.-Passau, Furth i. Wald-N.-Crailsheim, Eger-N. (151,4 km) der Bayr. Staatsbahnen mit dem Ostbahnhof in der Vorstadt St. Jobst und einen Bahnhof (Ludwigsbahnhof)