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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Office; Officĭum; Offizialāt; Offiziālprincip; Offiziánt; Offiziéll; Offizier; Offizieraspiranten

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Office – Offizieraspiranten

Office (frz., spr. offíhß, und engl., spr. óffiß), Amt, Dienst; Bureau, Geschäftslokal; auch Silberkammer und die sie verwaltende Dienerschaft.

Officĭum (lat.), Pflicht, Amtspflicht, Amtsverrichtung; Sanctum O., die Inquisition (s. d.); O . divīnum, in der kath. Kirche Bezeichnung für den Chordienst (s. d.) der Geistlichen und Ordensleute, auch wohl für den Gottesdienst überhaupt; daher Liber officiorum («Officienbuch») oder kurzweg O. ein Buch, worin die Vorschriften über die gottesdienstlichen Handlungen verzeichnet sind. (S. Agende.)

Offizialāt (neulat.), auch Konsistorium, bischöfl. Behörde, der speciell die Leitung der Gerichtsbarkeit zukommt. Der Vorsitzende dieser Behörde heißt Offiziāl. Da und dort kommt der Name auch für Verwaltungsbehörden vor, so z. B. das bischöfl. O. zu Vechta für Oldenburg. (S. auch Ordinariat und Generalvikar.)

Offiziālprincip oder Offizialmaxime, im Gegensatz zu der den neuern Civilprozeß unbedingt, den Strafprozeß im wesentlichen beherrschenden Verhandlungsmaxime (s. Verhandlung) der Grundsatz, im Prozeß von richterlichen Amts wegen zu verfahren, mit der Aufgabe, materielle Wahrheit zu erforschen, materielles Recht zu schaffen uneingeschränkt von dem Vorbringen und den Anträgen der Beteiligten. Für den Strafprozeß s. Inquisitionsprincip und Inquisitionsprozeß.

Offiziánt (neulat.), ein Beamter niedern Ranges.

Offiziéll (frz. officiel), soviel wie amtlich, von einer Behörde direkt ausgehend, im Gegensatz zu offiziös, mit welchem Ausdruck man indirekte Kundgebungen einer Behörde bezeichnet.

Offizier (frz., ursprünglich aus dem lat. officium, Amt), der allgemeine Name des Befehlenden im Militärstande. Man unterscheidet dem Namen nach Ober- und Unteroffiziere, versteht aber unter O. nur die erstern. Dieselben zerfallen in Generale, Stabs- und Subalternoffiziere. In der deutschen Armee bilden die Hauptleute (Rittmeister) noch eine besondere Klasse. Die Abstufungen in jeder Klasse weichen nur in einzelnen Benennungen bei den verschiedenen Armeen ab. Sie folgen: 1) Generale (s. General): Generalfeldmarschall (s. Feldmarschall), Generaloberst (s. d.) der Kavallerie und Generalfeldzeugmeister (s. Feldzeugmeister), General der Infanterie (Feldzeugmeister in der österr. Armee) oder Kavallerie, Generallieutenant (s. d.), Generalmajor (s. d.); 2) Stabsoffiziere (s. d.): Oberst (s. d.), Oberstlieutenant, Major (s. d.); 3) Hauptleute (s. Hauptmann): Stabskapitän (im russ. Heere), -hauptmann oder Kapitän, bei der Kavallerie Rittmeister. 4) Subalternoffiziere: Lieutenant (s. d., Ober- oder Premierlieutenant und Unter-, Sous- oder Sekondelieutenant, auch bloß Lieutenant genannt), Fähnrich (s. d.), bei der Kavallerie Kornett (nur in der russ. und engl. Armee noch als O.).

Entsprechend ist die Einteilung der Marineoffizierein: 1) Flaggoffiziere: Admiral (s. d.), Viceadmiral, Konteradmiral; 2) Stabsoffiziere: Kapitän zur See (s. d.), Korvettenkapitän (s. d.); 3) Kapitänlieutenant (s. d.); 4) Lieutenant zur See (s. d.), Unterlieutenant zur See. Erster O. heißt auf den Kriegsschiffen der Höchste im Rang nächst dem Kommandanten (s. d.). Ihm fällt die Regelung des innern Schiffsdienstes, Ausbildung der Mannschaft und Instandhaltung und Reinigung des Schiffs und seiner Waffen zu. Er bestimmt die Verteilung der Mannschaft bei der Indienststellung des Schiffs nach den Schiffsrollen. Er ist Präses der Offiziermesse (s. d.). Seine Charge richtet sich nach der Größe des Schiffs; so ist auf einem Kanonenboot ein Lieutenant zur See der Erste O., auf einem Panzerschiff ein Korvettenkapitän. – Vgl. Instruktion für die Kommandanten Sr. Maj. Kriegsschiffe (Berlin).

Über Reserveoffiziere s. d.; über die im Offizierrange stehenden Militärbeamten s. d.; über die Sanitätsoffiziere s. d.

Über den Chargengehalt der O. s. Diensteinkommen.

Die Bezeichnung O. stammt in Deutschland aus dem 16. und 17. Jahrh. Der Große Kurfürst war der Begründer des Offizierstandes im brandenb.-preuß. Heere und bemühte sich, ein eigenes Offizierkorps aus vaterländischem Adel, an Stelle der bis dahin üblichen fremdländischen Führer, heranzubilden. Die Ergänzung des Offizierkorps aus dem Adel blieb Regel bis zu den Befreiungskriegen. Die Ernennung erfolgt durch ein Patent. Dem Kaiser steht die Ernennung und Beförderung der O. nach Reichsverfassung, Art. 64, nur für einen Teil, jedoch in Preußen als König und zufolge der Konventionen in den dadurch betroffenen Kontingenten für alle O. zu; vorbehalten ist den Landesherren die Ernennung von O. à la suite und die Wahl der Adjutanten für sich und ihre Prinzen. Der König von Bayern ernennt alle O. seines Kontingents; der König von Württemberg alle mit Ausnahme der Festungskommandanten, und nur mit Zustimmung des Kaisers den Höchstkommandierenden; der König von Sachsen hat ein Vorschlagsrecht bei Ernennung des Höchstkommandierenden des ⅩⅡ. Armeekorps. Derjenige, welcher die Offizierscarriere machen will, muß, falls er nicht aus den O. des Beurlaubtenstandes in die aktive Armee übertritt, als Avantageur (s. d.) in das Heer eintreten. Nach der Heerordnung (§. 50) kann ein Soldat ohne Rücksicht auf das Befähigungszeugnis oder das Dienstalter zum O. vorgeschlagen werden, wenn er sich vor dem Feinde ausgezeichnet hat.

Offizieraspiranten, junge Leute, die die Offiziercarriere machen wollen. (S. Avantageur.) O. des Beurlaubtenstandes sind im deutschen Heere die mit der Qualifikation zum Reserveoffizier entlassenen Einjährig-Freiwilligen (s. d.). Denselben steht bei ihrer Beurlaubung zur Reserve die Wahl frei, in welchem Kontingent sie zum Offizier vorgeschlagen zu werden wünschen. Nach der Entlassung aus dem aktiven Dienst müssen sie zwei achtwöchige Übungen (A und B) ableisten, um ihre Befähigung zur Beförderung zum Offizier darzuthun. Diese Übungen finden in der Regel in den beiden auf die Entlassung folgenden Jahren statt. Die Übung A soll grundsätzlich in dem Standort des Stabes des betreffenden Truppenteils stattfinden. Während dieser Übung thun die Aspiranten Unteroffizierdienst in den Compagnien und sind außerdem durch besonders hierzu kommandierte Offiziere praktisch und theoretisch weiter zu unterrichten. Am Schluß der Übung A findet für diejenigen Aspiranten, welche in ihrer dienstlichen und außerdienstlichen Haltung befriedigt haben, eine praktische und theoretische Reserveoffizierprüfung statt. Wird die Übung A als erfolgreich angesehen, so erfolgt die Beförderung zum Vicefeldwebel (Vicewachtmeister). Während der Übung B thun die zu Vicefeldwebeln (Vicewachtmeistern) beförderten Aspiranten Offizierdienst. Der Hauptwert ist auf ihre praktische Ausbildung bei der Truppe zu legen; neben derselben