Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

633

Organisches Nervensystem - Orgel

Organisches Nervensystem, s. Ganglien.

Organische Verbindungen, die chem. Verbindungen des Kohlenstoffs (s. d.). Ihre ungeheure Zahl wird bedingt durch die Eigenschaft der vierwertigen Kohlenstoffatome, sich unter Aufwand nur einiger Valenzen derselben zu Kohlenstoffketten (s. d.) von geringer bis sehr großer Atomzahl zu vereinigen und in dieser Form die Kohlenstoffkerne (s. d.) zur Anlagerung der mannigfaltigsten anderweiten Elementaratome an die zur Verkettung nicht beanspruchten Valenzen zu bilden. (S. auch Kohlenstoffbindung.)

Organismus, s. Organ.

Organíst, Orgelspieler.

Organisten (Euphoninae), Unterfamilie der südamerik. Tanagras (s. d.), von geringer Größe, mit dickem Kopf und derbem Schnabel. Die Männchen sind unten gelb, oben schön stahlblau oder grün, die Weibchen meist mattgrün. Sie leben von Früchten und haben eine laute klangvolle Stimme.

Organístrum, Musikinstrument, s. Drehleier.

Organogrăphie (grch.), s. Morphologie.

Organolŏgie (grch.), soviel wie Morphologie.

Organometalle, s. Metallorganische Verbindungen.

Organopăthie (grch.), Organerkrankung.

Organotherăpie (grch.), die Behandlung von Krankheiten durch innerlichen Gebrauch von bestimmten Organen, z. B. Schilddrüse, Thymus u. s. w., eine der neuesten Zeit angehörende Errungenschaft der wissenschaftlichen Heilkunst.

Organozōen (grch.), die innerhalb der Organe lebenden tierischen Parasiten (Muskeltrichinen, Finnen u. a.).

Organsīnseide, s. Seide.

Orgănum (grch. órganon), in der Musik ein Instrument schlechthin, insbesondere aber die spätere Orgel; dann auch die erste und unentwickeltste Art, in der im Mittelalter (11. und 12. Jahrh.) die Mehrstimmigkeit auftrat, nämlich in der Form von durchgeführter Parallelbewegung beider Stimmen, bei der eine Bewegung in Quintenparallelen besonders auffällig erscheint.

Orgásmus (grch.), Wallung, Aufwallung, starker Blut- und Säfteandrang; strotzende Fülle, heftiger Trieb; orgástisch, strotzend, heftig wallend.

Orgeade (frz., spr. orschahde) oder Orgeat (spr. orschah), eigentlich Graupenschleim, eine mit Orangenblütenwasser gewürzte Mandelmilch.

Orgel (grch. organon, «Werkzeug»; lat. organum; ital. organo; frz. orgue; engl. organ), das größte musikalische Instrument. Durch die Kraft, Fülle und Tiefe ihres Tons ist die O. besonders zur Erhöhung der Feier des Gottesdienstes geeignet, dient aber auch als Konzertinstrument in Kirchen und Konzertsälen. Die O. hat für jeden Ton eine Menge verschiedener Klänge, die sich durch Stärke und Klangfarbe voneinander unterscheiden. Jede O. besteht aus fünf Teilen: 1) den Blasebälgen, die die Luft von außen einsaugen und verdichten; 2) den Windkanälen, die in die Bälge münden und die im Balg verdichtete Luft zu der Windlade führen; 3) dem Windkasten und der Windlade; der Windkasten nimmt die aus dem Kanal strömende komprimierte Luft auf; über dem Windkasten liegt die Lade; sie ist, da die O. 54 Tasten auf der Manualklaviatur hat, in 54 Einschnitte geteilt. Oben auf dem Einschnitt (jeder ist für einen bestimmten Ton) befindet sich der Pfeifenstock, auf dem die Pfeifen stehen. Die Öffnungen zu dem Pfeifenstock werden durch die Registerzüge auf- und abgesperrt (s. Windlade); 4) der Mechanik (Tastatur, Registerzüge und Traktur). Durch das Niederdrücken der Tasten am Manual oder Pedal bewirkt der Spieler, daß die im Windkasten befindliche Luft in die Lade einströmt und jeder Ton einer Orgelstimme, sobald der betreffende Registerzug vom Spieler gezogen ist, erklingen muß; der Spieler kann ferner durch die Registratur eine willkürliche Absonderung ganzer Reihen homogener Pfeifen vornehmen. Die Anzahl solcher Registerzüge richtet sich nach der Größe der O.; 5) dem Pfeifwerk. Dieses nimmt, sobald die Ventile zu den Öffnungen des Pfeifenstocks vermittelst des Registerzugs geöffnet sind, die aus der Windlade strömende Luftmenge auf und giebt, je nach der Größe und Beschaffenheit der Pfeifen, verschiedene Klänge. Das gesamte Pfeifwerk zerfällt in Labial- oder Lippenpfeifen und Zungenpfeifen. Bei den Labialpfeifen ist der sich an der scharfen Kante der Lippen (Labien) brechende Luftstrom allein der schwingende und Schwingungen erregende Körper. Die Pfeife ist der Raum, in dem der Ton sich bildet (s. auch Pfeife). Labialstimmen sind: Prinzipal, Oktav, Gedackt, Salicional, Flöte, Violoncello, Gambe, Gemshorn, Mixtur, Quinte, Nasard, Cimbel, Kornett. Die Labialpfeifen zerfallen wieder in offene und gedeckte. Letztere entstehen, wenn die obere Öffnung des Pfeifenkörpers mit einem Deckel versehen wird und heißen gedackt (s. d.). Zungenstimmen sind: Äoline, Vox humana, Vox angelica, Posaune, Klarinette, Accordion, Konzertino; auch Mixtur und Cymbel kommen als Zungenstimmen vor; zum Unterschiede von den Labialstimmen nennt man sie auch Rohrwerke. Jede Orgelstimme hat den Tonumfang der Klaviatur, also 4½ Oktave als Manual-, 2¼ Oktave als Pedalstimme. Der tiefste Ton der O. (Subkontra C) wird durch eine Pfeife, deren Korpus 32 Fuß Länge hat, erzeugt.

Ein Instrument, welches die genannten fünf Teile nicht enthält, ist keine O. Der zur Zeit des Prätorius allgemeine und noch jetzt gebrauchte Ausdruck: Ganze, Halbe und Viertel-Orgel ist daher ungenau. Die Größe der O. ist nur in Stimmenzahl und Manuale verschieden; die größten O. besitzen bis zu 100 Stimmen, vier Manuale und zwei Pedale.

Die Größe einer O. bestimmt sich nach der Zahl der Sitzplätze her Kirche, wie folgt:

Sitzplätze Orgelregister

200 5‒6

200‒300 8‒10

300‒500 10‒12

500‒800 12‒16

800‒1000 16‒20

1000‒1500 20‒36

1500‒2000 36‒42

2000‒2500 42‒48

Man kann die Kosten kleiner Werke mit 360 M., größerer mit 450‒600 M. pro Stimme in Rechnung setzen. (S. auch Orgelspiel.)

Den Ursprung der O. hat man in den Blasinstrumenten, besonders in der Pansflöte (s. d.), zu suchen. Doch kann als Vorläufer der O. auch die Sackpfeife betrachtet werden, die schon im Altertum bekannt war. Den ledernen Schlauch der Sackpfeife verwandelte man später in einen Kasten und setzte auf diesen mehrere Pfeifen in oben auf dem Kasten angebrachte Löcher. Unter diesen befestigte man kleine Schieber, die den Eingang zu den Pfeifen verschlossen oder öffneten. Wasserleitungen und Pumpen, Blasebälge jeder Art wurden angewendet, um Wind hervorzubringen. Zuletzt blieb man bei den Blase- ^[folgende Seite]