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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ossett; Ossiach; Ossian; Ossificatĭo; Ossip Schubin; Oßmannstedt; Ossŏli; Ossolinski

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Ossett – Ossolinski

Ossett, Stadt in der engl. Grafschaft Yorkshire, im West-Riding, 11 km südlich von Leeds, mit (1891) 10984 E.; Tuchfabriken und Wollspinnerei.

Ossiach, Dorf im Gerichtsbezirk Feldkirchen der österr. Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt in Kärnten, an der Linie St. Valentin-Pontafel der Österr. Staatsbahnen, hat (1890) 115 E. Der fischreiche Ossiacher See (11 km lang, 1,5 km breit, 1030 ha groß) liegt (488 m) am Fuße der Gerlitzenalpe (1910 m). Die an ihm liegenden Orte Sattendorf, St. Andrä und O. und das neue Kurhotel Annenheim sind Sommerfrischen.

Ossian, ein kelt. Sagenheld, der in der Litteraturgeschichte bedeutsam geworden ist durch den Schotten James Macpherson (s. d.), zunächst durch dessen «Fragments of ancient poetry collected in the Highlands of Scotland and translated from the Gaelic» (Edinb. 1760). Als diese großen Beifall fanden, veröffentlichte Macpherson nach einer neuen Reise durch das Hochland 1762 das Heldengedicht «Fingal» nebst 16 kleinern Gedichten, 1763 «Temora» (Tighmora) nebst fünf kleinern, dann diese Gedichte zusammen 1765 als «O.s Werke». Nach Macphersons Angaben waren es Übersetzungen gälischer Lieder eines in grauer Vorzeit lebenden schott. Sängers O. Der Erfolg war ein mächtiger, auch auf dem Festlande (Übertragungen in fast alle Sprachen des gebildeten Europas), besonders in Deutschland. Herder (1773) und Goethe (in «Werthers Leiden», 1774) übersetzten einige Stücke; fernere deutsche Übersetzungen sind die von Engelbrecht und Wittenberg (Hamb. 1764), Denis (Wien 1768‒69; neue Ausg. 1791‒94), Harold (Düsseld. 1775 u. 1787), Lenz (1775), Bürger (1779), Petersen (Tüb. 1782), Kretschmann (1784), Pfaff (Frankf. 1792), Rhode (Berl. 1800; 2. Aufl. 1817), Stolberg (Hamb. 1806), Jung (Frankf. 1808), Brinkmeier (Braunschw. 1839), Böttger (Lpz. 1847). Ebrard übersetzte «Fingal» aus dem Gälischen (Lpz. 1868); Suttner-Erewin «Temora» aus dem Englischen (ebd. 1881); Eyre-Todd veröffentlichte Macphersons engl. Übersetzung mit kritischer Einleitung (1888); McNauphton eine wortgetreue metrische Übertragung aus dem Gälischen ins Englische (1887). Chr. Ahlwardt gab eine rhythmische Übertragung von Sinclairs lat. Interlinearversion heraus (zuerst Oldenb. 1807). Aber gleich nach der Veröffentlichung erhoben sich in England Zweifel an der Echtheit der Gedichte; daran knüpfte sich ein zum Teil erbitterter Streit der Engländer und der Schotten, später auch der Iren. Die Lösung ist sehr erschwert, weil nicht nur die Handschriften, aus denen Macpherson geschöpft haben will, verloren gegangen sind, sondern auch seine Abschriften des gälischen Grundtextes. Dieser liegt nur in der Ausgabe der Highland Society of London (1807) vor, die aber Macphersons Text in Orthographie und Sprache einheitlich gestaltete («Dana Oisein mhic Finn»). Auf ihr beruhen die spätern Ausgaben von Maclachlan (1818), MacLauchlan (1861). Ein Gesamtdruck der engl. Fassung wurde von Hugh Campbell besorgt (2 Bde., Lond. 1822 und Lpz. 1840).

Bis jetzt steht fest: die Sprache der O.schen Gedichte ist die moderne gälische mit wenigen Archaismen, der Stoff aber entstammt der altirischen Heldensage. O. (gälisch Oisian; mittelirisch Ossîn) ist der Sohn des Finn MacCumaill (Fingal), der den Mittelpunkt eines namentlich im spätern Mittelalter und bis in die Neuzeit in Irland sehr beliebten irischen Sagenkreises bildet. Einen Dichter O. hat es nie gegeben. Die irischen Lieder und Erzählungen verbreiteten sich nach Schottland, wo sie seit dem 16. Jahrh. nachzuweisen sind. (S. Gälisch.) Schon in alter Zeit werden verschiedene Helden persönlich als Sänger der Ereignisse eingeführt; in Schottland scheint nach und nach O. allein diese Rolle übernommen zu haben; so hat sich die Gestalt des greisen erblindeten Sängers der Vorzeit gebildet. Sicher hat Macpherson die Lieder stark verändert und mit eigenen Zuthaten versehen, doch ist es unwahrscheinlich, daß er den gälischen Text aus dem englischen übersetzte. Denn zahlreiche Aussagen Unverdächtiger bezeugen das Vorhandensein gälischer Originalhandschriften für Macphersons Zeit, von denen nur unglückliche Zufälle uns keinen unmittelbaren Beleg erhalten haben.

Vgl. Ebrard, Handbuch der mittelgälischen Sprache, hauptsächlich O.s (Wien 1870); Windisch, Die altirische Sage und die O.schen Gedichte (in den «Verhandlungen der Versammlung deutscher Philologen zu Gera», Lpz. 1879); ders. in Ersch und Grubers «Allgemeiner Encyklopädie» (Ⅱ, 35). Irische O.sche Gedichte veröffentlichte die Ossianic Society in Dublin (3 Bde., 1854‒61), schottisch-gälische Campbell in «Leabhar na Feinne» (Bd. 1: Heroic Gaelic ballads collected in Scotland, Lond. 1872). Gegen die Echtheit wandten sich: Talvj (s. Robinson, Th. A. L.), Die Unechtheit der Lieder O.s und des Macphersonschen O.s insbesondere (Lpz. 1840), und Link, Über die Echtheit der O.schen Gedichte (Berl. 1843); ferner: Neue Jenaische allgemeine Litteraturzeitung (1843, Nr. 27‒29); Waag, O. und die Fingalsage (1863), und Waddell, O. historical and authentic (Glasgow 1875).

Ossificatĭo (lat.), Verknöcherung (s. d.).

Ossip Schubin, Pseudonym, s. Kirschner.

Oßmannstedt, Dorf im Verwaltungsbezirk Apolda des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. 10 km im NO. von Weimar, an der Ilm und der Linie Halle-Bebra der Preuß. Staatsbahnen, hatte 1890: 666, 1895: 677 evang. E., Postagentur, Telegraph. In O. sind die Grabstätten des Dichters Wieland, seiner Gattin und seiner Freundin Sophie Brentano, im Garten des ehemals Wieland gehörigen Gutes.

Ossŏli, Sarah Margaret, s. Fuller.

Ossolinski, poln. Familie. Jerzy O., geb. 1595, Sohn des Wojwoden von Sendomir, Zbigniew O., schloß 1635 in Stuhmsdorf den 26jährigen Waffenstillstand mit Schweden, wurde von Ferdinand Ⅱ. zum Fürsten erhoben, ohne jedoch den Titel bei der einheimischen Gegnerschaft führen zu können. 1643 zum Großkanzler von Polen ernannt, präsidierte er beim Thorner Religionsgespräch 1645. Er starb 1650. Mehrere seiner Reden erschienen gesammelt Danzig 1647 u. ö. – Vgl. L. Kubala, Jerzy O. (2 Bde., Lemb. 1883).

Jozef Maximilian O., Graf von Tenczyn, geb. 1748 in Wola-Mielecka in der Woiwodschaft Sendomir, gebildet im Jesuitenkolleg zu Warschau, trat in den litterar. Kreis, den Stanislaw August in Warschau um sich versammelte. Nach der ersten Teilung Polens gelangten seine Güter unter österr. Oberhoheit und O. kam als Mitglied der galiz. Ständedeputation 1789 nach Wien. Vom Kaiser Franz Ⅰ. zum Wirkl. Geheimrat und zum Vorsteher der kaiserl. Hofbibliothek ernannt, brachte er überaus reichhaltige und höchst wichtige Sammlungen slaw. Altertümer, insbesondere Denkmäler altpoln. Schrift- ^[folgende Seite]