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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Philipp V. (König von Frankreich) - Philipp VI. (König von Frankreich)
Kömgen ein Friede zu stände, worin Eduard
Guyenne zurückerhielt und dagegen den Grafen
Guido preisgab, der sich nun unterwarf und 1300
zu Paris erschien. Gegen sein Wort ließ der Konig
ihn ins Gefängnis bringen und vereinigte Flan-
dern mit der Krone. Die Härte aber, womit sein
Statthalter die Flamländer behandelte, brachte sie
1302, unter Anführung eines Webers, Peter de
Koninck, zum Aufstande. P.s Feldherr Robert von
Artois erlitt 11. Mi 1302 eine furchtbare Nieder-
lage bei Kortrijk, und auch ein neues Heer rich-
tete so wenig aus, daß P. im Juni 1305 Frieden
schließen und dem ältesten Sohn des in der Ge-
fangenschaft gestorbenen Grafen das ganze jenseit
der Lys gelegene Flandern als Lebn zurückgeben
mußte. Oieser Krieg, die stehenden Söldnerbaufen
und der Aufwand, den der König machte, stürzten
ihn in Geldverlegenheiten. Durch Konfiskationen
und Erpressungen sowie durch außerordentliche
Steuern, wozu er auch den Klerus heranzog, suchte
er sich zu helfen und veranlaßte dadurch Bonifacius
bereits 1296 zum Erlaß der Bulle ^lericis wicos,
in der der gesamten Geistlichkeit die Entrichtung
von Abgaben an Laien ohne püpstl. Erlaubnis bei
Strafe des Banns unterfagt wurde. Dies war der
Anfang des welthistor. Kampfes, in dem P. die
Unabhängigkeit der erstarkten franz. Monarchie
gegen die hierarchischen Forderungen des Papst-
tums verteidigte. (S. Bonifacius VIII.)
P. wurde 13. April 1303 in den Bann gethan,
worauf er den Papst durch Wilhelm Nogaret und
Sciarra Colonna gefangen nehmen ließ. Bonifaz
starb bald darauf und ebenso auch sein Nachfolger
Benedikt XI. Durch Geld und Intriguen gelang es
dem Könige, den Erzbischof von Bordeaux, Bertrand
de Goth, als Clemens V. auf den päpstl. Etubl zu
setzen. Dieser wurde sehr bald das gesügige Werk-
zeug P.s und muhte sich herbeilassen, seinen Hof
fortan in Avignon aufzuschlagen sowie den Bann
aufzuheben und die von Vonifacius erlassenen Straf-
bullen für ungültig zu erklären. Sodann zwang ihn
P., seine Hand zu dem Vorgehen gegen die Tempel-
herren zu bieten. Dieser Orden schien dem König
durch seine privilegierte Stellung als Staat im
Staate gefährlich; mehr aber noch reizte ihn die
Begierde, sich die großen Reichtümer der Tempel-
herren anzueignen. Die Ritter wurden der Ketzerei
und Blasphemie beschuldigt, und im ^ept. 1307 er-
ging der Befehl, alle Templer auf franz. Boden an
einem Tage zu verhaften. Nun begann eine lange,
mit großer Grausamkeit und Ungerechtigkeit ge-
führte Untersuchung. Der Papst hob 1312 den
Orden auf, und viele Ritter erlitten den Tod auf
dem Scheiterhaufen (s. Tempelherren). P. starb
29. Nov. 1314. Noch in seiner letzten Zeit war es
zu Ausständen gegen seine drückenden steuern ge-
kommen. Seine Versuche, in die deutschen Händel
einzugreifen und 1308 seinem Bruder Karl von
Valois die deutsche Krone zu verschaffen, mißlangen;
nur das Gebiet von Lyon hat er 1312 mehr durch
List als durch Gewalt dem Reiche entrissen. P.s
Hauptbedeutung liegt in der glücklichen Durchfüh-
rung seines Kampses mit dem Papsttum, den er,
überzeugt von der Souveränität des Staates, unter-
nahm. Auch seine Verwaltung beruhte auf ganz
modernen Grundsätzen. An die Stelle der feu-
dalen Formen tritt unter P. eine absolutistische,
auf bürgerliche Rechtsgelehrte gestützte Negierung.
P. h'mterUch drei Sohne, welche ihm nacheinander
auf dem Throne folgten, und zwar: Ludwig X.,
Philipp V. und Karl IV.
Vgl. Du Puy, I1i3t0ii'6 än äin"6I-6Qt 6Qtr6 16
MP6 V0niiÄc6 VIII 6t?di1ipp6 16 Vki (Par. 1655);
Rabanis, 0i6M6nt V et I'liilipps Ie Nei (ebd.
1858); Boutaric, I^a. Francs 30113 ?Iii1ipp6 1s 1^61
(ebd. 1861); Iolly, I^ilipps Ie Lei (ebd. 1869).
Philipp V., der Lange, König von Frank-
reich (1316-22), geb. 1293 als zweiter Sohn Phi-
lipps IV., des Schönen, folgte seinem Bruder Lud-
wig X. 1316, da der nachgeborene Sohn Ludwigs,
Johann I., nach wenigen Tagen starb und die Stände
den Anspruch von Ludwigs minorenner Tochter ab-
wiesen. Er zeigte sich als tüchtiger Regent, stützte
sich auf den dritten <^tand gegen die großen Vasallen
und bildete das Parlament weiter aus. Dennoch
konnte er die Gärung im Volke, die durch den Steuer-
druck immer wieder erregt wurde, nicht verhindern;
in dem Aufstand der Pastorellen (s. d.) 1321 und in
Judenverfolgungen kam sie zu furchtbarem Aus-
bruck. Mit Flandern schloß P. 1320 Frieden; sonst
konnte er sich nach außen hin nicht bethätigen, da er
bereits 3. Jan. 1322 starb. Da er von seiner Gattin
Iobanna von Burgund keinen männlichen Erben
datte, folgte ihm sein letzter Bruder Karl IV. in der
Regierung.
Philipp VI., König von Frankreich (1328-
50), der erste aus dem Hause Valois, wurde 1293 ge-
boren als der Sohn Karls von Valois, des Bruders
Pbilipps IV. Als der nächste männliche Seitenver-
wandte machte er nach dem Tode Karls IV., der
nur eine Tochter hinterlassen hatte, seine Thron-
ansprüche geltend und ward im März 1328 zu Reims
gekrönt. Sogleich zog er gegen die vläm. Städte,
die ihren Grafen Ludwig vertrieben hatten, und schlug
sie 1328 bei Casscl. Bald aber brach der große Krieg
mit England aus. Zwar hatte sich Eduard III. von
England 1329 zur Lehnshuldigung für seinen Besitz
auf franz. Gebiet bequemt; doch als P. 1333 den
rebellischen Schottenkönig David Bruce unterstützte,
trat Eduard, als Sohn der Schwester Karls IV.,
Isabella, als franz. Thronprütendent auf. Trotz der
Vermittelung Papst Venedikts XII. (1336) fiel P.
in Guyenne ein und eröffnete 1337 den hundert-
jährigen Krieg, dessen wahre Ursachen in der Han-
delsrivalität der beiden Nachbarmächte zu suchen
sind. Während der Adel Flanderns auf Seite P.s
stand, wurde Eduard befonders durch die vläm.
Städte unterstützt. Eduard fiel 1339 in die Picardie
ein, konnte P. aber zu keiner Schlacht bewegen,
so daß er nach Flandern zurückgehen und seine
Truppen entlassen mußte. Um die überfahrt der
Engländer zu hindern, schickte P. 1340 eine starke
Flotte in den Kanal, die aber von Eduard 23. Juni
auf der Höhe von Sluys vernichtet wurde. Trotz
eines im Herbst vereinbarten Stillstandes dauerten
die Feindseligkeiten fort. P. wollte nämlich das
Herzogtum Bretagne seinem Neffen Karl von Blois,
der mit einer bretonischen Prinzessin vermählt war,
zuwenden, während deren rebellischer Oheim Johann
von Montfort von Eduard III. unterstützt wurde.
Am 26. Aug. 1346 kam es zur Schlacht bei Crscy-
en-Ponthieu (s. d.), wo das franz. Ritterheer eine
furchtbare Niederlage erlitt. 134? mußte sich Calais
nach elfmonatiger Belagerung an Eduard ergeben.
Nun schloß P. unter päpstl. Vermittelung einen
wiederholt verlängerten Stillstand. Im Innern war
P.s Regierung ebenfalls wenig glücklich. Der Krieg
und der Schwarze Tod entvölkerten das Land, das