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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Portugal (Land- und Forstwirtschaft)

auf den regenarmen Hochflächen des Innern und zumal im Süden fehlt, finden sich Cistusheiden und Weideflächen mit dürftigem Graswuchs, welche allein 15000 qkm oder 16,6 Proz. der Oberfläche einnehmen. Nach den Besitzverhältnissen und der Art des landwirtschaftlichen Betriebes unterscheidet man vier Regionen, nämlich: 1) Die nördliche vom Minho bis zum untern Mondego und einem Teil von Coimbra. Das Land ist teils als freies Eigentum, teils in Erbpacht (Emphyteusis) unter viele Bauern verteilt. Man findet fast nur kleine Besitzungen mit im Durchschnitt 100 ha auf 100 Bewohner und beschränkte, aber sorgfältige Kulturen. Man baut Mais und Weizen, Gemüse, Hanf und Flachs, alle deutschen Obstsorten, dazu Maronen, Mandeln, Orangen, Wein und Oliven. Die Viehzucht wird durch gute Weiden und Wiesen im regenreichen Norden ebenfalls gefördert. 2) Die Gebirgsregion, östlich der vorigen, umfaßt die Bezirke Bragança, Villa Real, Guarda und Castello Branco. Die Eigentumsverhältnisse sind ähnlich denen im ersten Gebiet; doch kommen 100 ha auf 44 Bewohner. Roggen ist das vorherrschende Getreide und unter den Haustieren überwiegen Schafe und Ziegen. 3) Die mittlere Region, vom Mondego bis südlich vom Tejo. Sie umfaßt vornehmlich Estremadura mit den Bezirken Leiria, Santarem und Lissabon. Hier herrschen große Güter in den Händen des Adels, des Staates und der Kirche vor; die Bebauer des Landes sind Pächter mit ihren Arbeitern. Auf 100 ha kommen 48 Bewohner, oder, wenn man Lissabon abrechnet, nur 34. Der Boden ist längs der Küste sandig, im allgemeinen von mittlerer Güte und nur in der Ebene des Tejo und seinen Seitenthälern sehr fruchtbar. Man baut vornehmlich Weizen und Mais, auch etwas Reis, und in günstigen Lagen Wein und Obst; die Viehzucht hat nur geringe Bedeutung. 4) Die südl. Region mit Alemtejo und Algarve. Die Besitzverhältnisse sind dieselben wie in Estremadura, nur sind die Güter meist noch umfangreicher; hier kommen auf 100 ha nur 17 E. Weizen ist das vorherrschende Getreide und das Schwein das gewöhnlichste Haustier. In dem subtropischen Algarve werden Südfrüchte in Menge gewonnen, namentlich Feigen, Mandeln und Johannisbrot. Im ganzen befindet sich die Landwirtschaft, den Norden und Algarve ausgenommen, noch auf tiefer Stufe. Zwar ist durch Vermehrung der kleinen Bauerngüter, durch Anlage von Straßen und Eisenbahnen, durch landwirtschaftliche Ausstellungen, durch die Bildung einer Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues (Associação central da agricultura portugueza) zu Lissabon, durch die Errichtung landwirtschaftlicher Lehr- und Musteranstalten zu Lissabon, Vizeu, Evora, Cintra viel zur Hebung geschehen; doch sind die erwähnten Eigentumsverhältnisse in der südl. Landeshälfte und die niedrige Bildungsstufe des Volks, welche keine intensive Bodenkultur ermöglichen, dauernde Übel. Im ganzen kommen auf Weinberge 2,2 Proz., Obst- und Melonenpflanzungen 7,2, auf Getreide 12,5, Hülsenfrüchte und andere Feldkulturen 27, auf Weideland 16,7, auf Wälder und Cistusheiden 2,9 Proz. der Gesamtfläche des Landes. Der Reisbau ist auf 7000 ha Sumpfland in der Nachbarschaft von Lissabon, Aveiro, Coimbra, Leiria, Faro und Portalegre beschränkt. Außer Getreide baut man Bohnen, Puffbohnen, Kichererbsen, Linsen, Erbsen und Lupinen. Den Futterkräutern widmet man noch wenig Aufmerksamkeit. Gemüse- und Gartenbau in größerm Maßstabe wird nur in den Umgebungen der Städte betrieben. Die Kartoffel wird in allen Distrikten gebaut. Auch der Runkelrübenbau hat Aufschwung genommen, besonders in Estremadura, im Mondegothal und in Minho. Melonen, Kürbisse und Gurken werden allenthalben gezogen und im Süden als Feldfrüchte behandelt. Im Norden, namentlich um Oporto, findet die Erdbeerenkultur in großem Maßstabe statt. Von Handelspflanzen baut man nur Flachs, besonders in Minho, und Hanf in Traz-oz-Montes und Estremadura. Esparto wächst im Süden häufig wild und wird, wie Bast und Blätter der Zwergpalme und die Gewebfasern der Piteira (Agave americana L.), zu Flechtwerk benutzt, bildet aber keinen Ausfuhrartikel wie in Spanien. Der Tabakbau ist auf dem Festlande nicht gestattet. Verbreitet, aber selten mit Sorgfalt betrieben ist die Ölbaumzucht (auf 2000 qkm) in Alemtejo, Estremadura und Traz-oz-Montes. Der Weinbau, von alters her von großer Wichtigkeit, hat seit den Verheerungen der franz. Weinberge durch die Reblaus einen großen Aufschwung genommen und ist, wie in Spanien, die einträglichste Kultur besonders in Alto-Douro. (S. Portwein.) Außer diesem Distrikt wird der Weinbau besonders in Estremadura und Algarve in großem Maßstabe betrieben. Die besten Sorten der portug. Weine, außer dem Portwein, sind die Moscatels von Carcavellos, Faro und Setubal (Weißweine, auch unter dem Namen Lissabon- und St. Yveswein bekannt), die Rotweine von Torres-Vedras, Monçaon, Barra-a-Barra und Collares, die Weißweine von Lissabon, Carcavellos, Avinto, Faro und Sines u. s. w. In Algarve wird Branntwein fabriziert. Im Durchschnitt wird die jährliche Gesamtproduktion an Wein auf 4 Mill. hl veranschlagt. Die Forstwirtschaft hat nur in den königl. Waldungen von Leiria geregelten Betrieb, im allgemeinen liegt sie im argen. Im ganzen sind 210000 ha Nadelwald (Pinien, Meerstrands- und Terpentinkiefern) und 50000 ha Kork- und andere immergrüne Eichenwälder. Die schönsten und größten Nadelwälder (Pinares), und zwar von Pinus pinaster Sol., sind bei Leiria (Pinhal de Leiria) in einer Dünensandregion, wo, ähnlich wie im franz. Depart. Landes, viel Terpentin gewonnen wird.

Die Viehzucht, gegen frühere Zeit im Verfall, hat erst neuerdings wieder mehr Aufmerksamkeit erfahren. Man züchtet zwei Arten von Pferden, im Norden die galicische, im Süden (Alemtejo) die bätisch-lusitanische. Die Beiraschafe wandern gleich den span. Merinos umher und verbringen den Winter in den Ebenen von Alemtejo. Ziegenzucht ist in allen Gebirgsgegenden verbreitet, namentlich in Alemtejo, Algarve und Minho. Schweine werden in größtem Maßstabe in den ausgedehnten Eichenwäldern von Algarve und Alemtejo gezogen. Die meisten und besten Maultiere hat Traz-oz-Montes. Die Seidenraupenzucht liefert nach Menge und Qualität kein hervorragendes Produkt. Sie wird um Bragança, demnächst in Beira betrieben, die Bienenzucht namentlich in den großen Cistusheiden von Alemtejo und Estremadura. Sehr wichtig dagegen ist die Fischerei, welche 4000 Fahrzeuge beschäftigt. Das Küstenmeer wimmelt von Fischen aller Art (Sardellen, Thunfischen u. s. w.); auch an Krebsen und Mollusken ist kein Mangel. Mittelpunkte der (hauptsächlich Sardinen-)Fischerei sind von Norden nach Süden: Caminha, Vianna do Castello, Povoa de Varzim, Aveiro, Buarcos, Peder-^[folgende Seite]