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Prätorisches Recht - Prävarikation
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Prätorianer'
Entlassung. Sie wurden von den praefecti praetorio (s. Präfekt)
befehligt und bis auf Septimius Severus (193) bloß aus Italien und den ganz romanisierten Ländern, wie Spanien, Macedonien
und Noricum, und zwar überwiegend aus Freiwilligen ergänzt. Seit Severus dagegen gelangten die Soldaten der Legionen aus
dem ganzen Reich durch Avancement in die Garde. Unter Augustus lagen nur drei Kohorten, durch die der Wachdienst im
Palatium versehen wurde, in Rom, die übrigen waren in Landstädten untergebracht. Tiberius vereinigte sie insgesamt in einem
großen verschanzten Standlager, das auf der Nordostseite Roms, vor der Porta Collina und Viminalis, angelegt war. Wiederholt
erlangten sie den bedeutendsten Einfluß. Schwächere Kaiser wurden ganz abhängig von den P. und deren Präfekten, die oft
genug mit dem Throne gewaltthätig schalteten, Kaiser, die ihren Unwillen erregt hatten, mordeten und bei der neuen Wahl die
gewichtigste Stimme hatten, während sie doch beinahe niemals im Kriege zur Verwendung kamen. Septimius Severus vermehrte
die Zahl der P., Diocletian setzte ihre Zahl und Bedeutung herab. Konstantin d. Gr. löste sie nach seinem Siege bei Saxa Rubra
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Prätorisches Recht (Jus honorarium), das in den Edikten
(s.Edictum) der röm. Prätoren
(s. d.) enthaltene Recht. Es war ein Teil des röm. Civilrechts im weitern Sinne, welcher sich neben das
Jus civile im engern Sinne stellte, um dessen Anwendung durch neu eingeführte Klagformeln
oder Exceptionen (s. Exceptio) zu sichern, es zu ergänzen und zu
berichtigen. Das Jus civile in jenem engern Sinne war im allgemeinen das an feste Formen
gebundene strenge Recht (Jus strictum), das
Jus honorarium paßte sich an das fortschreitende wirtschaftliche Bedürfnis des aus engem
Raum zur Weltherrschaft und zum Weltverkehr hinauswachsenden röm. Volks an als das formfreiere, billige Recht
(Jus aequum).
Praetorium (lat.), im röm. Lager das Hauptquartier
(s. Castra); in den röm. Provinzen das Amtsgebäude des Statthalters.
Prätorius, Michael, deutscher Kirchenkomponist und Musikschriftsteller, geb. 15. Febr. 1571 zu
Kreuzberg in Thüringen, war seit 1604 braunschw. Kapellmeister in Wolfenbüttel, wo er 15. Febr. 1621 starb. Von seinen
zahlreichen Kompositionen, die sich über alle Gebiete der Kirchenmusik erstrecken, sind die mehr als 1200 Gesänge
enthaltenden «Musae Sioniae» (9 Tle., Wolfenb. 1605–10) die wichtigsten. Noch
bedeutender ist P. als Musikschriftsteller. Sein dreibändiges «Syntagma musicum»
(lateinisch und deutsch, Wolfenb. 1614–20) ist die reichhaltigste Quelle für die praktische Musik der damaligen Zeit.
Prätschmaschine, s. Appretur (Bd. 1, S. 761b).
Prats de Mollo (spr. pra), befestigte Stadt im Arrondissement Céret des
franz. Depart. Pyrénées-Orientales, nahe der span. Grenze, überragt von dem nach Vaubans Plänen erbauten
Fort Lagarde (856 m) und an der Straße nach Perpignan, hat (1891) 1029, als Gemeinde
2446 E., Erziehungsanstalten; Tuchmacherei, Strumpfwirkerei und Viehweiden. – 8 km im Thal des Tech aufwärts liegt
La Preste-les-Bains, 1130 m hoch, mit vier sodahaltigen Schwefelquellen (45° C.),
Badeanstalten und Promenaden. Hier wird auch weißer Marmor gebrochen.
Prättigau (Prätigau, d.i. Wiesengau), roman.
Val-Partenz, Hochthal im schweiz. Kanton Graubünden, erstreckt sich, 40 km lang, an der
Sohle ↔ selten über 1 km breit, zwischen dem Rhätikon und den Plessuralpen vom Silvrettagebirge
nordwestlich bis zu der wilden, von den Trümmern der Burg Fragstein beherrschten Felsenge Klus, durch die das Thalwasser,
die Landquart (s. d.), in das Rheinthal hinaustritt. Rechts münden gegen das Hauptthal das
Schlappinthal, das St. Antönienthal und die Tobel des Schrau- und des Taschinesbaches, links das Jenazertobel und Val Zeina.
Im untern Teil fruchtbar und gut angebaut, reich an Wiesen und Äckern, Obstbäumen, Ahornen und Buchwäldern, besitzt das P.
in seinen obern Stufen ausgedehnte Alpweiden und Nadelwaldungen. Das Thal wird von der Landquartbahn (Prättigauer Bahn)
durchzogen. Von den zahlreichen wohlhabenden Dörfern mit stattlichen Herrenhäusern sind die wichtigsten: auf der rechten
Seite Klosters (s.d.), Schiers (660m, 1924 E.) und Seewis (s. d.), Geburtsort des
Dichters Joh. Gaudenz von Salis, auf der linken Serneus (s.d.) und Fideris (s. d.). Das
Thal hat etwa 10000 evang. deutsche E. in 16 Gemeinden; Haupterwerbsquellen sind Acker- und Obstbau, Viehzucht und
Alpenwirtschaft, Ausbeutung der Kalk- und Schieferbrüche und der lebhafte Touristenverkehr. Mit dem Rheinthal und dem Davos
ist das P. durch eine Poststraße und die Schmalspurbahn Landquart-Davos verbunden. Über den Rhätikon ins Montafon
(Vorarlberg) führen mehrere Wege, wie das Schweizerthor (2151 m), das Schlappinerjoch (2190 m) u. s.w., in das Unterengadin
der Fleßpaß (2470 m) und einige Gletscherpässe. Früher als einstiger Besitz der Freiherren von Vatz und der Grafen von
Toggenburg zum Zehngerichtenbund gehörig, bildet jetzt das P. mit dem Davos und dem untern Teil des graubündischen
Rheinthals die Bezirke Oder- und Unter-Landquart (s. Landquart).
Prätur, das Amt des röm. Prätors (s. d.).
Prau, malaiisches Schiff, s. Proa.
Prausnitz, Stadt im Kreis Militsch des preuß. Reg.-Bez. Breslau, am Nordfuße des Katzengebirges,
Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Öls), hat (1890) 1903 E., darunter 549 Katholiken und 27 Israeliten, Post, Telegraph, evang.
und kath. Kirche; bedeutende Schuhmacherei.
Prävali, Prevali, slowen.
Prevalje, Dorf im Gerichtsbezirk Bleiburg der österr. Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt in
Kärnten, im Mißthal, einer rings von Höhen umgebenen Niederung, und an der Linie Marburg-Villach der Südbahn, hat (1890)
746, als Gemeinde 5016 meist slowen. E., die in dem Eisenraffineriewerk, dem größten Kärntens, beschäftigt sind. Dasselbe,
der Alpinen Montangesellschaft gehörig, entstand 1823 durch Anlage einer Zinkhütte und umfaßt eine Eisengießerei,
Maschinenwerkstätte mit 3 Kupolöfen und einem Dampfhammer, ein Puddlings- und Walzwerk mit 11 Puddelöfen, 12
Schweißöfen und einen Kokshochofen (800 Arbeiter). In der Nähe das Braunkohlenbergwerk
Liescha (800 Arbeiter) und bei Guttenstein am Fuße des Ursulaberges (1696 m) die
Mineralquelle Römerquelle mit dem Kurhause Herzogsbad.
Prävalieren (lat.), überlegen sein, überwiegen, mehr gelten;
sich prävalieren (kaufmännisch), sich vorweg in der Auslage der Valuta decken, Spesen
nachnehmen; davon das Hauptwort Prävalation;
prävalént, vorwiegend u. s. w.
Prävarikation (lat.), nach röm. Recht das Vergehen eines Anklägers, welcher den eines öffent-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 365.