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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Provisionsreisender - Prozent

Forderungen jenes Gesetzes aufzugeben genötigt war. Festgehalten werden jedoch: deutsche Staatsangehörigkeit, deutsches Gymnasium, deutsche Universität oder ein staatlich anerkanntes Priesterseminar und bürgerlich und staatsbürgerlich tadelloser Wandel. Die P. ist dem Oberpräsidenten anzuzeigen, welcher wegen mangels eines der gesetzlichen Erfordernisse Einspruch erheben kann, über welchen in höherer Instanz der Kultusminister definitiv entscheidet. Hierauf hat man nach schweren Kämpfen in Preußen sich vereinigt und analog sind die Verhältnisse auch in andern deutschen Staaten geordnet, nur in Bayern insofern wesentlich strenger, als dort der Staat eine direkte Teilnahme am theol. Examen, ja dessen Leitung beansprucht.

Im Handel heißt P. die Gebühr, welche ein Kaufmann für Besorgung von Geschäften oder für andere Dienstleistungen einem andern berechnet. Das Allg. Deutsche Handelsgesetzbuch erwähnt sie allgemein in Art. 290. Besonders wichtig ist sie im Kommissionsgeschäft, wo sie auch wie in Frankreich und England, als Kommission bezeichnet wird. Sie wird hier gewöhnlich nach Prozenten vom Werte des Gegenstandes berechnet und richtet sich in der Höhe nach Übereinkommen oder Usanz. Das Gleiche gilt von der P. des Agenten (s. d.). Die Speditionsprovision dagegen bestimmt sich, wenn sie überhaupt gesondert zum Ausdruck kommt, nach dem Bruttogewicht der beförderten Waren. Über die P. des Maklers s. Courtage. In der franz. und engl. Handelssprache bedeutet P. soviel wie Deckung (s. d.)

Provisionsreisender, s. Agent und Handlungsreisender.

Provīsor (lat.), Verwalter, Verweser; in Apotheken Titel des ersten Gehilfen.

Provisōrisch (lat.), vorläufig, für die Zeit bis zur endgültigen Regelung geltend; Provisorĭum, ein vorläufiger Rechtszustand oder eine vorläufige Einrichtung.

Provisorische Befestigung, Behelfsbefestigung, eine Befestigung, die im Gegensatz zur Permanenten Befestigung (s. d.) mehr für kürzere Dauer und einen besondern Zweck errichtet wird. Sie dient: 1) zur schleunigen Vollendung im Bau begriffener Teile der Hauptumwallung oder selbständiger Werke, um den völligen Schluß der Umwallung und die Sturmfreiheit des Platzes herzustellen. Alle schußsichern Räume beschränkt man auf das Notwendigste; 2) zum Neubau vorgeschobener Werke an solchen Punkten, deren Besitz dem Angreifer von großem Vorteil sein könnte, die im Frieden aber aus ökonomischen oder andern Gründen nicht befestigt waren; 3) zur Erbauung von Unterkunftsräumen für Truppen, Munition und Vorräte oder zur zweckmäßigen Einrichtung von Privatgebäuden für diese Zwecke; 4) zur Anlage festungsähnlicher Stützpunkte, deren Zweckmäßigkeit sich aus der strategischen Gesamtlage ergiebt. (S. auch Feldbefestigung.)

Provisorische Centralgewalt, s. Centralgewalt und Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 188 b).

Provisorium (lat.), s. Provisorisch.

Proviverra, s. Kreodonten.

Provokation (lat.), Aufforderung, Herausforderung, Anreizung, in der ältern Rechtssprache zunächst gleichbedeutend mit Appellation; später verstand man darunter auch eine Klage, wodurch ein anderer (Provokāt) aufgefordert wurde, einen Anspruch binnen einer gewissen Frist gerichtlich geltend zu machen, entweder weil er sich dieses Anspruchs wider die Wahrheit berühmte, oder weil dem Provokánten dagegen Einreden zustanden, die mit der Zeit ihre Wirksamkeit verlieren konnten. Dem Provokaten wurde, wenn er die Klage nicht erhob oder den Beweis nicht führte, im erstern Fall ein ewiges Stillschweigen auferlegt, während im zweiten die Einrede eine bleibende Dauer erlangte. Dies Verfahren hieß früher Provokationsprozeß. Derselbe ist jetzt ersetzt durch die Feststellungsklage (s. d.). – In anderm Sinne bezeichnet man mit P. auch eine Anreizung, Herausforderung, besonders zum Duell.

Provokatōrisch (lat.), herausfordernd, zu Kundgebungen in Wort oder That anreizend.

Provŏst (engl., vom lat. propositus, Vorgesetzter), in England Titel höherer kirchlicher Würdenträger, sowie der Vorsteher von Colleges an verschiedenen Universitäten; in Schottland Titel der Magistratsvorsteher, von denen einige den Titel Lord P. führen.

Provozieren (lat.), etwas hervorrufen, veranlassen; jemand zu etwas reizen, anreizen, herausfordern. (S. Provokation.)

Provveditōre (ital.), früher Titel der Verwaltungsvorstände in den Venedig unterstehenden Gebieten; P. commune hieß der Leiter der Polizei in der Stadt Venedig. Ferner war P. Titel der Kriegszahlmeister der Republik, unter denen der P. del Mare, der Intendant der Flotte, eine bedeutende Stellung an der Seite der Admirale einnahm. P. (agli studi) ist jetzt der Titel des ital. Provinzialschulrats, der direkt dem Regierungspräsidenten (prefetto) untersteht.

Proxenēt (grch.), Mäkler; Proxenetĭkum, Mäklerlohn.

Proxĕnie (grch.), nach altgriech. Staatsrecht eine Einrichtung, die man etwa mit unserm Konsulat vergleichen kann. Proxĕnos einer Gemeinde war der zum Staatsgastfreund ernannte, mit Wahrnehmung der Interessen dieser Gemeinde (Aufnahme von Gesandtschaften, Vertretung in der Volksversammlung) beauftragte Bürger einer andern Gemeinde. Er genoß in der Stadt, die er vertrat, besondere Ehrenrechte. Die P. ist bereits aus dem 7. Jahrh. v. Chr. bezeugt, ihre polit. Bedeutung verlor sie aber schon vom 4. Jahrh. an und wurde zum reinen Ehrentitel. – Vgl. Monceaux, Les proxénies grecques (Par. 1886).

Proxĭmus (lat.), der Nächste; proximo (mense), im nächsten Monat.

Proz., Abkürzung für Prozent.

Prozent (vom lat. pro centum; in Österreich Percent; frz. pour cent; engl. per cent), d. i. vom Hundert; in der Chemie, Physik, Statistik, bei der Besteuerung, im Rechtsverkehr ist es üblich, die Einheit, von welcher Teile zu berechnen und zu bezeichnen sind, auf 100 anzusetzen, so daß die Teile statt in Brüchen in ganzen Zahlen oder in Zahlen mit Brüchen oder in größern Brüchen dargestellt werden. Z. B. es werden 3 P. (%) vom Einkommen als Steuer erhoben, also auf jede 100 M. Einkommen 3 M. Steuern; oder es werden 3½ P. des Kapitals als Zinsen für das Jahr gezahlt u. s. w. Auch der Kurs (s. d.) von Wechseln und andern Wertpapieren wird meist in P. notiert. Ebenso werden im Handel gewisse Gebühren und Abzüge, wie Provision, Courtage, Diskont u. s. w., meistens nach P. vom Werte