Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

518

Pupillin - Purcell

Pupillin (spr. püpĭläng), Weinort bei Arbois (s. d.).

Pupipāren, s. Lausfliegen.

Puppe oder Chrysalis, Bezeichnung für die Insekten mit vollkommener Metamorphose in der Periode, in der sie ruhen und nicht fressen und aus der sie nach kürzerer oder längerer Zeit sich in das vollkommene Insekt verwandeln. Ruhende P. besitzen die Käfer (so der Maikäfer, s. Tafel: Schädliche Forstinsekten Ⅰ, Fig. 10c, Bd. 6, S. 998), ferner die Hymenopteren (so die Johannisbeerblattwespe, s. Tafel: Insekten Ⅱ, Fig. 18b), die meisten Dipteren, Schmetterlinge und die eigentlichen Netzflügler. Die P. ist bald nur mit einer feinen Haut bekleidet (Bienen), die alle Organe sehen läßt, bald eckig und nur mit geringen Andeutungen der Körperteile (Schmetterlinge), bald gänzlich in ihrer Gestalt von derjenigen des Insekts oder seiner Larve verschieden (Dipteren). Häufig ist sie von einem Gespinst oder Cocon umschlossen (Ameisen, Spinner, z. B. beim Kiefernspinner, s. Tafel: Schädliche Forstinsekten Ⅱ, Fig. 2d), in andern Fällen ist sie jedoch nackt. Die Puppenruhe ist von sehr ungleicher Dauer, von wenigen Tagen bis zu Monaten und Jahren. Während dieser Zeit wird der Bildungsstoff, der durch die fressende Larve angehäuft wurde, zur Ausbildung der äußern und innern Organe, ganz besonders aber derjenigen der Flügel, der Beine und der Fortpflanzungsorgane verwendet, indem dabei die Gewebe des Larvenkörpers größtenteils einen Zerfall (Histiolyse) erleiden können. Aus dieser organischen Masse legt sich dann in der P. der Leib des definitiven Insekts an und entwickelt sich aus derselben weiter. Eine scharfe Grenze zwischen ruhenden und beweglichen P., die man speciell mit dem Namen Nymphen belegt, existiert nicht. Viele sonst ruhende P. bewegen sich lebhaft, wenn sie gereizt werden, andere schwimmen, wie manche der Mücken, oder kriechen sogar umher; so steigen z. B. die P. der Glasschwärmer (Sesia) gegen das Ende ihres Puppenlebens aus dem Innern der Baumstämme an die Öffnung ihrer Röhren, die sich an der Rinde finden, empor, und zwar mit Hilfe von Kränzen nach hinten gerichteter Haken, die sich an den Hinterleibsringen befinden.

Puppen (Getreidepuppen), s. Ernte.

Puppengebärer, s. Lausfliegen.

Puppenräuber (Calosoma), ein Geschlecht ansehnlicher Laufkäfer, dessen 80 Arten über die ganze Erde verbreitet, aber im Norden der Alten und Neuen Welt am zahlreichsten sind. Die größte einheimische Art (Calosoma sycophanta L.) ist bis gegen 30 mm lang, auf den Flügeldecken lebhaft smaragdgrün und kupferrot schillernd. Der Käfer klettert mit Vorliebe auf Bäume und ist ein Hauptfeind gesellig lebender Raupen, besonders der des Prozessionsspinners, wodurch er sehr nützlich wird.

Puppenspiel, in Deutschland eine Bühnendarstellung, in der die Schauspieler durch Gliederpuppen ersetzt werden. Die P. gehören lediglich, wie die franz. Marionetten (s. d.), der Volksbühne an und sind meist burlesken Inhalts. Ihre Blütezeit fällt in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege; erhalten haben sie sich bis in den Anfang des 19. Jahrh. Ein Lieblingsstück des Puppentheaters war das P. von «Doktor Johannes Faust» (hg. von Simrock, Frankf. 1846), das schon Lessing bearbeitete und aus dessen Anregung auch Goethes «Faust» hervorgegangen ist. Engel veröffentlichte eine Sammlung alter deutscher P. u. d. T. «Deutsche Puppenkomödien» (12 Tle., Oldenb. 1873‒93); andere Sammlungen sind von Kralik und Winter («Deutsche P.», Wien 1885) und Kollmann («Deutsche P.», Heft 1, Lpz. 1891). ^[Spaltenwechsel]

Pupper, Johann, der eigentliche Name von Johannes von Goch (s. d.).

Pur (lat.), rein, lauter, unvermischt.

Pur (Pura), im Indischen soviel wie Stadt, daher vielen Ortsnamen angehängt.

Puracé, beständig rauchender Vulkan in der Republik Columbia, in der mittlern Andenkette, östlich der Stadt Popayan im Departamento Cauca, ist 4700 m hoch. Im Aug. 1878 fand der letzte Ausbruch statt.

Purāṇa, Name einer Klasse altind. Werke. P. bedeutet «alt» und nach einem alten versus memorialis sollen die P. fünf Gegenstände behandeln: Kosmogonie, Wiederschöpfung, d. h. Zerstörung und Erneuerung der Welten, Genealogie der Götter und Vorfahren, Manu-Zeiträume, d. h. die Beschreibung bestimmter großer Perioden, denen je ein Manu mit seinen Göttern und sieben Weisen vorsteht, und die Geschichte der alten Dynastien. Die uns unter dem Namen P. erhaltenen Werke stimmen zu dieser alten Definition nur sehr schlecht, die meisten gar nicht. Sie dienen Sektenzwecken, namentlich der Ḉiva- und Vishṇuverehrung, und an Stelle der alten Mythen sind meist kirchliche Legenden getreten; theol. Belehrungen, religiöse Vorschriften, philos. Betrachtungen nehmen die Stelle alter histor. Überlieferung ein. Ihre Zahl ist 18; eine ebenso große Zahl von Unter-Purāṇa (Sanskrit upapurāṇa) wird genannt. Die wichtigsten P. sind das Vishṇupurāṇa (hg. Bombay 1867; neueste Aufl. 1887), übersetzt von Wilson (2. Aufl., besorgt von Hall, 5 Bde., Lond. 1864‒70; Bd. 6‒10 der «Works of H. H. Wilson»); das Vāyupurāṇa, hg. von Rājendralāla Mitra (Kalkutta 1880‒88) und das Mārkaṇḍēyapurāṇya, hg. von Banerjea (ebd. 1855‒62). Eine Übersetzung desselben hat Pargiter begonnen (Kalkutta 1888 fg.). Eine Analyse sämtlicher P. hat Wilson geliefert in der Einleitung zu seiner Übersetzung des Vishṇupurāṇa.

Purbeck (spr. pör-), eine dem obersten Malm (s. d.) oder Weißen Jura angehörige Schichtreihe, die in brackischem Wasser zur Ablagerung gelangte; sie findet sich in Südengland und in Hannover.

Purbeck, Isle of (spr. eil ŏf pörbeck), Halbinsel an der Südküste Englands, in der Grafschaft Dorset, ist 19 km lang, bis 12 km breit, erreicht eine Höhe von 200 m. In der Mitte erhebt sich Corfe Castle; an der Ostküste liegt Swanage. P. ist berühmt durch seine Kalksteinbrüche (Purbeck Marmor) und seinen Töpferthon.

Purcell (spr. pörßĕl), Henry, engl. Komponist, geb. 1658 in London, wurde 1676 Organist an der Westminsterabtei und 1682 Organist der Hofkapelle oder der königl. Kirchenmusik. Er starb 21. Nov. 1695. P. besaß eine erstaunliche Fruchtbarkeit in allen Zweigen der Komposition. Zu den Cäcilienfesten, die von 1683 an alljährlich in London gefeiert wurden, schrieb P. die erste Ode und 1694 sein berühmtes Tedeum nebst Jubilate. Schon 1675, in seinem 17. Jahre, komponierte er die kleine Oper «Dido und Äneas», und in den nächsten zwanzig Jahren die Musik für 38 Theaterstücke, teils ganze Opern, größtenteils indessen musikalische Scenen aus Schauspielen und Zwischenaktsmusiken. Von einem dieser Werke («Dioclesian» oder «Die Prophetin», 1690) erschien die Musik damals voll-^[folgende Seite]