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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rom

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Rom (das moderne)

artillerie, der Militärstrafanstalten, der Infanteriebrigaden "Casale", "Umbria" und "Ancona", der Territorialdirektionen für die Artillerie, des Geniekorps, der Generalkommandos der Carabinieri, der Inspektorate und Generalinspektorate für die verschiedenen Waffengattungen, die Waffenfabrikation und das Militärsanitätswesen. Ferner ist R. Sitz des Papstes, des Kardinalkollegiums und der päpstl. Behörden und Anstalten.

Unterrichts- und Bildungswesen. Die öffentlichen Unterrichtsanstalten sind seit 1870 völlig neu organisiert worden. Die Universität ist 1303 durch Papst Bonifacius VIII. gestiftet. Während des Aufenthalts der Päpste in Avignon bestand sie in R. weiter, verfiel aber trotz mehrfacher Reorganisationen. Alexander VI. sorgte für dieselbe durch den Bau der Sapienza, die Leo X. und Sixtus V. erweiterten und Alexander VII. vollendete. Seit 1830 war die Universität in Specialschulen geteilt, seit 1870 hat sie eine philos., mathem.-naturwissenschaftliche, jurist. und mediz.-chirurg. Fakultät, ferner eine Ingenieurschule (Regia scuola d'applicazione per gl'ingegneri), pharmaceutische Schule, eine Schule für Archäologie, Abteilung für wirtschaftliche Verwaltungsfächer, Kurse für Notare, Prokuratoren und Hebammen. Die Zahl der Studierenden und Hörer betrug (1893/94) 1752. Zur Universität gehören eine Bibliothek (Biblioteca Alessandrina, 1667 von Alexander VII. gestiftet), ein astron. Observatorium, eine Zeichenschule, zahlreiche Sammlungen, Laboratorien und Kliniken. Ferner bestehen ein Collegium urbanum pontificium de propagande fide, 1627 von Urban VIII. zur Heranbildung von Klerikern, besonders aus dem Orient, gestiftet, mit philos. und theol. Fakultät, die Pontificia Accademia dei nobili ecclesiastici zur Vorbereitung auf Verwaltung und diplomat. Laufbahn, ein Collegio Germanico-Ungarico, ein (jesuitisches) Collegio Romano, zwei Collegii Teutonici, ein Collegium bohemicum, in welches aus Böhmen Alumnen zur höhern Ausbildung von ihren Bischöfen entsendet werden, ein griech-ruthen. Kollegium, 1577 von Gregor XIII. gestiftet, eine königl. weibliche Hochschule zur Ausbildung von Lehrkräften für die weiblichen Mittelschulen, eine Kunstschule für Baumeister und bildende Künstler, ein Konservatorium der Musik, vier staatliche Obergymnasien (Licei), je sieben staatliche Realschulen (Scuole tecniche) und staatliche Untergymnasien (Ginnasi), ein Untergymnasium für Mädchen, eine Oberrealschule (Istituto tecnico Leonardo da Vinci), fünf staatliche höhere Mädchenschulen, 47 Elementarschulen für Knaben und Mädchen, Abend- und Sonntagsschulen, Schulen für Landwirtschaft, gewerblichen Unterricht (mit dem Kunstgewerbemuseum verbunden), für Eisenbahn-, Post- und Telegraphenunterbeamte, Handarbeitsschulen sowie andere Schulen, Alumnate u. a., teils unter weltlicher, teils unter geistlicher Leitung, ferner ein Collegio Rabbinico und ein Istituto Talmud-Tora. Verschiedene prot. Denominationen haben seit Eintritt der Kultusfreiheit 1870 Schulen in R. begründet.

Zahlreich sind die Akademien und ähnliche Institute für Kunst und Wissenschaft. Die 1603 gegründete Accademia dei Lincei wurde 1870 umgewandelt zur Königlichen Akademie der Wissenschaften (mit einer physiko-mathem. Klasse und einer Klasse der moralischen Wissenschaften); daneben besteht, vornehmlich für Naturwissenschaften, die Accademia Pontificia dei Nuovi Lincei. Ihrer Gründung nach gehen in die päpstl. Zeit ferner zurück die Accademia degli Arcadi (gestiftet 1690), die Accademia Tiberina (1813), die Accademia Pontificia di archeologia, die Congregazione artistica dei Virtuosi al Panteon (1543), die (jetzt königliche) Accademia di San Luca (erneuert 1577), die Società degli amatori e cultori di belle arti (1829). Nach 1870 sind zahlreiche wissenschaftliche Vereinigungen begründet; so die Società romana di storia patria, die Accademia medica, die Società geografica, das Istituto storico italiano, die Associazione artistica fra i cultori di architettura, die Società degli ingegneri e degli architetti.

Von auswärtigen Staaten werden in R. wissenschaftliche und künstlerische Institute unterhalten: das kaiserl. Deutsche Archäologische Institut (s. d.), 1829 gegründet; das preuß. Historische Institut (s. d.) seit 1888; das Institut für österr. Geschichtsforschung (1883); die École française (für Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte, seit 1873) und die Académie nationale de France (für bildende Künste, seit 1666); die Spanische Kunstakademie (1881); die Belgische Kunstakademie (1876). Der Deutsche Künstlerverein, 1844 gegründet, mit einer Bibliothek, ist auch geselliger Vereinigungspunkt für alle Deutschredenden; außerdem besteht seit 1870 ein internationaler Künstlerverein.

Unter den Bibliotheken sind die bedeutendsten: die Biblioteca Apostolica Vaticana (s. Vatikanische Bibliothek); die staatliche Biblioteca Vittorio Emanuele, 1875 gegründet, zuerst durch Vereinigung der Bibliotheken der aufgehobenen Klöster (über 550000 Bände, 5000 Handschriften); ebenfalls unter Staatsverwaltung die Biblioteca Casanatense im ehemaligen Kloster von Sta. Maria sopra Minerva (160000 Bände, 15000 Handschriften); Biblioteca Angelica, im ehemaligen Kloster von Sant' Agostino (150000 Bände, 3000 Handschriften); Alessandrina (Universitätsbibliothek, über 150000 Bände); Biblioteca Vallicelliana (unter Aufsicht der Società romana di storia patria), im Kloster der Oratorianer bei Chiesa nuova (29000 Bände, 2500 Handschriften); Biblioteca Corsiniana (50000 Bände, 3000 Handschriften), jetzt Eigentum der Accademia dei Lincei, mit der größten Kupferstichsammlung Italiens (138000 Blätter). Im Privatbesitz sind Biblioteca Barberina (60000 Bände, 10000 Handschriften), Biblioteca Chigiana (30000 Bände, 3000 Handschriften). Specialbibliotheken sind: die Biblioteca dell' Accademia di Santa Cecilia (70000 musikalische Werke), die Biblioteca Lancisiana, im Hospital Santo Spirito (24000 Bände mediz. Inhalts), Biblioteca Romana-Sarti (15000 Bände, für Kunstgeschichte und Archäologie, der Accademia di San Luca gehörig). Gering ist die Entwicklung der Volksbibliotheken; die bedeutendste ist die Biblioteca Frankliniana (14000 Bände).

Neben das altberühmte Vatikanische Archiv, dessen Schätze dank der Liberalität des Papstes Leo XIII. der wissenschaftlichen Benutzung erschlossen sind, ist nach 1870 das Staatsarchiv getreten, welches aus den Archiven der aufgehobenen geistlichen Institute gebildet ist und seinen Sitz im Kloster von Sta. Maria di Campo Marzio hat.

Keine Stadt der Welt kann sich an Zahl und Mannigfaltigkeit der in ihren Mauern vereinigten Kunstschätze mit R. vergleichen. An der Spitze stehen die großen päpstl. Museen des Vatikans (s. d.) und