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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Römische Kunst

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Römische Kunst

wunderten sog. Torso vom Belvedere des Künstlers Apollonios und die im Louvre befindliche sog. Germanicusstatue des Kleomenes. Wie diese Künstler, so sind auch Glykon, der die berühmte Statue des Farnesischen Herakles (s. d. und die Textfigur beim Artikel Herakles) in Anlehnung an ein älteres, wahrscheinlich aus dem Ende des 4. Jahrh. stammendes Original geschaffen hat, und Antiochos, der Verfertiger einer im Museo Buoncompagni zu Rom befindlichen Kopie der Athena Parthenos des Phidias, geborene Athener. Auch Apollonios, von dessen Hand eine in Herculanum gefundene Bronzekopie vom Kopfe des Polykletischen Doryphoros herrührt, Avianus Euander, Diogenes, der Karyatidenstatuen für das Pantheon des Agrippa gearbeitet hat, Salpion und Sosibios von Athen gehören in diesen Kreis. Dieselbe eklektische Richtung tritt noch einmal in Hadrianischer Zeit ähnlich stark hervor und zieht nicht nur griech., sondern auch ägypt. Vorbilder in ihr Bereich. Sie gelangt in dieser Nachblüte noch zu einer Art Originalschöpfung in der Gestaltung des Antinousideals (s. Antinous), original freilich nicht in ganz strengem Sinne; denn auch hier klingt die griech. Kunst im Bewegungsmotiv und in der formalen Bildung des Körpers durch. - Vgl. Bernoulli, Röm. Ikonographie, I und II (Stuttg. 1882-94); Denkmäler griech. und röm. Skulptur, unter Leitung von Heinr. Brunn hg. von Friedr. Bruckmann (in Phototypien, Münch. 1888 fg.); Brunn und Arndt, Griech. und röm. Porträte (mit Tafeln, ebd. 1892 fg.).

3) Malerei. Wie nach Etrurien, so sind in früher Zeit griech. Maler nach Rom gelangt. So haben Damophilos, der Lehrer des Zeuxis, und Gorgasos den 493 v. Chr. gebauten Tempel der Ceres mit Wandmalereien geschmückt. Auch aus den folgenden Jahrhunderten berichtet die Überlieferung über die Thätigkeit einzelner griech. Maler in Rom. Aber es ist unbekannt, ob diese fremden Künstler auf die einheimischen Maler Einfluß geübt haben oder nicht. Denn von Werken aus dieser Zeit ist nichts erhalten, und nur das Gegenständliche der Malereien ist durch litterar. Nachrichten überliefert. Danach waren es hauptsächlich histor. Stoffe, die zur Darstellung gelangten. Bilder, die die Triumphe der Feldherren schmückten, schilderten die geschlagenen Schlachten und die eroberten Länder. So wurde nach der Einnahme Karthagos ein Plan der Stadt mit den Hauptscenen der Belagerung auf dem röm. Forum ausgestellt. (Vgl. Urlichs, Die Malerei in Rom vor Cäsars Diktatur, Würzb. 1876.) Anders gestalteten sich die Verhältnisse von der Zeit an, als Rom durch seine Kriege im Orient mit der griech. Kultur in unmittelbare Berührung trat. Wie mit den berühmtesten plastischen Werken, so füllte sich Rom nun mit den Meisterwerken der größten griech. Maler, was nicht ohne Einfluß auf die dortigen einheimischen Maler geblieben sein kann. Wie man die Skulpturwerke massenhaft kopiert hat, wird man auch vom Kopieren der ältern Tafelbilder nicht abgestanden haben. Als Ersatz derselben bot sich leicht die Nachahmung auf der Wandfläche in Freskotechnik dar. In dieser Technik ließ sich aber wegen des raschen Eintrocknens des Grundes weder im Kolorit noch in der Zeichnung eine getreue Wiedergabe des Originals erreichen. Die röm. Malerei ist allerdings keineswegs auf die Freskomalerei beschränkt, wohl aber alles, was von ihr erhalten ist. (S. Tafel: Römische Kunst III, Fig. 6 u. 7.) Die Güte dieses Erhaltenen, das aus Rom, Herculanum, Stabiä und besonders aus Pompeji in außerordentlich reicher Menge auf uns gekommen ist, ist sehr verschiedenartig. Die ältesten Funde, die man in Rom an Wandmalerei gemacht hat, gehen in den Anfang des 16. Jahrh. zurück; sie haben Raffael die Vorbilder für die Dekoration der Loggien geliefert. Seitdem sind von Zeit zu Zeit immer neue Funde hinzugetreten. Unter diesen Stücken nehmen die 1848 zu Tage gekommenen Odysseelandschaften vom Esquilin (farbige Abbildungen bei Woermann, Die antiken Odysseelandschaften, Münch. 1875), die einen hohen Begriff von der antiken Landschaftsmalerei geben, sowohl was koloristische Stimmung als was Auffassung anlangt, und das berühmte Bild der sog. Aldobrandinischen Hochzeit (s. d.) die erste Stelle ein. Weniger bedeutend in der Größe der Komposition, aber ebenfalls hervorragend in der künstlerischen Behandlung sind die aus jüngern Funden stammenden Wandmalereien aus der Villa der Livia bei Primaporta (Gartenmotiv), vom Palatin und aus einem Hause in den Gärten der Farnesina. Auch die aus Neronischer Zeit stammenden Dekorationen in den unter den Thermen des Titus liegenden Räumen (abgebildet bei Pietro Sante Bartoli, Picturae antiquae Cryptarum Romanarum, Rom 1738; 3. Aufl. 1791; Mirri, Le antiche camere delle Terme di Tito e le loro pitture, ebd. 1776) gehören zu den besten in ihrer Art. Während diese Bilder nur ganz vereinzelte Reste des einst in Rom Vorhandenen sind, liegt in den Pompejanischen Gemälden ein zusammenhängendes und in seiner Art vollständiges Material vor, das einen Überblick über die Entwicklung der Malerei innerhalb eines größern Zeitraums, nämlich vom 1. Jahrh. v. Chr. an bis zur Verschüttung der Stadt 79 v. Chr., ermöglicht. Es sind deutlich Verschiedenheiten im Kolorit und in der zeichnerischen Behandlungsweise zu erkennen, indem die aus der ersten größern Hälfte dieses Zeitraums stammenden Bilder eine mattere Tönung, einen einfachern Farbenauftrag und eine strengere Zeichnung haben, während den aus den letzten Jahren herrührenden eine freiere, leichtere Ausführung, ein wärmeres, leuchtendes Kolorit und eine weniger flächenhafte, häufig pastose Farbenbehandlung eigentümlich ist. Die erstern Bilder erinnern auch in ihrer Komposition vielfach an ältere griech. Werke. In ihnen zeigt sich eine ähnlich eklektische Richtung, wie sie in der Plastik der Augusteischen Periode hervortritt. Diese Richtung bat in Pompeji bis zum J. 63 n. Chr. geherrscht, als ein großer Teil der Stadt durch ein Erdbeben zerstört wurde. Nach der Zerstörung fand ein Wiederaufbau statt, und es waren viele Kräfte nötig, um die neuen Häuser mit neuem Schmuck zu versehen. Man zog Maler von auswärts herbei, und diese brachten einen neuen Stil mit, der dem der Malereien in den Neronischen Gemächern der Titusthermen in Rom gleichartig ist und der sich vermutlich im Zusammenhange mit den großen Aufgaben, die an die Dekorationsmaler nach dem Brande Roms und durch die Baulust des Kaisers gestellt wurden, entwickelt hat. Die Bilder der beiden verschiedenen Arten unterscheiden sich nicht nur in der Technik, sondern bis zu einem gewissen Grade auch in den Gegenständen voneinander. Während die frühern wie es scheint auch ihre Stoffe nicht selten der griech. Kunst des 5. und 4. Jahrh. v. Chr. entlehnen, spricht sich in den letztern mehr der Charakter der Alexandrinischen Kunst (s. d.) aus, in der Vorliebe für das Idyll, für sentimentale ero-^[folgende Seite]