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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rossiény; Rossigkeit; Rossini

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Rossieny - Rossini

und 1839 Pair von Frankreich. Später zum Grafen erhoben, legte er sein Lehramt nieder, trat 1840 in den Staatsrat, ward 1845 Gesandter an der Kurie, wo er insbesondere in der Jesuitenfrage geschickt vermittelte. Bei Pius Ⅸ., dessen Wahl er gefördert hatte, außerordentlicher Gesandter, ward er von der republikanischen Regierung Frankreichs abgesetzt, aber unmittelbar darauf von Bologna als Vertreter der gemäßigten, nationalen und liberalen Anschauungen in die röm. Kammer gewählt. Nach Mamianis Sturz von Pius Ⅸ. 14. Sept. 1848 mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt, übernahm er selbst das Innere und vorderhand auch Polizei und Finanzen, wurde aber schon nach zwei Monaten, 15. Nov. 1848, auf der Treppe zur Cancelleria, dem damaligen Kammergebäude, erdolcht. R. ist Verfasser bedeutender rechts- und staatswissenschaftlicher Werke: «Traité du droit pénal» (3 Bde., Par. 1829; 2. Aufl. 1855), «Cours d’économie politique» (2 Bde., ebd. 1839–41; 5. Aufl., von Porée, 4 Bde., ebd. 1884), «Traité du droit constitutionnel français» (2 Bde., ebd. 1839); sehr bemerkenswert ist auch seine Einleitung zu Malthus’ «Essai sur le principe de population» (ebd. 1845) und seine Bemerkungen zu Ricardos «Œuvres complètes» (ebd. 1847). – Vgl. Garnier, Notices sur la vie et les travaux de R. (Par. 1849); J. Hübner-Saladin, R. en Suisse de 1816–33 (ebd. 1849); Franc. Bertolini, Rossi nella storia del risorgimento italiano (Bologna 1889, und in den «Memorie critiche del risorgimento italiano», Mail. 1889); H. d’Ideville, L’ambassade du comte R. et les débuts du pontificat de Pius Ⅸ (Par. 1885); ders., L’assassinat du comte P. R. (ebd. 1885).

Rossiény. 1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Kowno, im SW. an Ostpreußen grenzend, im Gebiet des Niemen und seiner Zuflüsse Dubissa, Swenta, Jura u. a., hat 6474,2 qkm, 241000 E., meist Litauer; Ackerbau, Fuhrwesen, wenig Industrie. – 2) R., litauisch Rosejnej in deutschen Chroniken Rossigen, Ruschigen und am häufigsten Rasseyne, Kreisstadt im Kreis R., an der Rossienka, hat (1894) 11967 E., meist Juden, 1 russ., 1 kath., 1 evang. Kirche, 6 israel. Betschulen; Handel über Jurburg und Tauroggen nach Preußen.

Rossigkeit, der bis zur erfolgten Befruchtung periodisch wiederkehrende gesteigerte Geschlechtstrieb bei der Stute.

Rossini, Gioachino Antonio, ital. Opernkomponist, geb. 29. Febr. 1792 zu Pesaro in den Marken (daher «der Schwan von Pesaro» genannt), kam als Kind nach Bologna, wo seine Mutter am Teatro Civico als Primadonna buffa Engagement fand. Hier studierte er Musik und machte sich seit 1810 durch eine Anzahl von Opern, wie «Tancredi» und «L’Italiana in Algeri», die er für Venedig komponiert hatte, schnell berühmt. Er nahm 1815 ein Engagement für Neapel als Musikdirektor und Compositeur beim Impresario Barbaja an. 1816 ging zu Rom das Meisterstück seiner Jugend, der heitere «Barbiere di Seviglia» erst unter Zischen, bei der nächsten Aufführung mit großem Applaus über die Bühne. Hieran reihten sich 1816 noch die hübsche Buffooper «La Gazzetta» und «Otello» (Neapel), 1817 «La Cenerentola» (Rom), «La gazza ladra» (Mailand) und «Armida» (Neapel), 1818 «Adelaida di Borgogna» (Rom), «Mosè in Egitto» (Neapel), «Adina, o il califfo di Bagdad» (Lissabon) und «Ricciardo e Zoraide» (Neapel), 1819 «La donna del lago» (Neapel) und «Ermione», 1820 «Bianca e Faliero» (Mailand) und «Maometto secondo» (Neapel), 1821 «Matilda di Shabran» (Rom) und «Zelmira» (Neapel). ^[Spaltenwechsel]

Infolge der Revolution von 1821 verließ der Impresario Barbaja auf einige Zeit Neapel und wandte sich mit seinen besten Kräften nach Wien, wo auch R. Ende 1821 anlangte. Auf dem Wege dahin hatte er sich mit Barbajas Primadonna Isabella Colbrand (gest. 1845) verheiratet. In Wien wurden R. und seine Werke vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommen, und seine Opern machten einen um so größern Eindruck, weil sie durch Barbajas Truppe in der vollendetsten Weise ausgeführt wurden. In Venedig brachte er 1823 «Semiramide» zur Aufführung, die nur eine laue Aufnahme fand, was ihn bestimmte, fortan nichts mehr für Italien zu komponieren. Im Nov. 1823 ging er über Paris nach London, führte darauf die Direktion der Italienischen Oper in Paris anderthalb Jahre ohne Erfolg, brachte auch während dieser Zeit nur die Gelegenheitsoper «Il viaggio a Reims» (1825 zur Krönung Karls Ⅹ.) als neues Werk zur Ausführung. Er erhielt sodann den Titel als erster Compositeur des Königs und Inspecteur du chant en France und widmete seine Thätigkeit fortan der Großen (franz.) Oper. Dies bewirkte bei ihm eine ähnliche Umwandlung, wie früher bei seinem Landsmann Piccini, dem Rivalen Glucks, indem er mehr als bisher auf das Dramatisch-Charakteristische sehen, seine Melodien schlichter und weniger üppig in den Fiorituren halten, die Orchester- und Chorkräfte zu größerer Bedeutsamkeit verwenden mußte u. s. w. Zunächst gestaltete er in dieser Weise zwei seiner ältern Opern um: «Maometto secondo» und «Mosè in Egitto», die 1826 und 1827 mit Erfolg über die Bühne gingen. Dann erst unternahm er die Komposition eines original-franz. Librettos, des «Comte Ory», der 1828 mit großem Beifall gegeben wurde. 1829 folgte «Guillaume Tell», neben dem «Barbier von Sevilla» sein bestes Werk, aber auch der Schlußstein seiner Thätigkeit als Opernkomponist. R. besaß die Überwindung, im Alter von noch nicht 40 J. sich mit den bis dahin errungenen Lorbeeren zu begnügen und mit dem Werke zu enden, das er wohl schwerlich überboten hätte. Später veröffentlichte er nur noch ein «Stabat mater» (1832; erweitert 1841) und verschiedene kleinere Kompositionen. Nach der Aufführung des «Tell» lebte er meist in Bologna, ging 1848 nach Florenz, 1855 wieder nach Paris, wo er 14. Nov. 1868 auf seinem Landsitze zu Passy starb. Seine Überreste wurden im Frühjahr 1887 von Paris, wo sie 1868 auf dem Friedhof Père-Lachaise beerdigt worden waren, nach Florenz gebracht und dort am 3. Mai in der Kirche Sta. Croce beigesetzt.

R. verlieh der ital. Oper frisches Leben. Er fand neue Formen, gab das frühere einfache (Secco-) Recitativ auf und setzte dafür durchkomponierte recitativische Scenen, was dann von Spätern bis zur modernen Gestalt der Oper weiter gebildet wurde. Seinen unmittelbaren Vorgängern gegenüber zeigte er sich blühender und geistreicher in der Melodik und Harmonik, glänzender und üppiger in der Orchestrierung sowie kräftiger und pointenreicher in der Rhythmik, war aber stilistisch und der Form und dem Geist der Dichtungen gegenüber viel nachlässiger als die Meister des 18. Jahrh. Hierdurch wirkte er auf die weitere Entwicklung der Oper verderblich.