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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen-Coburg-Gotha
weise zu den gesegnetsten Fluren Thüringens.
Hauptbeschäftigung ist die Landwirtschaft. Von der
Gesamtfläche kommen in Coburg 26 900, in Gotba
75 500 1^ auf Ackerland. 1892 betrug die Ernte-
fläche von Roggen 12 307, Weizen 11354, Gerste
12949,Kartoffeln10493,Hafcr149111i^;19118d^
waren Wiesen. Gebaut werden sämtliche Getreidc-
arten und Flachs, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Waid
(im Coburgischen); etwas Weinbau besteht in dem
coburg. Amt Königsberg. Garten- und Obstbau
sind allgemein (ersterer besonders im Gothaischcn)
verbreitet. 1892 wurden geerntet 17 057 t Roggen,
15 913 Weizen, 20159 Gerste, 120 393 Kartoffeln,
18 453 Hafer und 53141 t Niesenden. Die Vieh-
zucht ist bedeutend, besonders im Gothaischen, ab-
gesehen von der Rindvieh >ucht. Am 1. Dez. 1892
wurden gezählt 9211 Pferde, 61679 Stück Rind-
vieh, 58 069 Schafe, 71336 Schweine, 32 962 Ziegen
und 9380 Bienenstöcke. Die Waldungen bedecken
im Herzogtum Coburg 15 677 ka, in Gotba 41785 Iia.
In Coburg gehört der dritte Teil der Forsten dem
regierenden herzogt. Hause, in Gotha 75,7 Proz.
dem herzogl. gothaischen Gesamthause. Der Berg-
bau ist nicht bedeutend. In Gotha ist nnr der Bau
auf Braunstein (bei Elgersburg) und die Gewin-
nung von Trottoirplatten und Bruchsteinen er-
wähnenswert. Eine Saline besteht zu Ernsthall bei
Busleben (s. d.).
Industrie, Handel, Verkehrswesen. Der Ge-
werbsieiß erstreckt sich auf Fabrikation von Maschi-
nen und Maschinenteilen (Coburg und Gotha),
feuerfesten Geldschrünken in Gotha, Gewehren,
Stahl- und Eisenkurzwaren (Zclla und Mehlis),
Schlosserarbeiten (Kleinschmalkalden), Nähnadeln
in Ichtershansen; ferner von Porzellan-, Glas-
und Thonwaren (Gotba, Ohrdruf und Umgegend,
Grüfenroda, Gehlberg, Tambach, Elgersburg,
Coburg, Oslau), Epielwaren (besonders Ohrdruf,
Waltershausen, Gotha, Friedrichroda und Neu-
stadt), Papiermache (Manebach), Meerschaum-
waren (Ruhla), Weiden- und Nohrflechtwaren (Co-
burg und Sonnefeld). Von Wichtigkeit ist ferner die
Textilindustrie (Gotha, Waltershauseu, Cobnrg,
Friedrichroda, Untersiemau, Ohrdrnf), ferner die
Knopffabrikation (Gotha, Ohrdrnf und Umgegend),
Papierfabrikation (Gera, Tambach), die Herstellung
von Mühlsteinen in Crawinkcl sowie die Verarbei-
tung von Holz, namentlich die Zimmerei und
Schneidemühlen. Waltershausen liefert Marmor-
waren und Spritzenfchläuche, Hörselgau Schlauch-
wareu,NeudietendorfFifchbein,Siegellack, Zinnober,
Pfefferminzplätzchen und Aromatique. Die Lcder-
bereitung ist in beiden Herzogtümern, die Schuh-
warenfabrikation besonders in Gotha bedeutend,
ebenso die Wurst- und Fleischwarenfabrikation in
Gotha und Waltershauseu. Vorhanden sind mehrere
Branntweinbrennereien und zahlreiche Brauereien,
namentlich in Coburg. Zur Förderung des Han-
dels bchch^vIMvüe zu Gotha (s.d.). Das Herzog-
tum Coburg hat 516 km, Gotha 990 km Chausseen
und beide (1. April 1893) 257,00 km Eisenbahnen
(s. Deutsche Eisenbahnen, Bd. 4, S. 997).
Unterrichts- und Vildungswesen. Der geistigen
Ausbildung dienen die gemeinschaftliche Universität
zu Jena, die Gymnasien zu Coburg und Gotha und
das Progymnasium in Ohrdrnf, die Realschulen zu
Gotba, Coburq und Ohrdruf, die Erziehungsanstalt
zu Schnepfenthal (s. d.), eine höhere Handelsschule
und eine Handelslehranstalt in Gotha, die Schul-
lebrersenünare in Gotha und Coburg und ein
Lehrerinnenseminar in Gotha. Außerdem giebt es
zwei Baugewcrk- und Gewerbeschulen in Gotha und
Coburg, in letzterm befindet sich auch eiue Taub-
stummenanstalt. Wichtig sind ferner die reichen
herzogt. Sammlungen zu Gotha (s. d.) und Coburg
und eine Sternwarte in Gotha.
Verfassung und Verwaltung. Die beiden früher
getrennten Herzogtümer bilden jetzt vereint eine kon-
stitutionelle, im Mannsstamme des gleichnamigen
Hanscs nach dem Recht der Erstgeburt erbliche Mon-
archie. Die Verfassung ist vom 3. Mai 1852. Der
Landtag für Coburg besteht aus 11, der für Gotha
aus 19 indirekt auf 4 Jahre gewählten Abgeordneten.
Die 30 Abgeordneten bilden zugleich den gemein-
samen Landtag für S. Wahlberechtigt ist jeder
Staatsbürger im Alter von 25 I., der direkte
Steuern zahlt, zur Wählbarkeit ist das 30. Lebens-
jahr erforderlich. Die Verwaltung beider Herzog-
tümer wird von einem Staatsministerium geleitet,
welckcs in zwei Abteilungen zerfällt, von denen die
eine für die Angelegenheiten des Herzogtums Coburg,
die andere für die von Gotha bestimmt ist. An der
Spitze des Gesamtministeriums steht der Staats-
minister, der zugleich Vorstand der einen Abteilung ist.
Für die iuncre Verwaltung besteht ein Landratsamt
in Coburg, das Iustizamt in Königsberg in Franken
und im Gothaischen drei Landratsämter (Gotha,
Ohrdruf, Waltershausen). Den Landratsämtern
gleichgestellt sind die Magistrate der Immediat-
städtc Coburg, Neustadt, Rodach, Gotha, Ohrdruf
und Waltcrshausen. In kirchlicher Beziehung zer-
fallt das Herzogtum in 18 Ephorien und zwar 6 in
Coburg und 12 in Gotha, und 12 Kirchen- und
Schnlamter, von denen 6 im Coburgischen und 6
im Gothaischcn ihren Sitz haben. Das Herzogtum
Coburg gehört zum Landgericht Meiningcn. Das
Herzogtum Gotha hat ein Landgericht in Gotha; das
gemeinschaftliche Oberlandesgericht ist in Jena.
Als Glied des Deutschen Reichs hat das Herzog-
tum im Bundesrat eine Stimme, während es für
den Reichstag zwei Wahlkreise bildet (Coburg, Ab-
geordneter 1895: Vcckb, Hospitant der Freisinnigen
Voltspartei; Gotha: Bock, Socialdemokrat). Nach
der mit der königlich preuß. Negierung unter dem
6. Juni 1867 abgeschlossenen und unter dem 15. Sept.
1873 erneuerten 3Nilitärlonvention bilden die coburg-
gothaischen Truppcu gemeiusam mit denen von Mei-
ningen das 6. thüring. Infanterie-
regiment Nr. 95 und gehören mit
diesen der 22. Division und dem
11. Armeekorps (Cassel) an.
Das Wappen ist das allgemein
sächsische (fünf schwarze Balken in
goldenem Feld mit darübergelegtem
grünem Nautenkranz); das große
Wappen hat diefes Wappen im
Mittclschild, um dasselbe die Wap-
pen von Gotha (weiß und rot ge-
streifter Löwe in Blau), Meißen (fchwarzcr Löwe in
Gold), Hcnncbcrg (fchwarze Henne anf grünem Berg
in Gold) und Coburg (goldener Löwe in Schwarz).
Außer dem genieinsamen Ernestinischen Hausordm
(s. d.) besteht noch das Verdienstkreuz und die Ver-
dienstmedaille für Kunst und Wissenschaft und eine
Medaille für weibliches Verdienst. Die Land es-
färben sind Grün und Weiß.
Finanzen. Die Staatsschuld betrug (1. Juli
1393) in Coburg 3 151584, in Gotha 146558 M.,