Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

228
Salpetersäureanhydrid - Salpi
Säure möglichst schnell außer Berührung mit den
Gasen gebracht wird. Man gewinnt so 95 Proz.
der theoretischen Ausbeute an höchst konzentrierter,
chlorfreier Säure (die gewöhnliche S. ist immer
chlorhaltig, weil der zur Darstellung verwendete
Natronsalpeter etwas Kochsalz enthält), mit hock-
stens 1 Proz. Gehalt an Stickstoffoxyden. Die mit
der Lust entweichende Säure wird noch vollends in
einem Lungc-Nohrmannschen Plattcnturm konden-
siert und bei der nächsten Operation zugesetzt.
Ein ganz neues Princip hat F. Valentiner in die
Salpetersäurefabrikation eingeführt. Er destilliert
aus einer fast kugelförmigen Netorte, an die sich
eine oder zwei thönerne Kühlschlangen nebst Auf-
fanggefäßen und eine Naßluftpumpe anschließen,
unter stark verminderten: Druck; man erhält bei
Anwendung von ungetrocknctem Salpeter und
Schwefelsäure von 64° N. 99 Proz. der theore-
tischen Ausbeilte einer S. von etwa 81 Proz.,
welche bis auf eine kleine zu Anfang und zu Ende
übergehende Menge frei von Chlor und Stickoxydcn
ist. Aus getrocknetem Salpeter und Schwefelsäure
von 66" N. gewinnt man eine wasserhellc, chemisch
reine, wasserfreie Säure (fpec. Gewickt 1,5:; bei 15").
100 kF roher S. vom fpec. Gewicht 1,l, enthaltend
rund 65 Proz. Säure, kosten etwa!!6 M.
Die S. findet in der Technik sehr mannigfaltige
Verwendung. Einmal giebt sie leicht einen Teil ihres
Sauerstoffs an oxydierbare Körper ab, während sie
selbst je nach Umständen zu Stickstoffdioxyd, salpe-
triger Säure, Stickoxyd, ja selbst zu Stickoxydul
und Ammoniak reduziert wird. So führt sie die
meisten Metalle in Oxyde über, die sich dann meist
in der Säure als Nitrate lösen. Hierauf beruht ihre
Verwendung zur Darstellung des Silbernitrats
(Höllensteins), ihre Anwendung zum ätzendes Stahls
und des Kupfers, zum Gelbdrennen des Mefsings
und der Bronze, zum Färben des Goldes und zur
Bereitung der als Rouille bezeichneten Eisenbeize.
Auch die Darstellung der Arsensäure aus Arsenik
(für die Fuchsinbereitung) beruht auf der oxydieren-
den Wirkung der S. Auf organische Verbindungen
wirkt die S. entweder oxydierend (Bereitung der
Phthalsäure) oder sie verwandelt dieselben in Nitro-
oder Nitrosoverbindungcn oder in Salpetersäure-
ester, die in der Färb- und Sprengstosftechnik
fowie zu Parfümeriezwecken ausgedehnte Verwen-
dung finden. Auf Grund diefcr Eigenschaft dient
die S. zur Vereitung der Nitroverbindungen Nitro-
benzol, Nitrotoluol, Martillsgelb, Pikrinsäure u.s.w.,
ferner der Salpeterester Nitroglycerin, Nitromannit,
Schießbaumwolle u. s. w. und der Nitrosoverbin-
dung Knallquecksilber. Eiweißkörper und manche
andere organische Verbindungen werden durch S.
gelb gefärbt (Färben der Selde). Ebenfo werden
manche Farbstoffe, z. V. Indigo, durch S. infolge
Oxydation und Nitrierung gelb gefärbt. Man be-
nutzt diese Eigenschaft in der Kattundruckerei zum
Aufdrucken von gelben Mustern auf blauen Grund.
Bei der Hutfabrikation dient eine Auflösung von
Quecksilber in S. dazu, die Haare zum Versitzen
geeignet zu machen. Weiter führt man Stärkemehl
durch mäßige Einwirkung von sehr verdünnter S.
in Dextrin über. Beträchtliche Mengen S. werden
auck bei der Schwefelfäurcfabrikation verbraucht.
Zu diesem Zwecke wird die S. meist in den Kies-
dfen eigens bereitet.
Mit den Basen bildet die S. die salpeter-
sauren Salze oder Nitrate, die (mit Ausnahme
einiger basischen Salze) alle in Wasser löslich sind
und, auf glühende Kohle gebracht, mit Heftigkeit
verpuffen. (S. die Einzelartikel: Arnrnoniumnitrat,
Baryumnitrat, Bleinitrat, Chilesalpeter, Eisen-
nitrate, Kupfernitrat, Quecksilbernitrat, Salpeter,
Silbernitrat, Strontiumnitrat und Wismutnitrat.)
Salpetersäureanhydrid, Stickstoffpent -
oxyd, N2O5, ein farbloser, fester, in rhombischen
Prismen der bei 30" schmilzt
und schon unterhalb 50" siedet, dabei aber bereits
teilweise in Stickstofftetroxyd und Sauerstoff zerfällt.
Selbst bei gewöhnlicher Temperatur in Glasröhren
eingefchmolzene Krystalle zerfließen allmählich und
explodieren zuletzt. Man erhält das S. auf ver-
schiedenen Wegen, z. B. wenn man über Silber-
nitrat bei 50" Chlorgas und die abziehenden Dämpfe
durch stark abgekühlte Röhren, in denen es sich
verdichtet, leitet. Mit Wasser liefert das S. unter
starker Erwärmung Salpetersäure:
Salpetersäuremethylester, s. Metbvlnitrat.
Salpetersäure Salze, s. Salpetersäure und
die dort angegebenen Einzelartikel.
Salpetriere (spr.-lähr), ein ursprünglich als
Salpctersicderei benutztes großes Gebäude in Paris,
das später Lazarett, jetzt, bedeutend erweitert, als
Hospital und Versorgungsanstalt für alte Frauen
(lloäpico ä<; Ia vioi1i688o pour lemmLs) dient, wäh-
rend der Bicctre (s. d.) Männer aufnimmt. Die S.,
unweit des Iardin des Plantes gelegen, beherbergt
in 45 Gebäuden gegen 4000 alte Frauen und über
1400 unheilbare weibliche Geisteskranke.
Salpetrige Säure, als Anhydrid das Stick-
stofftrioxyd, ^2^3, entsteht beim Erwärmen von
Salpetersäure mit arseniger Säure neben Unter-
salpetersäure als braunes, heftig zum Husten reizen-
des Gas, das bei Abkühlung in Kältcmischung sich
zu einer blauen, bei ^2" siedenden Flüssigkeit ver-
dichtet. Das Hydrat bildet sich, wenn das Gas in
eiskaltes Wasser geleitet wird; die Lösung zersetzt
sich schon bei gewöhnlicher Temperatur in Salpeter-
säure, Stickoxyd und Wasser, über die Salze der
S. S. s. Salpetrigsaure Salze.
Salpetrigfaure Salze oder Nitrite, die
Salze der Salpetrigen Säure (s.d.). Die Alkalini-
trite (z.V. Natriumnitrit, s. d.) entstehen durch an-
dauerndes Schmelzen (Glühen) der Alkalinitrate, am
besten bei Gegenwart von Blei. Sie werden durch
verdünnte Säuren, unter Bildung von salpetriger
Säure, Stickoxyd und Nntersalpetersäure zersetzt.
Die Alkalinitrite finden Verwendung zur Darstel-
luug der für die Farbentechnik wichtigen Diazover-
bindungen (s. d.). Silbernitrit ist das einzige in
Wasser schwerer lösliche Salz der salpetrigen Säure;
man erhält es durch Zersetzen von Kaliumnitrit mit
Silbernitrat als weißen Niederschlag, der sich in
kochendem Wasser löst und sich beim Erkalten in
gelblichen nadelförmigen Krystallen abscheidet. Von
andern Nitriten sind ihrer Verwendung halber das
Amylnitrit (s. d.) und das Kobaltnitrit is. d.)
von Wichtigkeit.
Salpi, Lago di (lat. sawpina. ?aw8), 15 km
langer und bis 5 km breiter Strandsee in der ital.
Provinz Foggia in Apulien, am Golf von Manfre-
donia, mit königl. Salinen an der Südostspitze und
nach NW. anschließender Sumpfniederung (mit Lago
Salfo). Am Südufer bei Trinitapoli liegt das ruinen-
reiche Dorf S., das, als ^lapia wichtige Handels-
stadt, im zweiten Pullischen Kriege römisch wurde.