Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Schießbedarf; Schießbeere; Schießen

429

Schießbedarf - Schießen

dung versehen, aus dem gleichnamigen Mörser verschossen, Gewölbe von 1 m Stärke mit 3 m hoher Erdbeschüttung. Die bei der Detonation derartiger Geschosse in Erde erzeugten Trichter haben 2,4 mTiefe und 4,8 m obern Durchmesser, im ganzen einen körperlichen Inhalt von 15 cbm. Das Auftreten derartig wirksamer Geschosse rief entsprechende Umwälzungen auf dem Gebiet des Festungsbaues hervor. Als Treibmittel für Geschosse hat die reine S. wegen ihrer heftigen Wirkung auf die Geschützwandungen keine Anwendung gefunden. Außer zu Sprengzwecken dient S. zum Filtrieren starker Säuren, und getränkt mit Kaliumpermanganat als Desinfektionsmittel für übelriechende Wunden. Eine alkoholisch-ätherische Lösung von S. bildet das Kollodium (s. d.). - Vgl. Böckmann, Die explosiven Stoffe (Wien 1880); Förster, Komprimierte Schießwolle für militär. Gebrauch (Berl.1886); Chalon, Explosives modernes (2. Aufl., Par. 1889); Crociani, Polveri ed esplosivi (Pavia 1893).

Schießbedarf, s. Munition.

Schießbeere, Pflanze, s. Rhamnus.

Schießen, das Forttreiben von Geschossen mit Hilfe einer bewegenden Kraft; dieselbe wird seit etwa 1400 durch das Schießpulver (s. d.) und in neuester Zeit bei mehrern Armeen durch die Schießbaumwolle (s. d.) erzeugt. Um der Waffe die gehörige Richtung geben zu können, bedarf man einer Kenntnis der Zielentfernung, deren unmittelbare Messung nur bei vorbereiteten Verteidigungsstellungen angängig ist. Über die Instrumente zum Messen der Entfernungen vom Standort des Schießenden aus s. Entfernungsmesser. Im Feldkriege wird man nicht immer von solchen Gebrauch machen können; man ist meist genötigt, die Entfernung zu schätzen, wobei eine gute Karte ein wertvolles Hilfsmittel bieten kann. Da die Schießleistungen im heutigen Gefecht am Gesamterfolg einen hervorragenden Anteil haben, so wird in allen Armeen großer Wert auf eine gute Ausbildung der Truppen im S. gelegt, und es finden zu diesem Zweck ausgedehnte Schießübungen statt. Zur Ausbildung von Schießlehrern und zur Förderung des Betriebes des S. in einer Armee dienen die Militärschießschulen (s. d.).

In der deutschen Armee sind für das S. maßgebend die "Schießvorschrift für die Infanterie" vom 9. Sept. 1893, welche zugleich für die Jäger und Schützen sowie für die Pioniere und Eisenbahntruppen bestimmt ist, die "Schießvorschrift für die Kavallerie" vom 20. März 1890 und die "Schießvorschrift für die Feldartillerie" vom 22. Mai 1893. Die Ausbildung im S. mit dem Gewehr zerfällt in die vorbereitenden Übungen (Anschlagen,Zielen, Feuern mit Platzpatronen, Entfernungsschätzen, wozu noch zur Förderung der Schießausbildung das S. mit dem Zielgewehr tritt) und das Schulschießen, durch welches Offiziere, Unteroffiziere und Gemeine einen möglichst hohen Grad von Schießfertigkeit erlangen und bewahren sollen; dasselbe ist jedoch nicht als Endzweck zu betrachten, sondern lediglich als Vorschule für das gefechtsmäßige S. Zur stufenweis fortschreitenden Ausbildung der Schützen sind dieselben in Schießklassen eingeteilt; der zweiten Klasse gehören die Mannschaften der jüngsten Jahresklasse und die noch nicht ausgebildeten Schützen der ältern Jahresklasse, der ersten Klasse die ausgebildeten Schützen an. Die vorgeschriebenen Übungen zerfallen für jede Klasse in Vor- und Hauptübungen; für die deutsche Infanterie müssen die Bedingungen der erstern (6 in der zweiten, 3 in der ersten Klasse) mit mindestens 3, die der letztern (9 und 8) mit mindestens 5 Schüssen erfüllt werden. Offiziere, Unteroffiziere und Kapitulanten, welche alle Bedingungen der ersten Klasse zweimal erfüllt haben, bilden die besondere Schießklasse, deren Vorübung drei Bedingungen zu je 3 Schuß, deren Hauptübung acht Bedingungen zu je 5 Schuß enthält. Zur Kennzeichnung guter Schützen werden an Unteroffiziere und Mannschaften Schützenabzeichen (s. d.) verliehen. Alljährlich findet ein Preisschießen der Offiziere und ein solches der Unteroffiziere statt. Auf Grund der Schießergebnisse erhalten die besten Schützen unter den Offizieren und unter den Unteroffizieren in jedem Armeekorps im Namen des Kaisers Preise. Dieselben bestehen für Offiziere aus einem Degen (Säbel), für Unteroffiziere aus einer Taschenuhr.

Das gefechtsmäßige S. gliedert sich in Einzelschießen (10 Patronen) und Abteilungsschießen (10 Patronen) und findet statt im Gelände, auf den Truppenübungsplätzen, den Artillerieschießplätzen oder den Garnisonübungsplätzen, Einzel- und Gruppenschießen auch auf den Gefechtsschießständen. Das Belehrungsschießen soll die Leistungsfähigkeit des Gewehrs sowie die Bedingungen, unter welchen dieselbe zur vollen Geltung gelangt, zum Ausdruck bringen und dadurch die Grundsätze für die Verwendung des Gewehrs prak-tisch klarlegen; dasselbe bietet ein vorzügliches Hilfsmittel zur Heranbildung des Ausbildungspersonals. Das Prüfungsschießen zerfällt in das Einzelprüfungsschießen auf den Schießständen, zu dem die Aufgaben alljährlich durch das Kriegsministerium im "Armee-Verordnungs-Blatt" bekannt gemacht werden, und in das Prüfungsschießen im Gelände, welches alljäbrlich einmal durch den Brigadecommandeur abgehalten wird.

Im S. mit dem Revolver sind bei der deutschen Kavallerie und Feldartillerie auszubilden die Offiziere, Unteroffiziere, Trompeter und die Fahrer; bei der deutschen Infanterie die Offiziere, die Feldwebel, Vicefeldwebel, Portepeefähnriche, Fahnenträger, Regiments- und Bataillonstamboure sowie ferner diejenigen Unteroffiziere und Mannschaften, die als Krankenträger eingeübt werden oder deren Verwendung bei einem Sanitätsdetachement in Aussicht genommen ist.

Der Ausbildungsgang für die Kavallerie im S. mit dem Karabiner 88 und Revolver ist im allgemeinen derselbe wie für die Infanterie, nur sind die Anforderungen an die Leistungen geringer. Es bestehen drei Schießklassen, von denen jede drei Bedingungen für die Vor- und vier für die Hauptübung enthält; die Scheiben sind denen der Infanterie gleich.

Nach der Schießvorschrift für die Feldartillerie umfaßt die Ausbildung im S. als Vorübungen: 1) Richtübungen, durch die die Klasse der Kanoniere, die Richtkanoniere, geschaffen wird, deren Zahl für jede Batterie festgesetzt ist. 2) Übungen beim Geschützexerzieren, welche bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten sichern sollen, z. B. unbedingte Zuverlässigkeit im Untersuchen und im Behandeln der Zünder, gute Feuerdisciplin, schnelles und richtiges Zielauffassen. Namentlich für die Ausbildung der Unteroffiziere im Dienst des Geschützführers ist diese Übungsperiode von größter Bedeutung, ebenso für die zugführenden Offiziere. 3) Beobachtungsübungen, welche