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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schuldisciplin - Schuldübernahme
lichkeit der S. als Exekutionsmittels Bahn. Eo
wurde die S. in Frankreich durch Gesetz vom 22. Juli
1867 aufgehoben, welchem Beispiel Österreich folgte.
Auch der Norddeutsche Bund erlieh bereits 29. Mai
1868 ein darauf bezügliches Gesetz. Nach ß. 1 des-
selben wurde der Personalarrest als Erckutions-
mittel in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten insoweit
nicht mehr gestattet, als dadurch die Zahlung einer
Geldsumme oder die Leistung einer Quantität ver-
tretbarer Sachen oder Wertpapiere erzwungen wer-
den soll. Nach 8- 2 sollten die gesetzlichen Vorschrif-
ten, welche den Personalarrest gestatten, um die
Einleitung oder Fortsetzung des Prozeßverfahrens
oder die gefährdete Exekution in das Vermögen des
Schuldners zu sichern (Sicherungsarrest), unberührt
bleiben. Nach §. 3 sollte die Bestimmung des §. 1
auch auf die vor Erlassung dieses Gesetzes entstan-
denen Verbindlichkeiten Anwendung finden, selbst
wenn auf Personalarrest rechtskräftig erkannt oder
mit dessen Vollstreckung begonnen wäre. Alle dem
Gesetz entgegenstehenden Vorschriften sollten nach
ß. 4 außer Kraft treten. Dem entsprechend hat die
Deutsche Civilprozeßordnung vom 30. Jan. 187?
(§§. 774fg., 782fg.) die S. als Exekutionsmittel nur
noch behufs ErWirkung von Handlungen und behufs
Erzwingung des Offcnbarungscides beibehalten.
lS. Zwangsvollstreckung, Offenbarungseid.) Der
§. 2 des Gesetzes vom 29. Mai 1868 ist durch §. 13
des Einführungsgesetzcs zur Civilprozeßordnung
aufgehoben, indem nach §. 798 der letztern der Per-
sonalarrest nur noch als Sicherungsmittel für die
Zwangsvollstreckung in das Vermögen stattfindet.
(S. Arrest und Gcfängniswcsen, Bd. 7, S. 645 a.)
Schuldisciplin, s. Schulzucht.
Schuldknechtfchaft, bei den alten Griechen,
Römern und Germanen ein Mittel, Geldschulden
beizutreiben. Der Schuldner wurde wegen nicht be-
zahlter Geldschulden, insonderheit, wenn er sich bei
Vermeidung der S. zur Zahlung verpflichtet hatte,
dem Gläubiger als Sklave, zur Abarbeitung der
Schuld, zum Verkauf, selbst rnit dem Recht, sich an
den Leib des Schuldners zu halten, ihn buchstäblich
in Stücke zu hauen, zugesprochen. In Athen wurde
das durch Solon beseitigt, in Rom hörte wohl die
strengste Form (in Mrt63 ssckiito), wie sie in den
Zwölf Tafeln vorgeschrieben war, schon früh auf;
erwähnt wird die S. aber noch unter den Kaisern,
wenn schon sie durch die Verbesserung der Zwangs-
vollstreckung in das Vermögen des Schuldners in
den Hintergrund getreten war. Beseitigt erscheint
sie im ^0i-pu3 ^uris. Mit der Reception des röm.
Rechts ist sie unter Mitwirkung der christl. Kirche in
Deutschland beseitigt. Nur die Entziehung der Frei-
heit der Bewegung blieb bis in die neueste Zeit übrig.
Schuldopfer, s. Opfer. M. Schuldhaft.)
Schuldramen, die besonders im 16. Jahrh,
von den Schülern der gelehrten Schulen dargestellten
Stücke. Neben Stücken von Plautus und Terenz
wurden bald auch neulat. Dramen von Reuchlin,
Hegendorferu. a. aufgeführt, um das Gedächtnis der
Schüler zu stärken, ihnen Gewandtheit in lat. Rede
zu geben und ihnen Vortrag und ungezwungenes
Benehmen anzuerziehen. Luther begünstigte diese
Übung sehr. Unter seinem Einfluß wurde das Schul-
drama besonders in Sachsen und bald auch in deut-
scher Sprache (von Greff, Rebhun) gepflegt; natür-
lich überwogen die biblifchen Stoffe. Noch der Zit-
, tauer Christ. Weise berief sich auf Lutbers Empfeh-
lung, wenn er seine Schüler deutfche S. aufführen
ließ, um ibnen "politisches" Betragen beizubringen.
Außer in Sachsen hatte das Schuldrama in lat.
Sprache eine Stätte an dem Straßburger Akademie-
theater, das um 1600 auch griech. Dramen in lat.
Bearbeitung und lat. Originaldramen (besonders
von Casp. Vrülow) ausführte (vgl. Iundt, Die
dramat. Aufführungen im Gymnasium zu Strah-
burg, Straßb. 1881). Auch die Jesuiten verschmäh-
ten dies wirksame Erziehungsmittel nicht. - Vgl..
Rache, Die deutsche Schulkomödie (Lpz. 1891).
Schuldschein, die Urkunde, welche der Schuldner
über seine Scbuld (s. Schulden), vornehmlich über
seine Geldschuld für den Gläubiger ausstellt. Da die
Vermutung dafür spricht, daß ein handlungsfähiger'
Mensch nicht zum Scherz, zum Schein (s. Scheinge-
schäft) oder aus Irrtum ein Schuldbekenntnis ab-"
giebt, so begründet und beweift der Gläubiger, wel-
cher einen S. in der Hand hat, damit seine Forderung
gegen den Schuldner; und dieser muß, wenn er das
Gegenteil behauptet, beweisen, daß er den S. ohne
wirklich vorliegendenVerpflichtungsgrund ausgestellt,
hat, oder daß die Schuld getilgt ist (ohne daß der S.
zurückgegeben wurde). Jene Beweiskraft des S. ist
an eine Zeitfrist nicht mehr gebunden; auch ist es
für die Beweiskraft unerheblich, ob der S. bei Be-
qründung des Schuldverhältnisses oder später zum
^weck der Anerkennung (s. d.) der Schuld ausge-
stellt ist. Deshalb sollte auch, wenn aus dem Inhalt
des E. hervorgeht, daß er zum Zweck der Anerken-
nung einer bestehenden Schuld ausgestellt ist,,
nicht gefordert werden, daß der S. die Entstehungs-
ursache der Schuld bezeichnet, ob Darlehn, Kauf
u. s. w. Dennoch ist der früher im Rechtsgebiet des
Gemeinen Rechts verbreitete Irrtum, daß ein S. ohne
Angabe solcher ^au82. (s. d.) als (üautio wäiscretN be-
weisunkrüftig fei, noch nicht völlig aufgegeben. Kauf-
männische Vcrpflichtungsscheine (s. d.) und Kaufmän-
nische Anweisungen (s. d.) des dort angegebenen In-
halts bedürfen nach dem Handelsgesetzbuch der An-
gabe solchen Verpflichtungsgrundes nicht. Dasselbe
gilt bei S., die auf den Inhaber ausgestellt sind
(s. Inbaberpapiere). Nach dem Entwurf des Bür-
gert. Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, §§. 719 u.
720, ist zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen
eine Leistung in der Weise versprochen wird, daß das
Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen
soll (^chuldversprechen), oder durch welchen das Be-
stehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird
(Sckuldanerkenntnis), zwar die schristlicheForm erfor-
derlich; daß aber der ausgestellte S. den Verpflich-
tungsgrund angeben müsse, sagt der Entwurf nicht.
Schuldübernahme. Der Schuldner kann mit
einem Tritten vereinbaren, daß dieser die im Ver-
trage genannte Schuld oder alle Schulden des
Schuldners oder Schulden einer gewissen Art dem
oder den Gläubigern zahlt und sie ihnen gegenüber
als seine Schuld übernimmt. Aus solchem Vertrage
entsteht unter den Kontrahenten eine Verbindlichkeit
des Übernehmers, den bisherigen Schuldner dem
Gläubiger gegenüber zu vertreten und ihn, wenn e?
von dem Gläubiger belangt wird, von der Schuld
zu befreien. Der Gläubiger erhält für die RegeZ
einen Anspruch gegen den Übernehmer erst, wenn
er dem Vertrage infolge von Bekanntgabe des
bisherigen Schuldners oder des Übernehmers bei-
tritt; er verliert aber dadurch seinen Anspruch gegen
den bisherigen Schuldner nicht, vielmehr haften ihm
beide solidarisch. Doch erlangt nach der Praxis
und nach neuern Gesetzen der Gläubiger auch ohne