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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Seebäder - Seebären
auf Gastspiele. Ihre vorzüglichsten Rollen waren
damals Klärchen, Grctchen, Marie (in "Clavigo"),
Julia, Ophelia, Luise (in "Kabale und Liebe"), DeZ-
demona und Jane Eyre. Sie überraschte durch An-
mut und Schlichtheit des Wesens, Innigkeit und cha-
rakteristische Auffassung und erwarb bald den Ruhm,
im Fache der ersten Liebhaberinnen der Tragödie
zu den ersten Künstlerinnen zu zählen. Nachdem
1868 ihre Ehe getrennt worden war, betrat sie die
Bühne unter ihrem frühern Namen, gab namentlich !
auch GaWiele in Petersburg, den Niederlanden
und (1871) in den Vereinigten Staaten von Amerika
und ist seit 1887 am BerlinerHofthcater für das
altereFach engagiert. IhrebedeutendstenNollenaus
späterer Zeit sind Maria Stuart, Klara in Hebbels
"Maria Magdalene", Lady Macbeth, die Amme
in "Romeo und Julia", Claudia in "EmiliaGa-
lotti" u. s. w. 1893 machte sie eine Stiftung von
120000 M., um in Weimar ein Heim für hilfsbe-
dürftige Pensionäre der Genossenschaft deutscher
Bühnenangehöriger zu begründen.
Seebäder, in offener See genommene Bäder,
waren zwar schon im Altertum im Gebrauch, wurden
aber bis auf die neuere Zeit wenig als Heilmittel
angewendet. Im 18. Jahrh, wurden sie zuerst in
England üblich, später auch in Deutschland, nachdem
Lichtenbcrg und Ianus auf ibren Nutzen aufmerk-
sam gemacht hatten. Das älteste deutsche Seebad ist
Doberan (1793). Die Wirkung des Seebades beruht
teils auf dem Salzgehalt des Wassers, durch welchen
die S. den Solbädern (s. d.) nahekommen, teils auf
der Einwirkung des Wellenschlags, der ähnlich einer
permanenten Douche (s. d.) wirkt, teils auf dem
Einatmen der dichtern, reinern, salzhaltigen, gleich-
mäßig temperierten Seeluft, dem Aufenthalt an der
Küste"(unter höherm Luftdruck) und der durchaus
veränderten Lebensweise. Je nach der Stärke des
Wellenschlags, der Temperatur, der geschützten Lage
des Ortes sind die S. in ihrem Werte verschieden.
Die Heilwirkungen, die man durch S. zu erzielen
sucht, sind teils eine reizende und stärkende auf das
Muskel- und Nervensystem sowie auf die äußere
Haut, teils eine sog. zerteilende, auslösende für das
Lymph- und Drüsensystem. Namentlich wirkt das
Seebad außerordentlich kräftigend und abhärtend
auf die Haut, leitet von innern Organen ab, ver-
mehrt den Appetit und befördert dadurch nicht wenig
die gesamte Ernährung. Es wird daher vorzugsweise
bei chronischen Nervenkrankheiten, bei Drüsenkrank-
hciten, skrofulösen Geschwülsten und Verhärtungen,
chronischen Hautausschlägen, besonders skrofulöser
Art, bei Schwächezuständen der verschiedensten Art,
bei Erschlaffung der Haut und Neigung zu gichtischen
und rheumatischen Übeln angewendet. Schädlich
jedoch sind die S. bei Vollblütigkeit, chronischen
Magen- und Leberkrankheiten, akuten Rheumatis-
men, chronischem Lungenkatarrh und Lungenschwind-
sucht. Bäder von erwärmtem Seewasser verdienen
in manchen Fällen den Vorzug. Die passendste Zeit
zu einer Secbadekur ist von Mitte Juli bis Mitte
September. In den meisten Nordseebädern ist die
Einrichtung des Bades folgende: man läßt sich in
einem bedeckten Karren, der nach der Seescite eine
Thür mit einer kleinen Treppe hat, in die See schie-
ben, entkleidet sich darin und steigt dann in die See
binab, in der man 5, höchstens 10 Minuten verweilt.
In den Ostseebädern sind gewöhnlich feste Bade-
zellen am Strande oder auf einem in die See hin-
ausführenden Steg errichtet. Nach dem Bade ist
ein Spaziergang am Strande von der Dauer einer
halben bis ganzen Stunde nötig; dann muß Ruhe
und Erfrischung folgen. Die beste Zeit zum Baden
ist in den Morgenstunden nach einem sehr leichten
Frühstück. Mehrmals an einem Tage zu baden ist
schädlich; gewöhnlich reichen 30 Bäder hin, um die
erwünschte Wirkung hervorzubringen.
Als die vorzüglichsten S. sind zu nennen: 1) an
der Ostsee Cranz, Zoppot, Rügenwalde, Kolberg,
Prerow, die S. auf Rügen (s. d.), Warnemünde,
Swincmünde, Ahlbeck, Heringsdorf, Dievenow und
Misdroy, Zinnowitz, Voltenhagen, Heiligendamm
bei Doberan, Travemünde, Glücksburg, Düstern-
brook bei Kiel, Klampenborg am Sund und Marien-
lyst auf Seeland; 2) an der Nordsee (deren Salz-
gehalt und Wellenschlag bedeutender ist, die außer-
dem auch Ebbe und Flut hat): Wyk auf Föhr, Wester-
land und Wcnningstedt auf Sylt, Amrum, Helgo-
land, Curhaven, Wangeroog, Spiekeroog, Iuist,
Norderney, Borkum, Ramsgate, Margate, Harwich,
Mrmouth, Scheveningen, Blankenberghe, Zand-
voort und Ostende; 3) am Kanal (wo die Fluthöhe
bedeutender): Dover, Brighton, Southampton,
Vournemouth, Portsmouth, Wight, Dieppe, Bou-
logne und Havre-de-Gräce; 4) im Mittelländi-
schen und Adriatischen Meere (wo das Meer-
wasser wärmer und keine Flut ist): Marseille, Mes-
sina, Neapel, Nizza, Genua, Livorno, Venedig,
Trieft. - Vgl. außer der Litteratur zur Valneogra-
pbie: Beneke, über die Wirkung des Nordseebades
(Gott. 1855); ders., über die sanitäre Bedeutung
des verlängerten Aufenthalts auf den deutfchen
Nordseeinseln (Norden 1882); Fromm, über die Be-
deutung und den Gebrauch der S. (4. Aufl., ebd.
1885); Winckler, Die S. (Berlin - Friedenau 1892);
Lindemann, Seeklima und Seebad (Berl. 1894).
Seebälle, Heilmittel, s. ^oLtora.
Seebär, s. Seebären. - S. heißt auch ein
eigenartiges Flutphänomen in der Ostsee, dessen
Ursache noch nicht sicher festgestellt ist; nach R.
Credner deuten die Untersuchungen über den letz-
ten S. in der Nacht vom 16. zum 17. Mai 1888
darauf hin, daß wahrscheinlich nicht Erdbeben (wie
man früher annahm), sondern atmosphärische Ein-
flüsse die plötzliche örtliche Störung des Ostsee-
meeresspiegels bewirkt haben, da an allen Stellen
gleichzeitig plötzliche Steigerung der Windstärke zu
orkanartiger Gewalt stattfand. Bei diesem S.
äußerte sich die Störung in mehrmaligem, teilweise
wellenförmigen 1 - 2m hohen Anschwellen des
Wasserstandes bei vor und nachher vollständig ruhi-
ger See. Auch das mit dem S. verbundene Ge-
räusch ("Brüllen des S.") dürfte sich aus dem Auf-
treten der lokalen Stürme am besten erklären lassen.
Bei allen früher beobachteten S. ist kein Zusammen-
hang mit Erdbeben oder Seebeben nachzuweisen,
mit Ausnahme des 1. Nov. 1755 in Lübeck statt-
gehabten S., der eine Fernwirkung des Erdbebens
von Lissabon war. (S. auch Seebeben.) - Vgl.
R. Credner, Über den S. der westl. Ostsee vom
16. bis 17. Mai 1888 (im "Jahresbericht der Geo-
graphischen Gesellschaft", Greifsw. 1889).
Seebarbe", Fische, s. Meerbarben.
Seebären (OallorliiiiuZ), Gattung der Ohren-
robben, mit braunroter Unterwolle, Granhaare
struppig, in der Jugend schwarz, im Alter braun mit
weißen Spitzen. Der gemeineSeebär( (üaiioi-lii-
QU8 111-8111113 Desm.), Värenrobbe, wurde im
männlichen Geschlecht früher bis 4 m, setzt zufolge