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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Staatsbeamter; Staatsbetrieb; Staatsbürger; Staatsceremoniell; Staatsdienst

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Staatsbeamter - Staatsdienst

z. B. 1575, 1596, 1605, 1668; in Frankreich 1615, 1638, nach dem Tode Ludwigs XIV., zur Zeit des Lawschen Systems, 1764, 1770, 1797). Die einfache Lossagung von der Schuld ist in neuerer Zeit bei einigen amerik. Freistaaten vorgekommen (s. Repudiation), ferner 1850 in Dänemark in Bezug auf die Anleihen, die von der durch den Deutschen Bund eingesetzten Bundesregierung in Schleswig-Holstein aufgenommen waren. Der S. in der Türkei 1875 hatte zur Folge, daß in Konstantinopel ein Administrationsrat der Gläubiger eingesetzt wurde, welchem die Verwaltung und direkte Einkassierung der für den Dienst der auswärtigen Schuld abgetretenen Einkünfte übertragen wurde. In der neuesten Zeit sind wiederum verschiedene mittel- und südamerik. Staaten (z. B. Argentinien) und in Europa Portugal und Griechenland ihren Anleiheverpflichtungen nicht nachgekommen, und Italien erhöhte die Couponsteuer seiner Anleihen. Auch Serbien hat Zahlungsschwierigkeiten. - Vgl. Meili, Der S. und die moderne Rechtswissenschaft (Berl. 1895).

Staatsbeamter, s. Staatsdienst.

Staatsbetrieb, Staatsgewerbe, der vom Staat auf eigene Rechnung unterhaltene Betrieb eines wirtschaftlichen (Produktions-, Handels- oder Transport-) Unternehmens. Derselbe ist entweder ein freies, indem der Staat die Konkurrenz anderer Unternehmer in dem gleichen Zweige ungehindert zuläßt, oder ein monopolistischer, wenn der Staat sich die Ausnutzung eines Verkehrszweigs ausschließlich vorbehalten hat. Im letztern Falle ist das Monopol entweder ein rein finanzielles, eine bloße Form der Erhebung einer Verbrauchssteuer, wie das Tabak- oder Salzmonopol in mehrern Staaten, oder es hat zugleich oder vorzugsweise eine allgemeine wirtschaftliche Bedeutung, wenn nämlich die Annahme gerechtfertigt ist, daß der Betrieb vom Staate für das Gesamtwohl zweckmäßiger eingerichtet werden kann, als von Privatunternehmern. Hierher gehört namentlich der Postbetrieb, der in allen, und der Telegraphenbetrieb, der in fast allen civilisierten Ländern als sog. Regal dem Staate vorbehalten ist. (S. Monopol und Regalien.)

Staatsbürger, im weitern Sinne soviel wie Staatsangehöriger, also derjenige, welcher mit seiner ganzen Persönlichkeit, soweit sie äußerlich beherrscht werden kann, dem Staate dauernd, also auch außerhalb des Staates unterworfen ist. Den Gegensatz hierzu bildet der Staatsfremde, der nur, solange er sich mit Person oder Vermögen im Lande befindet, dem Staate untersteht. Im engern Sinne werden S. diejenigen Staatsangehörigen genannt, welche polit. Rechte besitzen und so sich selbständig an dem öffentlichen Leben beteiligen. Charakteristisch für unsere Zeit ist die Tendenz, die Bedingungen dieses vollen Staatsbürgerrechts zu erleichtern, zugleich aber auch den Inhalt desselben, besonders auf dem Gebiete der Selbstverwaltung, zu erweitern. Die gewöhnlichen Voraussetzungen dieses engern Staatsbürgerrechts sind jetzt Indigenat (s. d.), männliches Geschlecht, ein gewisses Alter, Unabhängigkeit von der öffentlichen Armenunterstützung, in einigen Staaten auch Entrichtung eines Minimums an direkter Steuer oder Erfüllung einer andern das Vermögen betreffenden Bedingung. Die Entziehung der bürgerlichen Ehrenrechte wird als Strafverschärfung verwendet. In Österreich wird Staatsbürgerschaft auch für Staatsangehörigkeit gebraucht. (S. auch Staatsangehörigkeit.)

Staatsceremoniell, s. Ceremoniell.

Staatsdienst. Staatsbeamter oder Staatsdiener ist derjenige, welcher dem Staate kraft eines besondern staatsrechtlichen Aktes (seiner Anstellung) zur Leistung von dauernden Diensten in Unterordnung unter ein vorgesetztes Organ verpflichtet ist. Nicht bloß diejenigen Beamten sind Staatsbeamte, welche staatliche Hoheitsrechte ausüben (die Staatsminister, Gesandten, Konsuln, Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamten, Zollbeamten u. s. w.), sondern auch die öffentlichen Lehrer und die Regierungs- und Finanzbeamten, welche zur Verwaltung staatlichen Privateigentums berufen sind; nicht minder die zu mechan. Diensten berufenen Schreiber und Boten, wenn sie förmlich angestellt sind. Selbstverständlich auch die Offiziere, wenn auch die sog. Staatsdienergesetze nur für die Civilbeamten gelten. Ebenso sind die Kommunalbeamten als Staatsdiener anzusehen, soweit sie eigentlich staatliche Verwaltungsfunktionen ausüben, die der Staat den ihm untergeordneten Kommunalverbänden übertragen hat. Diese Beamten der Gemeinden, Provinzen u. s. w. werden daher mittelbare Staatsdiener genannt. Auch die Notare, nicht aber die Anwälte, sind Staatsdiener. Dagegen haben die Kirchenämter nach der heutigen Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche nicht mehr den Charakter von Staatsämtern. Die Civilbeamten zerfallen in richterliche und in Verwaltungsbeamte. Wenn auch die Berufsbeamten die Hauptklasse der Staatsbeamten bilden, so sind von dem Begriffe der Staatsbeamten doch auch die nicht auszuschließen, welche ein Nebenamt, eine öffentliche Funktion ausüben. Die Handelsrichter (s. d.) sind Beamte, soweit sie im Amte zu handeln berufen sind, ebenso wie die Inhaber anderer unbesoldeter Ehrenämter. Der Anzustellende muß die gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt haben. Der Staatsdiener genießt die ihm gesetzlich zustehenden besondern Rechte und hat auf Grund gesetzlicher Specialvorschrift privatrechtlichen Anspruch auf die Besoldung und die dienstlichen Emolumente. Ist er definitiv angestellt, so kann er in Deutschland im allgemeinen aus dem Amt gegen seinen Willen nur auf Grund eines strafgerichtlichen oder eines Disciplinarurteils entlassen werden. Besondere Garantien der Unabhängigkeit ihrer Stellung sind den richterlichen Beamten gewährt. Die Dienstpflicht eines Staatsdieners kann zeitweise ruhen, indem er mit in der Regel verringerter Besoldung (Wartegeld) zur Disposition gestellt wird, bis sich eine anderweitige angemessene Verwendung für ihn findet. Ausgeschlossen ist diese Maßregel für Richter. Dagegen können gewisse Kategorien von Verwaltungsbeamten, besonders des auswärtigen Dienstes, deren Übereinstimmung mit der leitenden Autorität Erfordernis ihrer Thätigkeit ist, ohne weiteres zur Disposition gestellt werden. (S. Disposition.) Im Falle der Dienstunfähigkeit erhält der Staatsdiener unter den gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen eine Pension (s. d.). In vielen Ländern haben namentlich die höhern Staatsdiener, deren Ämter eine ausgeprägte polit. Bedeutung haben, eine sehr wenig gesicherte Stellung und werden meistens bei jedem Verlust der herrschenden Partei durch andere ersetzt. Am vollständigsten ist dieses sog. "Beutesystem" in den Vereinigten Staaten zur Herrschaft gelangt. Die Ordnung und Zucht des deutschen Beamtentums, auf welcher der deutsche Terri-^[folgende Seite]