Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

479

Südamerika

Entdeckungsgeschichte des 19. Jahrh. Mit der Reise A. von Humboldts, der 16. Juli 1799 in Cumana landete, beginnt eine erfreulichere Epoche. Aber fast alles, was seitdem für die weitere Kenntnis geleistet ist, ging nicht von den Staaten aus, vielleicht mit Ausnahme von Chile und Argentinien, sondern von Privatleuten. Brasilien wurde bereist von Eschwege 1810, vom Prinzen Max von Neuwied 1815-17, von St. Hilaire 1816-22, von Em. Pohl 1817-21, Martius und Spix 1817-20, d'Orbigny 1827-32, Castelnau 1843-47, Wallace 1848-52, Bates 1848-59, Herndon und Gibbon 1850-56, Burmeister 1850-52, Urbano 1860-61, da Costa Azevedo 1862-64, Agassiz 1865-66, Chandleß 1867 fg., Orton 1867 und 1873, Keller-Leuzinger 1869, Crevaux 1878-79, J. J. von Tschudi 1866-69. Robert und Rich. Schomburgk erforschten 1835-44, Crevaux 1876-77 Guayana; in Venezuela und am Orinoco waren thätig: Appun 1849-68, Sachs 1878. Die hervorragendsten Forscher, welche die Länder der Andes bereisten, waren Pöppig 1827-32, Tschudi 1838-42, Markham 1852-54 und 1861-62, R. A. Philippi 1853-62, M. Wagner 1857-59, Pissis 1867, Reiß und Stübel 1868-76, Bastian 1875-76. Argentinien und Patagonien wurden erforscht von Darwin 1833, Burmeister seit 1857, M. de Moussy 1855-59, Musters 1869, Moreno 1873-80 u. a.

In Venezuela ermittelte Aveledo 1884 die Höhe des Gipfels der Silla de Caracas zu 2665 m. Die Cordillere von Merida wird seit Ende 1884 durch W. Sievers in topogr. und geolog. Hinsicht untersucht. Den Orinoco und seine Nebenflüsse nahm von 1886 bis 1887 der Franzose Chaffanjon bis zur Quelle auf. Das bisher als Sierra Parima bekannte Quellgebirge des Orinoco benannte Chaffanjon Monts Ferdinand de Lesseps. 1882 und 1883 sowie 1892 und 1893 bereiste W. Sievers das Land.

In Columbia erforschte zum erstenmal 1878-81 F. A. A. Simons die Sierra Nevada de Sta. Marta und die Halbinsel Goajira. Genauere Untersuchungen machte daselbst 1886 Sievers. A. Hettner durchstreifte 1883-84 von Bogotá aus die Cordillere von Bogotá. 1893 wurden die von Reiß und Stübel gemachten astron. Ortsbestimmungen veröffentlicht, und 1896 erforschte Regel das Gebiet zwischen Cauca und Magdalenenfluß. Der Geologe Th. Wolf bereiste Ecuador jahrelang und entwarf dann in einem großen Werke ("Geografia y geologia del Ecuador", Lpz. 1892) eine zusammenfassende Darstellung des Landes; Ed. Whymper erstieg 1880 eine Anzahl der höchsten Andesgipfel.

In Peru war während der letzten Jahre besonders das Stromgebiet des Ucayali Gegenstand der Forschungen Richard Payers. Die Resultate der Höhenmessungen, welche Reiß und Stübel 1875 ausführten, wurden erst 1887 bekannt. A. Hettner bereiste das Hochgebirge bis zum Ostabhang der Cordilleren und bis La Paz 1888-89.

In Bolivia fuhr Ende Sept. 1880 der Amerikaner Heath den Rio Madidi abwärts, hierauf den Rio Beni bis zu seiner Vereinigung mit dem Rio Madre de Dios. An diesem Punkte machte Heath die astron. Ortsbestimmung und stellte die Breite der beiden Ströme fest. Dann lief er in den Rio Mamore und in einen linken Nebenfluß desselben, den Jacuma, ein und erreichte von Santa Ana Reyes unweit rechts vom Beni. 1881 verfolgte Heath den obern Lauf des Beni sowie den Rio de la Paz bis zur Stadt La Paz. Von 1875 bis 1882 machte der Ingenieur J. B. Minchin zahlreiche astron. Ortsbestimmungen und Höhenmessungen, anfangs gemeinschaftlich mit dem Commandeur G. C. Musters, dem Erforscher Patagoniens. Armentia befuhr 1881-85 den Madre de Dios. Pereira-Labre bahnte 1887 einen Weg vom Madre de Dios zum Acquiry. Pando erforschte 1892-94 den nördl. Teil des Landes.

Die Regierung der Republik Chile ließ es sich nach Beendigung des Krieges mit Bolivia und Peru sofort angelegen sein, die neu gewonnenen Landesteile topographisch aufzunehmen. Der Ingenieur Villanueva bereiste 1883 die Provinz Tacna. Ende 1884 wurde von der chilen. Regierung eine Expedition unter der Leitung Philippis ausgesandt, die 1885 von Copiapó über Antofagasta, San Pedro de Atacama und Pica nach Iquique ging, wo man sich mit reichen zoolog. und botan. Sammlung einschiffte. Der 5950 m hohe Vulkan Licancaur wurde im März 1886 von José Sanfelice erstiegen. In den J. 1882 und 1883 erforschte Güßfeldt den mittlern Teil der auf der Grenze von Chile und Argentinien befindlichen Cordilleren, wobei er den Kraterrand des Vulkans Maipo (5384 m) und den Aconcagua, den höchsten Berg Amerikas (6970 m), bis zu einer Meereshöhe von 6400 m erstieg. Den Gipfel dieses Berges erreichte Jan. 1897 der Führer Zurbriggen von der Expedition Fitzgeralds. Im Sommer 1886 erforschte Plagemann das Cordillerengebiet von Colchagua. Der stürmische Charakter des südl. Großen Oceans und die Zunahme des Schiffahrtsverkehrs veranlaßten die deutsche Admiralität, eine genauere Untersuchung des Inselgewirrs an der westl. Seite Patagoniens in Angriff nehmen zu lassen. Gleich anfangs glückte es Korvettenkapitän Plüddemann, mit dem Albatroß 1883 in dem Stosch- und dem Falloskanal, welche die bisherige Wellingtoninsel in zwei Inselgruppen zerlegen, eine Wasserstraße zu entdecken, deren Fahrwasser weit sicherer als der seit 1879 benutzte Messierkanal ist. A. Hettner bereiste 1890 Chile bis nach Puerto-Montt und ging dann über die Cordilleren nach Buenos-Aires und Südbrasilien. Professor Steffen in Santiago veröffentlichte Berichte über seine in den letzten Jahren nach dem Süden Chiles, nach dem Vulkan Calbuco, dem Llanquihue und dem Rio Palena bis März 1894 unternommenen Forschungsreisen, ebenso R. Lenz seine bis 1897 fortgesetzten araukanischen Studien. Die Insel Juan Fernandez besuchte 1894 L. Plate. Sehr ergebnisreich waren auch die zahlreichen, infolge des chilen.-argentin. Grenzstreites gemachten Expeditionen.

Ein für die Kenntnis des Feuerlandes höchst bedeutsames Unternehmen war die argentin.-ital. Expedition unter Führung des ital. Marinelieutenants Bove, der von der chilen. Kolonie Punta-Arenas aus 1882 zunächst die Stateninsel eingehend untersuchte, dann vom 3. bis 7. Mai Aufnahmen im Magdalenensund vornahm, während Lovissato den Versuch machte, die mächtigen Gletschermassen des Monte-Sarmiento zu ersteigen. Hierauf wurden die Wasserstraßen zwischen den Inselgruppen an der Südküste Feuerlands durchfahren. In der ersten Hälfte des J. 1884 durchkreuzte Bove das Feuerland. Im Auftrage der argentin. Regierung untersuchte von Okt. bis Dez. 1886 Ramon Lista die östliche, argentin. Hälfte des Feuerlandes zwischen der Bucht San Sebastian und der Le Mairestraße. Ingenieur Scheltze und Lista bereisten 1887 den chilen. Teil,