Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Syphilis'
und schließlich unter leichter Abschuppung wieder verschwinden (Roseola syphilitica),
bald kleine braunrote nicht juckende Knötchen, die vereinzelt oder in Gruppen auftreten
(Lichen syphiliticus), bald größere flache Knoten, die mit dünnen Epidermisschuppen
überdeckt sind und mit einer gewissen Vorliebe an den Handtellern und Fußsohlen auftreten
(Psoriasis syphilitica), bald kleinere oder größere Eiterbläschen oder Pusteln
(Ecthyma syphiliticum), bald kleine Entzündungen der Talgfollikel der Haut
(Acne syphilitica); mitunter bilden sich auch größere Krusten und Borken, unter denen
sich ein Geschwür entwickelt (Schmutzflechte, Rupia syphilitica). Mit Vorliebe finden
sich syphilitische Hautausschläge auf der Stirn, in welchem Falle sie als
Venusblütchen oder Venuskrone
(Corona Veneris) bezeichnet werden. Neben den Hautausschlägen bilden sich bei der
S. noch eine Reihe von andern Affektionen aus, als Geschwüre in der Mundhöhle, namentlich am harten und weichen
Gaumen, die bei Vernachlässigung den Gaumen leicht durchbohren und so schwer zu heilende Sprachstörungen
hervorrufen können; ferner Geschwüre in der Nase, die bei Vernachlässigung ein Einsinken der Nase bewirken, breite
Kondylome oder Feigwarzen (s. d.), Schleimpapeln im Mund und Rachen, Geschwüre im Kehlkopf,
die Erstickungsgefahr verursachen können, Augenentzündungen, Hirnaffektionen u. dgl. Charakteristisch für diese
sekundär-syphilitischen Gewebserkrankungen ist die Ausbildung einer eigentümlichen Geschwulstform, des
Syphiloms oder der Gummigeschwulst
(Gumma), die namentlich die innern Organe (Leber, Lunge, Milz u. s. w.) befällt und
eine kleinzellige Infiltration der Gewebe bewirkt. Für die tertiäre S. sind namentlich die Erkrankungen der Knochen und
Knochenhäute (Schienbeine, Stirnbein, Gesichts- und Vorderarmknochen) als Merkmale betrachtet worden. Die Knochen
schwellen dabei an und sind, namentlich nachts, sehr schmerzhaft. Auch kann es während dieser Periode zu mancherlei
schweren Entartungen in verschiedenen innern Organen, insbesondere in der Leber, den Nieren, den Lungen, im Gehirn
und Rückenmark, kommen, die man unter dem Namen der Eingeweidesyphilis
(visceralen S.) zusammenzufassen pflegt.
So leicht zugänglich die S. der Heilung ist, wenn die Behandlung zeitig begonnen
und zweckmäßig und konsequent durchgeführt wird, so schwere Folgen kann eine Vernachlässigung und falsche
Behandlung derselben haben. Als Heilmittel bedient man sich in den meisten Fällen des Quecksilbers und des Jodkaliums;
doch leisten diese nur in der Hand des Arztes das, was sie sollen. Am wirksamsten erweist sich das Quecksilber in der
Form der Schmier- oder Inunktionskur, bei
welcher täglich 3–5 g grauer Quecksilbersalbe mit der Hohlhand unter gleichmäßigem kräftigem Druck in die Haut
verschiedener Körperstellen eingerieben und so dem Blutstrome einverleibt werden. Wo die Schmierkur nicht durchführbar
ist, reicht man Quecksilberpräparate innerlich oder bedient sich subkutaner Einspritzungen von Sublimat oder
Quecksilberalbuminat. Zur Verhütung der chronischen Quecksilbervergiftung (s. d.) sind während
jeder Quecksilberkur Mund und Zähne gehörig rein zu halten und ist der Mund öfters mit einer Lösung von chlorsaurem
Kalium auszuspülen; sowie der Kranke über schlechten Geschmack im Munde und über Verdauungsstörungen klagt, ist
das Quecksilber ↔ auszusetzen. Bei veralteter S. zieht man die Anwendung des Jodkaliums sowie den
Gebrauch von Schwefelbädern (Aachen, Nenndorf u. a.) vor. Noch ist zu erwähnen, daß sich die konstitutionelle S. auch
auf die Kinder vererbt, wenn eins der Eltern zur Zeit der Zeugung mit derselben behaftet ist
(hereditäreS.). In vielen Fällen sterben die Kinder zeitig, in andern bleiben die Kinder
siech und kränklich. (S. Skrofulose.) Bei der angeborenen S. finden sich auf der Haut der
Neugeborenen häufig zahlreiche, erbsengroße oder noch größere, mit eiteriger Flüssigkeit gefüllte Blasen
(Pemphigus syphiliticus). Wegen der leichten Übertragbarkeit der S. auf die
Nachkommenschaft sollen Syphilitische nicht früher als vor Ablauf von vier Jahren und auch dann nur eine Ehe eingehen,
wenn sie mindestens ein Jahr lang von allen Rückfällen verschont geblieben sind. Eine wirksame Bekämpfung der S. ist
nur durch die strengste sanitätspolizeiliche Überwachung der Prostitution, die hauptsächlich zur Verbreitung der S. beiträgt,
zu erreichen.
Wann die S. zuerst beobachtet wurde, ist nicht ermittelt; die Angabe, daß sie erst nach der Entdeckung Amerikas
aufgetreten und im Altertum unbekannt gewesen sei, hat neuerdings viel von ihrer Glaubwürdigkeit verloren. In größerer
Verbreitung trat die Krankheit zuerst am Ende des 15. Jahrh. auf, wo sie als
Franzosenkrankheit (Morbus gallicus) im Heere
Karls VIII. von Frankreich großes Unheil anrichtete. Der Name S. wurde zuerst von dem Veroneser Arzt Fracastorius
(1521) gebraucht.
Vgl. Ricord, Vorlesungen über S. (übersetzt von Gerhard, Berl. 1848); von Bärensprung, Die hereditäre S. (ebd. 1864);
Geigel, Geschichte, Pathologie und Therapie der S. (Würzb. 1867); Lewin, Die Behandlung der S. mit subkutanen
Sublimatinjektionen (Berl. 1869); Fournier, S. und Ehe (übersetzt von Michelson, ebd. 1881); Zeißl, Lehrbuch der S.
(5. Aufl., Stuttg. 1888); Sigmund, Vorlesungen über neuere Behandlungsweisen der S. (3. Aufl., Wien 1883); Rosenbaum,
Geschichte der Lustseuche im Altertum (5. Aufl., Halle 1892); Pingler, Die S. (Berl. 1895); Proksch, Die Geschichte der
venerischen Krankheiten (2 Tle., Bonn 1894-95); van Niessen, Der Syphilisbacillus (Wiesb. 1896).
Syr, Syr-darja oder
Sir-darja, bei den Alten Jaxartes, Fluß in
Russisch-Centralasien, entspringt auf dem Thian-schan und dem Terskej-Alatau im Gebiet Semirjetschensk in mehrern
Armen, die vereint Naryn heißen, stießt westlich durch das Gebiet Ferghana, wo er den Namen S. erhält, dann nordwestlich
durch Samarkand in das Syr-darja-Gebiet und mündet, nach vielen Windungen und im Unterlauf oft in Arme gespalten, an
der Nordostküste des Aralsees, nach einem Gesamtlauf (mit dem Naryn) von 2860 km (s. Karte:
Russisch-Centralasien und Turkestan). Sein Flußgebiet beträgt 453350 qkm. Im
Oberlauf sind die Zuflüsse zahlreich von beiden Seiten, im Mittellauf münden nur von rechts ein der Tschirtschik, Arys und
Bugun. Unterhalb Perowsk trennt sich ein Arm, der Jany-darja, südwestlich ab, der an der Südostküste des Aralsees
mündet, jedoch häufig zum Teil versiegt. Der S. hat eine Breite von 750 m und ist bis 11 m tief. Im Frühjahr finden große
Überschwemmungen statt. Von Baïldyr-Turgaj an abwärts nomadisieren Kirgisen, die etwas Ackerbau treiben. In der Nähe
des rechten Ufers liegen die Ruinen von Ortrar (42° 51’ nördl. Br.); um die
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 551.