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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Thaer; Tharandt; Thargelien; Thasos; Thassilo; Thatbestand

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Thaer (Konrad Wilh. Albrecht) - Thatbestand

lassung als Professor an der Universität genommen, wurde 1824 Möglin zu einer königl. Akademie des Landbaues erhoben. T. starb 26. Okt. 1828. Seine hauptsächlichsten Verdienste bestehen in der Anwendung der Naturwissenschaften auf die Landwirtschaft, in der Begründung der Berechnung von Produktionskosten und Gewinn, in der Entwicklung der Begriffe von Roh- und Reinertrag, in der Einführung der Fruchtwechselwirtschaft, der größern Ausdehnung des Kartoffelbaues, der Anwendung der Statik auf den Landbau, der Förderung der Schafzucht zum Zweck der Erzeugung feiner Wolle. 1850 wurde ihm zu Leipzig ein Bronzestandbild (nach Rietschels Modell) errichtet, 1860 ein solches, von Rauch modelliert, in Berlin und 1873 ein Marmorstandbild (von Hartzer) zu Celle. - Vgl. Körte, Albrecht T. (Lpz. 1839).

Thaer, Konrad Wilh. Albrecht, Lehrer der Landwirtschaft, Sohn des 1863 verstorbenen Landesökonomierates Albrecht Philipp T. und Enkel Albrecht T.s, geb. 6. Aug. 1828 auf dem Gute Lüdersdorf bei Wriezen a. O., studierte 1846 in Heidelberg Staatswissenschaft, besuchte danach die Akademie zu Möglin und 1847 die Universität in Berlin, übernahm später die praktische Verwaltung zweier größern Güter seines Vaters, führte die Senkung des Stienitzsees und dessen schiffbare Verbindung mit den Gewässern der Rüdersdorfer Kalkbrüche aus und wurde 1859 Lehrer an der Akademie zu Möglin bis zu deren Aufhebung 1861. Im J. 1866 wurde er an der Universität Berlin außerord., 1871 in Gießen ord. Professor für Landwirtschaft. T. schrieb: "System der Landwirtschaft" (2. Aufl., Berl. 1896), "Die Wirtschaftsdirektion des Landgutes" (3. Aufl., ebd. 1896), die Neubearbeitung von Pabsts "Rindviehzucht" (Stuttg. 1880), "Die landwirtschaftlichen Unkräuter" (Berl. 1881), "Untersuchungen über das Pächterkapital" (Gieß. 1890).

Tharandt (Tharand), Stadt in der Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, 14 km südwestlich von Dresden, im Thal der Wilden Weißeritz, an der Linie Dresden-Reichenbach der Sächs. Staatsbahnen, mit Lokalverkehr nach Dresden-Altstadt, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Freiberg), hat (1895) 2616 E., darunter 69 Katholiken, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, evang. Kirche, Ruine eines alten Schlosses, königl. Forstakademie, Knabenerziehungsanstalt, höhere Mädchenschule, eine Mineralwasser-, Badeanstalt und wird als Sommerfrische viel besucht. Die 1811 von Heinrich Cotta (s. d.) gegründete Forstakademie, mit welcher 1830-70 auch eine landwirtschaftliche Akademie verbunden war, ist die älteste forstliche Lehranstalt in Deutschland und zählt (1895) 80 Studierende. Zu der Akademie gehört ein botan. Garten, der sog. Forstgarten, mit der Büste von Cotta (von Rietschel).

Thargelien, ein altgriech. Erntefest zu Ehren des Apollon, des Gottes des Sommers, das im Monat Thargelion (Mai-Juni) hauptsächlich in Athen gefeiert wurde. Es wurden dem Gott die Erstlinge der Feldfrüchte dargebracht, und Knaben hingen eine Eiresione, einen mit Feldfrüchten behängten, mit Wollfäden umwundenen Zweig vor den Hausthüren auf. Zugleich aber wurden Buß- und Sühneopfer dargebracht für die ganze Stadt und ihre Bewohner. Zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, die wegen ihrer Verbrechen bereits zum Tode verurteilt waren, wurden unter Geißelung und dem Gesang von Buß- und Bittgesängen durch die Stadt geführt und in früherer Zeit am Strande des Meeres geopfert, ihre Asche ins Meer gestreut. Später wurde ein milderer Brauch geübt, indem die Verbrecher entweder nur mit dem Banne belegt oder von einer Anhöhe am Meere herabgestürzt, unten aber aufgefangen und aus dem Lande gebracht wurden.

Thasos, Insel im nördlichsten Teil des Agäischen Meers, nur 7 km entfernt von der Küste Thraziens, etwas westlich von der Mündung des Flusses Mesta gelegen (s. Karte: Balkanhalbinsel). Sie ist ziemlich kreisrund, mit einem Durchmesser von 25 km, bedeckt 393 qkm und hat etwa 10 000 E., meist griech. Christen. T. steht unter ägypt. Verwaltung, ist aber fast selbständig und bezahlt nur eine geringe Steuer an den Chediv, dessen Familie von hier stammt. Die Bevölkerung führt Schiffbauholz, Öl, Honig und Wachs aus; Getreide- und Weinbau ist unbedeutend. Abgesehen von einigen für den Ackerbau geeigneten Strandebenen, wird sie ganz von noch jetzt reich bewaldeten, bis 1042 m hohen Gebirgen aus krystallinischen Gesteinen eingenommen, aus denen im Altertum Gold und Marmor gewonnen wurde, auch war der Wein der Insel berühmt.- Zur Ausbeutung der Goldbergwerke hatten sich seit dem 13. Jahrh. v. Chr. Phönizier angesiedelt. Gegen Ende des 8. Jahrh. wurde von Paros aus eine ionische Kolonie dorthin gesandt. Die Kolonisten gewannen schließlich ein beträchtliches Gebiet auf dem thraz. Festlande, so daß die Insel bald reich und mächtig wurde. Nach dem Perserkriege Mitglied des Delischen Bundes, fiel T. 464 von Athen ab, wurde aber 462 durch Kimon wieder unterworfen. In der Römerzeit gehörte T. zunächst noch bis tief in die Kaiserzeit hinein als freie Stadt zu dem Bereich der macedon. Provinz. Die Hauptstadt, von der noch Ruinen erhalten sind, lag an der Nordküste, an der Stelle des jetzigen Landungsplatzes Limena. - Vgl. Jacobs, Thasiaca (Gött. 1893).

Thassilo, Herzog in Bayern, s. Tassilo III.

Thatbestand (Corpus delicti), im Strafrecht die Summe der Merkmale, durch deren Vorhandensein der Begriff einer bestimmten strafbaren Handlung (z. B. Mord, Diebstahl) erfüllt wird. Er zerfällt in den subjektiven T., wobei insbesondere die Lehre der Zurechnungsfähigkeit, des Dolus (s. d.) und der Culpa (s. d.) in Betracht kommt, und den objektiven T., d. h. die äußern faktischen Merkmale, welche zum Begriff eines Verbrechens gehören, z. B. der Tod eines Menschen durch die Einwirkung eines andern, die Wegnahme einer fremden Sache mit oder ohne Gewalt. Strafprozessualisch versteht man unter T., insbesondere unter Corpus delicti, den objektiven T. im einzelnen Falle, und zwar ursprünglich nur die körperlich sichtbaren Gegenstände (z. B. die Leiche des Erschlagenen), Werkzeuge (z. B. die zum Mord gebrauchte Waffe) oder Spuren der That (z. B. Blutflecke am Körper oder an den Kleidern des Thäters), dann aber verallgemeinert den Inbegriff derjenigen Umstände, die es gewiß oder doch höchst wahrscheinlich machen, daß ein Verbrechen begangen worden ist. Zu einem Straferkenntnisse läßt sich nur gelangen, wenn ein bestimmter T. ermittelt worden ist. Seine Feststellung (Erhebung) erfolgt je nach der Beschaffenheit der in Betracht kommenden Thatsachen durch Beibringung von Urkunden und andern körperlichen Beweisstücken, durch gerichtliche Besichtigung, Ein-^[folgende Seite]