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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Thee

Kaisow-Congou am feinsten. Bohea (spr. Buhia) wird bald als Sammelname aller schwarzen Theesorten gebraucht, bald als Bezeichnung einer inferioren, aus den holzigsten und ältesten Teilen bereiteten Sorte. - Neben den schwarzen und grünen Sorten giebt es auch Mittelsorten, gelbbraune oder mit gelblichen oder grünlichen Blättern gemischte schwarze T., Produkte unvollständiger Fermentierung. Hierzu gehört der bekannte Oolong ("grüner Drache"), von dem Fu-tschou und Formosa die besten Sorten liefern, ferner der jetzt ziemlich verdrängte gelbe Karawanenthee. Die japanischen T. stehen alle hinter den bessern chinesischen zurück, sie haben einen starken eigentümlichen Geschmack, halten sich aber nur ein Jahr lang in gleicher Güte. Man unterscheidet die in der Pfanne gerösteten Panfired Japans (wenn gefärbt Colored Japans), die in kleinen Bambuskörbchen gerösteten Basketfired Japans und die an der Sonne getrockneten Sundried Japans. Außerdem giebt es auch die Sorten Oolong, Congou, Pekoe, Gunpowder und Imperial, die aber ihrer geringen Qualität halber im Auslande kaum Abnehmer haben. Die indischen T. sind im allgemeinen kräftiger und gehaltvoller, erreichen aber in Bezug auf feines Aroma nicht die chinesischen, sie werden hauptsächlich in England verwendet, auf dem Kontinent mehr zur Vermischung mit chinesischem T. Die Hauptsorten haben ihre Namen von den Produktionsgebieten: Assam, Dardschiling, Katschar, Kangra, Dehra-Dun und Tschittagong. Die feinsten Untersorten sind Flowery und Orange Pekoe, die schlechteste, aus zerbrochenen Blättern der übrigen Sorten zusammengesetzte, der Brokenleaf. Der T. von Ceylon und auch die javanischen Sorten (Pekoe, Souchong und Congou) kommen dem Assamthee fast gleich. Die ältern gröbern Theeblätter, Abfälle und Stiele der bessern Theesorten, wie auch Theegrus, zu viereckigen dicken, Ziegelsteinen ähnlichen Kuchen geformt, bilden den Ziegelthee (s. d.).

Produktion und Handel. In der Produktion des T. nimmt China immer noch den ersten Rang ein; doch ist ihm in den Ausfuhrmengen neuerdings in Ostindien und Ceylon eine starke und steigende Mitbewerbung erstanden, so daß es nur noch 44 Proz. des an den Weltverkehr gelangenden T. liefert. Während z. B. 1867 in England 6 Proz. T. aus Indien und Ceylon und 94 Proz. chinesische T. verbraucht wurden, wurden es 1890 schon 70 Proz. des erstern und nur 30 Proz. der letztern. Ursache ist einerseits die Ungleichmäßigkeit des chines. Ausfuhrthees, der aus einer Unzahl kleiner Pflanzungen stammt, während der fast nur in großen Plantagen gebaute indische T. sehr gleichmäßig ist, andererseits die in China immer mehr über Hand nehmenden Verfälschungen. Deswegen nahm die chines. Theeausfuhr von Jahr zu Jahr an Menge und Wert ab, erst seit 1892 steigt der Export wieder ein wenig, bei freilich immer noch fallenden Preisen. Die gesamte Theeausfuhr Chinas, die allerdings nur einen kleinen Teil der chines. Produktion ausmacht, betrug 1871: 113,5 Mill. kg im Werte von 252 Mill. M., 1881: 136,9 Mill. kg im Werte von 198 Mill. M., 1893: 115 Mill. kg im Werte von 167 Mill. M., 1895: 116 Mill. kg im Werte von 108 Mill. M., 1896: 104 Mill. kg im Werte von 104 Mill. M. Die Hauptmasse des T. geht nach Rußland, das jetzt ungefähr ebensoviel chinesischen T. bezieht, wie alle andern Länder zusammen, während Großbritannien 1895 nur noch ein Achtel bezog. In Japan hat zwar die Menge der Ausfuhr zugenommen, aber ihr Wert nimmt aus denselben Gründen wie bei China ab. Es wurden (fast nur nach Amerika) ausgeführt 1881: 21,06 Mill. kg im Werte von 22,84 Mill. M., 1893: 30,4 Mill. kg im Werte von 21 750 000 M., 1896: 20,11 Mill. kg im Werte von 13 910 790 M. In allen andern Produktionsländern sind dagegen sowohl Menge wie Wert im Steigen. So besonders in Ostindien, das 1876-81 durchschnittlich jährlich ungefähr 16 Mill. kg im Werte von 29,79 Mill. Rupien, 1895-96: 52 Mill. kg im Werte von 76½ Mill. Rupien (über neun Zehntel davon nach Großbritannien) ausführte. Verhältnismäßig noch größer ist die Zunahme in Ceylon, das seine durch Hemileia vastatrix Berk. arg gefährdeten Kaffeeplantagen großenteils in Theepflanzungen umgewandelt hat. Während 1880-82 jährlich durchschnittlich nur 182 500 kg zur Ausfuhr kamen, betrug diese 1895 bereits 44 Mill. kg. In Java wird T. gleichfalls in wachsenden Mengen gebaut; 1884 wurden ausgeführt 2,5, 1896: 5,1 Mill. kg. Eine kleine, aber rasch wachsende Theeproduktion findet sich noch auf den Fidschi-Inseln, die 1885: 2473, 1887: 19 480, 1895: 75 000 kg T. lieferten. Anbauversuche auf Singapur, Brasilien, Australien und den Vereinigten Staaten von Amerika mißglückten; dagegen sind die Aussichten in Natal günstig, wo 1895 bereits auf 30 Pflanzungen T. gebaut wird, freilich mit einer Produktion von erst 225 000 kg. Ebenso werfen sich jetzt die Russen im Kaukasusgebiet sehr eifrig auf die Theekultur, die ältesten Pflanzungen (unweit Tschakwa bei Batum) bringen schon jetzt alljährlich reichliche Ernten. - Theeauktionen werden in London, Rotterdam, Amsterdam und Hamburg abgehalten.

Konsumtion. Der Verbrauch von T. berechnet sich (1885-89) auf den Kopf der Bevölkerung in den civilisierten Ländern wie folgt: Australien 3353 g, Großbritannien und Irland 2243 (1895: 2573), Canada 1765, Nordamerika 630 (1895: 645), Niederlande 524 (1895: 610), Rußland 286 (1895 etwa 400), Dänemark 171, Uruguay 151, Argentinische Republik 134, Portugal 56, Schweiz 47, Norwegen43, Deutschland 40 (1895: 54), Schweden 20, Rumänien 19, Frankreich 14 (1895:18), Österreich-Ungarn 12 (1895: 22), Belgien 10 (1894: 12), Bulgarien 9, Spanien 6, Italien, Griechenland und Serbien 1 g.

Physiologisches und chem.Zusammensetzung. Der T., mäßig genossen, befördert die Verdauung und ist auf Reisen bei trübem, feuchtem, kaltem Wetter nach großer Anstrengung ein treffliches Stärkungsmittel. Die charakteristischen Stoffe sind ein eigentümliches flüchtiges Öl (das den Theegeschmack im höchsten Grade besitzt), Theïn oder Caffeïn (s. d.), und Gerbstoff. Dem Caffeïn ist vorzugsweise die kräftigende, erregende Wirkung des T. zuzuschreiben. Es sind im trocknen T. enthalten zwischen 0,4 und fast 5 Proz., meist schwankt aber der Caffeïngehalt zwischen 1 und 2,5 Proz; der beste T. ist aber durchaus nicht immer der caffeïnreichste, die Güte richtet sich nach Geschmack, Aroma und Aussehen. Gerbsäure (Tannin) enthält der T. 6-19 Proz.; vom flüchtigen Öle enthalten der grüne T. ungefähr 1 Proz., der schwarze 0,5 Proz. Nach Mulder werden dem schwarzen T. durch heißes Wasser etwa 29-38 Proz., dem grünen T. 34-46 Proz. entzogen. Überhaupt erhält der Aufguß das flüchtige Öl, Caffeïn, Gerbsäure, dazu Gummi, Zucker, Salze und andere extraktive Teile.