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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Veränderte Umstände; Veränderung

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Veränderte Umstände - Veränderung

Veränderlichkeit eine große Verschiedenheit. Einige Sterne, wie Mira im Walfisch, zeigen große, wenn schon periodisch wiederkehrende, so doch sehr unregelmäßige Schwankungen ihres Lichts; bei andern sind die Schwankungen zwar deutlich hervortretend, aber doch nur unerheblich. Ferner beträgt bei einigen die Dauer der Periode mehrere Monate oder sogar Jahre, bei andern nur wenige Tage. Am merkwürdigsten sind von den Sternen dieser Klasse diejenigen, die eine regelmäßige kurze Periode ihres Lichtwechsels haben und bei denen die Änderungen des Lichts (rasche Abnahme und wieder rasche Zunahme) sich nur auf wenige Stunden beschränkt. Solcher Sterne kennt man gegenwärtig sechs, von denen vor allen Algol (s. d.) bemerkenswert ist. Kleine Abweichungen in der Periode kommen indessen auch bei diesen Sternen vor. Bis jetzt sind gegen 200 Sterne als sicher veränderlich bekannt, die Zahl der überhaupt vorhandenen Veränderlichen ist aber jedenfalls eine große; ja es ist sogar anzunehmen, daß alle Sterne zeitweilige, zwar meist unbedeutende Änderungen ihrer Helligkeit zeigen. Die Mehrzahl der Veränderlichen zeigt rote Farbe und zwar um so ausgesprochener, je größer die Periode der Veränderlichkeit ist. Bei den Sternen kurzer Periode ist Weiß und Gelb vorherrschend.

Die Ursache der Lichtveränderung ist wahrscheinlich nicht immer die nämliche. Bei den neuen Sternen kann man auf Grund spektroskopischer Untersuchungen als sicher annehmen, daß in den meisten Fällen ihr Aufleuchten von plötzlichen mächtigen Ausbrüchen glühenden Wasserstoffgases herrührt. Nicht gerade unwahrscheinlich ist es auch, daß in einzelnen Fällen die plötzliche Lichtentwicklung von einem Zusammenstoß zweier Körper herrührt. - Über die Ursache des periodischen Lichtwechsels hat man namentlich zwei Hypothesen aufgestellt. Nach der einen rührt derselbe her von großen auf der Oberfläche des Sterns ungleich verteilten Flecken (nach Zöllner sollen dies Schlacken sein, die sich bei der allmählichen Erkaltung der Sterne bilden), die bei einer Rotation des Sterns um eine Achse eine ungleiche Lichtausstrahlung seiner Oberfläche nach der Erde zu bewirken. Nach dieser Fleckenhypothese läßt sich die Lichtänderung der meisten Veränderlichen gut erklären. Für die in ihrem Lichtwechsel dem Algol ähnlichen Sterne, wo ein äußerst intensiver Lichtwechsel, aber nur während sehr kurzer Zeit stattfindet, genügt dieselbe aber nicht. Nach der zweiten Hypothese werden die V. S. von dunkeln Körpern umkreist, wie die Sonne von den Planeten; tritt nun ein solcher Körper zwischen den Stern und unser Auge, so muß eine Lichtabnahme eintreten. Bei einzelnen Sternen, so namentlich bei Algol, würde diese Hypothese den Erscheinungen im ganzen Verlauf gerecht werden, aber es liegt gerade bei diesen in der dann notwendigen Annahme eines sehr geringen Abstandes des Haupt- und Nebensternes voneinander ein Bedenken dafür, daß ein solches System auf die Dauer bestehen kann. Karl Hermann Vogels spektroskopische Untersuchungen haben in der neuesten Zeit aber gezeigt, daß speciell bei Algol der Lichtwechsel thatsächlich durch einen großen dunkeln, den hellen Hauptstern in kurzer Entfernung umkreisenden Körper hervorgerufen wird. Wahrscheinlich wird dies bei allen dem Algol ähnlichen Veränderlichen der Fall sein. In vielen Fällen dürfe auch eine Verbindung beider Hypothesen den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen; außerdem werden häufig noch auf den verschiedenen Sternen besondere Lichtentwicklungen infolge gewaltiger Eruptionen stattfinden, durch welche die sonstige Regelmäßigkeit des Lichtwechsels verwischt wird. Die vorwiegend rote Farbe der Veränderlichen findet namentlich durch Zöllners Annahme einer Schlackenbildung ihre Erklärung, indem diese besonders bei den Sternen stattfinden wird, die sich im Zustande einer vorgeschrittenen Abkühlung befinden und von der Weißglühhitze ins Rotglühen übergegangen sind.

Veränderte Umstände. Eine Partei schließt oft einen Vertrag in der Erwartung, daß die Umstände fortdauern werden, welche für sie der Beweggrund waren, den Vertrag zu schließen. Hat sie sich darin getäuscht, so ist das noch kein Grund, daß sie zurücktreten kann. In gewissem Umfang kontrahiert jeder auf seine Gefahr. Die frühere Meinung, daß jeder privatrechtliche Vertrag unter der stillschweigenden Bedingung rebus sic stantibus abgeschlossen sei, und daß deshalb der Rücktritt freistehe, wenn sich die Umstände dahin ändern, daß, wenn der neue Sachverhalt vorgelegen hätte, als der Vertrag geschlossen wurde, dieser nicht abgeschlossen sein würde, ist längst aufgegeben. Auch daß der andern Partei das Motiv mitgeteilt ist, welches die eine Partei zum Vertragsschluß bestimmt hat, ist nicht entscheidend. Anders liegt die Sache, wenn die eine Partei das Geschäft von der Fortdauer des bestimmt bezeichneten Umstanden abhängig gemacht hat und die andere Partei darauf eingegangen, also eine Bedingung verabredet ist. Allein ganz abweisen läßt sich der Einfluß V. U. nicht. Die Annahme, daß die Fortdauer gewisser Umstände für beide Teile die selbstverständliche Voraussetzung oder die stillschweigende Bedingung gewesen sei, kehrt bei kritischen Fällen für den Richter immer wieder. Sie wird da zu berücksichtigen sein, wo es der Natur des Vertrags widersprechen würde, den Fortbestand der Verpflichtung anzunehmen, wenn die Grundlage, auf welcher kontrahiert wurde, weggefallen ist. Nach Preuß. Landr. I, 5, § 378 kann jede Partei zurücktreten, wenn unvorhergesehene V. U. die Erreichung des Endzwecks beider Teile unmöglich machen. Ein Teil kann alsdann vom andern nur insofern Entschädigung fordern, als die Veränderung durch dessen freie Handlung bewirkt worden (§. 379). Wird durch die V. U. nur der Zweck des einen Teils ganz vereitelt, so kann derselbe zwar zurücktreten (§. 380), muß aber, wenn die Veränderung in seiner Person sich ereignete, den andern entschädigen (§. 381). Nach Deutschem Bürgerl. Gesetzbuch kann, wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorleisten muß, bei Vermögensverschlechterung des andern Teils die Leistung verweigern (§. 321). Im Völkerrecht gewähren wesentlich V. U. bei allen obligatorischen Verträgen Rücktrittsrecht und zwar ohne Entschädigungspflicht (s. Völkerrechtliche Verträge).

Veränderung, der Wechsel der Bestimmungen an einem Beharrenden, seit alter Zeit ein Problem in der Philosophie, besagt, daß ein Ding aufhöre zu sein, was es war, um zu werden, was es zuvor nicht war. Dieser Übergang aus dem Sein ins Nichtsein, aus dem Nichtsein ins Sein, tritt mit der in den Grundgesetzen unsers Denkens wurzelnden Voraussetzung, daß aus Nichts Nichts werden, und in Nichts Nichts verschwinden könne, in Konflikt. Erst durch Kants Kitik der Vernunft ist hier eine Aufklärung gewonnen, indem erkannt ist, daß das Gesetz der Beharrlichkeit (Substantialität) zwar ein