225
Verdämmung – Verdauung
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Verdachung'
stehen. In der Regel befindet sich unter der V. ein Fries. Die Giebelverdachung über Fenstern und Thüren kam erst im
Verlauf der Renaissance in Gebrauch. Später wurde sie namentlich in Deutschland zu einem der wichtigsten
Schmuckmotive in der Facadenarchitektur sowohl wie im Innern. Der Barockstil bildete sie zur größten Wirkung durch,
indem er durch Aufrollen, Abbrechen der Gesimse, Anbringen statuarischen Schmucks starke Schattenwirkungen erzielte.
Verdämmung, im Bergbau das Absperren von Wasserzuflüssen in Strecken durch hölzerne
oder gemauerte Dämme. Die hölzernen Dämme sind entweder Balkendämme, bei denen der Wasserdruck gegen die
Längsfaser des Holzes wirkt, oder Keilverspündungen, die aus keilförmig bearbeiteten Hölzern zusammengesetzt sind und
einem großen, in entsprechend zugearbeitete Gesteinsflächen eingetriebenen Spunde vergleichbar sind. An ihre Stelle
sind in neuerer Zeit gemauerte, konische Ausschnitte einer Kugelschale darstellende Dämme getreten, welche in 2m
Stärke sehr großen Druck aushalten können. Mitunter bringt man in solche Mauerdämme sog.
Dammthüren aus starkem Eisenblech ein, die sich in Angeln drehen und bei
plötzlichen Wassereinbrüchen schnell geschlossen werden können.
Verdampfapparat, ein Apparat der Zuckerfabrikation, durch den die Verdampfung des
Dünnsaftes aus Rüben- oder Rohrsaft, d. h. die Entfernung des größten Teils des im gereinigten Saft enthaltenen
Wassers, die Überführung des Dünnsaftes in Dicksaft bewirkt wird. Früher waren hierzu offene, durch Feuer oder Dampf
erhitzte Verdampfpfannen in Gebrauch und finden sich noch in vielen Kolonialzuckerfabriken, sind aber in der
Rübenzuckerfabrikation ganz außer Gebrauch und allgemein durch die neuern, verbesserten oder
geschlossenen V. ersetzt. Der Hauptzweck der letztern besteht darin, die
Verdampfung mit geringen Kosten sowie ohne die schädliche Einwirkung hoher Siedehitze zu bewerkstelligen. Dieser
Zweck wird zunächst dadurch erreicht, daß die Verdampfung unter vermindertem Luftdruck erfolgt, wodurch es möglich
wird, statt des direkten (Kessel-) Dampfes entweder denjenigen anzuwenden, welcher bereits zur Bewegung von
Maschinen gedient hat (Maschinendampf, Retourdampf, Rückdampf, Abdampf, indirekter Dampf) oder denjenigen,
welcher sich aus verdampfendem Saft entwickelt (Saftdampf). Es können zwei, drei, vier und mehr Verdampfkörper
miteinander verbunden sein, und so entstehen die Zweikörper-,
Dreikörper-, Mehrkörper-Verdampfapparate.
Die Kondensation des im letzten, dem Dicksaftkörper, entwickelten Saftdampfes geschieht durch den Kondensator und
die Luftpumpe, die zugleich die Luft abzusaugen hat, die durch den Saft, die unvermeidlichen Undichtigkeiten und das
eingespritzte Kühlwasser in die luftverdünnten Räume gelangt.
Die V. werden in ihren einzelnen Teilen in sehr verschiedener Weise ausgeführt, und auch die Ableitungs- und
Verwendungsart der Dämpfe und des daraus durch Verdichtung entstehenden Wassers ist sehr verschieden.
Eine besondere Gestalt der V. stellen die neuern Rieselverdampfapparate dar.
Ihre Einrichtung beruht auf dem schon lange aufgestellten Grundsatz, die zu verdampfende Flüssigkeit in möglichst
dünner Schicht unter fortwährender Bewegung nur sehr kurze Zeit mit der Heizfläche in Berührung zu bringen. Die
Vorzüge bestehen vornehmlich in ↔ rascherer, billigerer Verdampfung bei besserer Erhaltung der
Saftbeschaffenheit.
Verdampfungswärme, s. Dampf.
Verdauung (Digestio), in der Physiologie derjenige
Prozeß, durch den die genossenen Nahrungsmittel zur Anfnahme in die Säftemasse des Körpers geschickt gemacht
werden. Viele und darunter die wichtigsten Nahrungsmittel werden in fester Form genossen, in der sie nicht in die
Ernährungsflüssigteiten des Körpers (Blut, Chylus) übergehen können, sondern zuvor verdaut werden müssen. Die V.
beruht im wesentlichen auf der Verflüssigung und chem. Umwandlung der Nahrungsmittel, die mit ihrer mechan.
Verkleinerung in der Mundhöhle beginnt und durch die verschiedenartigen Verdauungsflüssigkeiten: den Mundspeichel,
den Magensaft, Darmspeichel, Darmsaft und die Galle bewirkt wird. Die bei der V. beteiligten Organe werden als
Verdauungsorgane, ihre Gesamtheit als
Verdauungsapparat bezeichnet. Der Mundspeichel, der sich den Speisen bereits
beim Kauen beimischt, durchfeuchtet den Bissen und bewirkt zugleich durch sein eigentümliches Ferment, das
Ptyalin, die Umwandlung des Stärkemehls in Dextrin und weiterhin in Zucker. Im Magen (s. d.) setzt
sich die Wirkung des Speichels auf das Stärkemehl noch fort. Der Magensaft ist
eine stark saure Flüssigkeit, die eine eigentümliche fermentartige Substanz (Pepsin, s. d.) enthält,
durch deren Einwirkung, bei Gegenwart von Säure, die Eiweißkörper, Leimsubstanzen und leimgebenden Gewebe in
flüssige Substanzen (Peptone) verwandelt werden. Weiterhin ist im Magensaft auch ein Labferment enthalten, welches
das Casein der Milch auch in neutraler oder alkalischer Lösung niederschlägt, sowie ein Ferment, das den Milchzucker in
Milchsäure überführt. Auf die Fette, die dritte Klasse der Nahrungsbestandteile, übt weder der Speichel noch der
Magensaft eine Veränderung aus. Aus dem Magen gelangt dann der Speisebrei
(Chymus) in den Darmkanal und kommt hier zunächst mit dem Bauchspeichel und
der Galle sowie mit dem Darmsaft in Berührung, durch die alle in ihm enthaltene freie Säure abgestumpft wird. Der
Bauchspeichel, das stark alkalische Sekret der
Bauchspeicheldrüse (s. d.), teilt mit dem Darmsaft die Eigenschaft, Eiweißkörper in Peptone,
Stärkemehl in Zucker überzuführen und die Fette in feine Verteilung zu bringen (zu emulgieren), zeichnet sich aber vor
allen andern Verdauungssäften noch dadurch aus, daß er die neutralen Fette in ihre nächsten Bestandteile, in Fettsäure
und Glycerin, zerlegt. Wäre dies nicht der Fall, so würde die Aufsaugung der Fette durch die wässerig-feuchte
Darmschleimhaut viel schwieriger. Die Fettsäuren aber, die sich im Darm mit den vorhandenen Alkalien verbinden, bilden
so in Wasser lösliche Seifen und gelangen dadurch leichter in das Blut und den Chylus. Unterstützt wird die Aufsaugung
der Fette durch die Galle (s. d.), weil diese wässerig-feuchte Häute für Fette benetzbar macht.
Weiterhin wirkt die Galle anregend auf die Muskulatur des Darms, schränkt die faulige Zersetzung des Darminhalts ein und
bewirkt durch ihre reichliche Ergießung den hinreichenden Wassergehalt der Fäces, so daß diese leicht entleert werden
können. Die nicht verdauten und nicht aufgesaugten Speisereste gelangen weiter in den Dickdarm, wo-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 226.