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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vicari - Vicenza (Provinz und Stadt)

Vicari, Herm. von, Erzbischof von Freiburg, geb. 13. Mai 1773 zu Aulendorf in Oberschwaben, studierte in Ingolstadt und Wien, wurde 1797 zum Priester geweiht und nach Konstanz versetzt, kam 1828 als Domkapitular nach Freiburg im Breisgau, wurde dort 1830 Weihbischof und Vikar des Erzbischofs und 1842 zum Erzbischof der Oberrheinischen Kirchenprovinz erwählt. Im Einklange mit den Bischöfen seines Sprengels stellte er eine Reihe von kirchenrechtlichen Forderungen an die bad. Regierung. Der Bescheid der Regierung lautete für die meisten Forderungen ablehnend, weshalb sich V. immer mehr in den Dienst der extremen ultramontanen Bestrebungen stellte. Durch Errichtung von Seminaren, Einführung von Orden, Jesuitenmissionen u. s. w. suchte er sich einerseits seinen Klerus völlig zu unterwerfen, andererseits ging er gegen die Staatsgewalt vor, indem er die Befolgung der staatlichen Gesetze in Ehesachen u. s. w. verbot, staatstreue Geistliche mit Strafen belegte und 1854 das Kirchenvermögen in seine Hand brachte. V. wurde 22. Mai 1854 wegen Ungehorsams gegen die Staatsgesetze verhaftet; doch gelang es dem röm. Stuhle, der Regierung das in der Bulle «Aeterni Patris» niedergelegte Konkordat vom 28. Juni 1859 abzugewinnen, das die staatlichen Hoheitsrechte großenteils dem Erzbischof opferte. Die Kammern verweigerten jedoch die verfassungsmäßige Zustimmung dazu; ein vom Großherzog berufenes liberales Ministerium vereinbarte nun mit den Kammern eine neue Regelung der kirchlichen Verhältnisse auf dem Wege der staatskirchlichen Gesetzgebung, wogegen V. vergebens protestierte. V. starb 14. April 1868 zu Freiburg. (S. Baden, Geschichte.) – Vgl. E. Friedberg, Der Staat und die kath. Kirche im Großherzogtum Baden seit 1860 (2. Aufl., Lpz. 1873).

Vicdessos (spr. wickdessoh), franz. Dorf, s. Tarascon.

Vice (Vize, vom lat. vicis), soviel wie «an der Stelle», «anstatt», häufig als Vorsetzsilbe bei Amtstiteln, wo es eigentlich den Stellvertreter des ordentlichen Beamten bezeichnet, oft aber nur als besonderer Titel Geltung hat. So z. B. Vicekönig, Vicekanzler, Vicepräsident, Viceadmiral, Vicekonsul. Mittelalterliche Titel und Würden waren: Vice-comes (Vicegraf), woraus die Würde der Visconti, Vicomtes (s. d.) und Viscounts entstanden; ferner Vice-dom (Vice-dominus) oder Vitzdom, Vitztum, Vicdom, der Stellvertreter auf einer Herrschaft, einem Schlosse oder einem geistlichen Gute für den damit Belehnten, ferner der ständige Stellvertreter des Landesherrn zur Ausübung aller Regierungsrechte für das ganze Land oder für eine bestimmte Provinz, daher Vitztumamt in Bayern. In Niederösterreich war V. der Finanzbeamte eines größern Bezirks, an welchen die Unteramtleute die landesfürstl. Einnahmen ihres Sprengels abzuliefern hatten. Denselben Ursprung hat auch Vidame, der Titel eines ehemaligen Beamten der franz. Bischöfe zur Behütung der kirchlichen Rechte, jetzt überhaupt die Bezeichnung für Administrator.

Viceadmiral, s. Admiral.

Vicedeckoffiziere, früher Viceseekadetten genannt, die Reserveoffizieraspiranten der Marine, im Range den Deckoffizieren (s. d.) gleichstehend. Es giebt drei Kategorien: die Maschineningenieuraspiranten der Reserve heißen Vicemaschinisten, die Reserveoffizieraspiranten der Matrosenartillerie Vicefeuerwerker, die Reserveoffizieraspiranten des Seeoffizierkorps Vicesteuerleute. Die Vicemaschinisten tragen die Uniform der Maschinisten, die Vicefeuerwerker die der Feuerwerker der Marine, die Vicesteuerleute die der Steuerleute, nur tragen sie alle an Stelle der Achselklappen der Deckoffiziere die der Offizierstellvertreter, jedoch ohne die Krone.

Vicefeldwebel (bei der Kavallerie, reitenden Artillerie und dem Train Vicewachtmeister), im Unteroffizierkorps der deutschen Armee eine Charge zwischen Feldwebel (s. d.) und Portepeefähnrich. Die Betreffenden tragen mit Ausnahme der zweiten Ärmeltresse die Abzeichen der etatsmäßigen Feldwebel, sind aber Untergebene derselben und auch derjenigen Portepeefähnriche, die das Offiziersseitengewehr tragen (Degenfähnriche). Jede Compagnie (Eskadron, Batterie) hat einen oder zwei V. Für die Offizieraspiranten (s. d.) hat die Charge der V. eine besondere Bedeutung, indem sie für diese eine Vorstufe der Ernennung zum Reserveoffizier (s. d.) bildet.

Vicekonsul, s. Konsul.

Vicelīnus (Wizelin), der Heilige, Apostel der Wagerwenden (des nordwestl. Wendenstammes), geb. gegen Ende des 11. Jahrh. zu Hameln, erhielt namentlich in Paderborn seine Ausbildung, wurde hier und später in Bremen Lehrer, begab sich dann nach Frankreich, wo er zum Priester geweiht wurde. Nach Deutschland zurückgekehrt, widmete er sich der Christianisierung der Wenden, zunächst als Pfarrer zu Wippendorf an der wend. Grenze und dann besonders vom Siegeberg aus, wo Kaiser Lothar 1134 eine reich beschenkte Klosterkirche unter der Aufsicht des V. gegründet hatte. V. gründete eine Reihe von Kirchen, sog. Vicelinskirchen, von denen sich etwa noch 20 erhalten haben. 1149 wurde er Bischof von Aldenburg (jetzt Oldenburg in Holstein) mit dem Kirchensprengel Wagrien und starb als solcher 12. Dez. 1154 in Faldera. – Vgl. Kruse, Das Leben des heiligen V. (Altona 1826); Haupt, Die Vizelinskirchen. Baugeschichtliche Untersuchungen an Denkmälern Wagriens (Kiel 1884; 2. Aufl., Plön 1888).

Vicellīnus, Spurius Cassius, s. Cassius.

Vicemaschinisten, s. Vicedeckoffiziere.

Vicente, portug. Dichter, s. Gil Vicente.

Vicentinsche Alpen, die Gebirge, welche den östl. Teil der Etschbucht erfüllen (s. Ostalpen). Während im W. der Etsch das Streichen des Gebirges, der Judikarienlinie folgend, gegen NNO. gerichtet ist, herrscht hier unter dem Einflusse der Bruchlinie von Val Sugana westöstl. Streichen. In dem Bau der V. A. spielen Schollen und Bruchlinien den bestimmenden Charakter. Die flache Lagerung begünstigt die Bildung tafelförmiger Massen, wie in den Sette Communi; die Flüsse fließen in tiefen Erosionsthälern. Der Untergrund besteht aus Dachsteinkalk, welchem jüngere Bildungen aufliegen. Das Gebirge erreicht nirgends die Schneeregion und besitzt seine höchsten Erhebungen im NW. und N. Die höchsten Gipfel sind: Cima dodici (2331 m), Cima Kempel (2320 m), Cima dieci (2209 m) u. a.

Vicenza (spr. witsch-). 1) Provinz im Königreich Italien, in der Landschaft Venetien, grenzt im W. und N. an Österreich (Tirol), im O. an die Provinzen Belluno und Treviso, im SO. an Padua und im SW. an Verona, hat 2032 (nach Strelbitskij 2785) qkm mit (1881) 396349, nach Berechnung vom 31. Dez. 1895: 7499 E., d. i. 170 E. auf 1 qkm und zerfällt in die zehn Distrikte Arzignano,