Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

318

Vicenza (Herzog von) – Vich

Asiago, Barbarano, Bassano, Lonigo, Marostica, Schio, Thiene, Valdagno und V. mit zusammen 123 Gemeinden. Das Land ist im nördl. und nordwestl. Teile gebirgig (Lessinische Alpen mit Cima dodici 2341 m und Monte-Pasubio 2236 m, die sich nach S. in den Bericischen Hügeln [s. d.] fortsetzen), im östlichen eben, wird bewässert vom Agno, Bacchiglione mit Timonchio und Astico und der Brenta und liefert Kohlen und Thon, Weizen, Mais, Reis, Kastanien, Wein, Seide und Vieh. Die Industrie erstreckt sich auf Seiden- und Wollspinnerei, Weberei, Färberei, Fabrikation von Papier, Strohhüten, pharmaceutischen Artikeln, Porzellan- und Töpferwaren, Leinwand, Möbeln, Wagen, Leder, Musikinstrumenten und Eisenwaren. – 2) Hauptstadt der Provinz V., zu beiden Seiten des schiffbaren Bacchiglione, am Nordfuß der Bericischen Hügel, in einer fruchtbaren, wohl bebauten Ebene, an der Linie Mailand-Verona-Venedig des Adriatischen Netzes und den Anschlußbahnen V.-Treviso (60 km) und V.-Schio (32 km), mit Dampfstraßenbahn nach Recoaro und Arzignano, ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs, Tribunals erster Instanz, einer Handels- und Gewerbekammer und hat (1881) 27694, als Gemeinde 39431, nach Berechnung vom 31. Dez. 1894: 41200 E., in Garnison 1 Bataillon des 45. Infanterieregiments, das 4. Kavallerieregiment «Genova» (außer einer Schwadron) und eine Batterie Gebirgsartillerie. Die Stadt ist von einer Doppelmauer und Graben umgeben, hat sechs Thore, sieben Brücken (vier über den Retrone, darunter Ponte San Michele von Palladio), ein altes Kastell und 19 Kirchen. In der Nähe der Porta del Castello steht das Denkmal Garibaldis (1887) von Ferrari, auf dem Domplatz das Denkmal Victor Emanuels Ⅱ. (1880) von Benvenuti, auf der Piazza de’ Signori zwei Säulen und das Marmorstandbild Palladios (1859) von Gajassi. Von Kirchen sind zu nennen der Dom, ein niedriger einschiffiger got. Bau; die Kirche Sta. Corona, ein got. Backsteinbau mit lombard. Façade und Gemälden; Santo Stefano mit einer Madonna von Palma Vecchio; die got. Kirche San Lorenzo mit dem Grab des Bartolommeo Montagna; San Rocco mit einer Madonna von Buonconsiglio (1502) und auf den Bericischen Hügeln die Wallfahrtskirche Madonna del Monte, in Form eines griech. Kreuzes, mit Kuppel und der Beweinung Christi, einem Hauptwerk von Montagna (1500). Zur Kirche führt von der Stadt aus ein bedeckter, auf 180 Pfeilern ruhender, 650 m langer, mit Marmorquadern gepflasterter Bogengang. Hinter der Kirche ein Denkmal der 1848 hier Gefallenen, nahebei die Statue der Italia liberata.

Unter den weltlichen Gebäuden zeichnen sich aus die Basilica Palladiana, an der ein Doppelgeschoß großartiger offener Bogenhallen, mit unten dor., oben ion. Säulen, den ältern spitzbogigen Bau des Palazzo della Ragione umgiebt. Im ersten Stock ein Saal mit Holzdecke; der schmale rote Turm ist 82 m hoch; anstoßend das Tribunal, gegenüber der Palazzo Capitano, gegenwärtig Municipio, von Palladio (1571); daneben der Monte di Pietà (Leihhaus, von 1553 und 1620); das Teatro Olimpico auf der Piazza d’Isola, ein Holzbau nach Palladios Zeichnung und den von Vitruvius angegebenen Verhältnissen in antikem Geschmack erbaut, 1584 vollendet, und der Triumphbogen am Eingang des Campo Marzo.

Unter den 20 Palästen sind die bedeutendsten die Loggia del Delegato oder Palazzo Prefettizio von Palladio (1571), der vor 1566 erbaute, 1848 stark beschädigte, 1855 hergestellte Palazzo Chierecati, eins der besten Werke Palladios, mit dem Museo civico; Casa del Diavolo, ein unvollendeter Palast von Palladio, mit korinth. Säulen und prächtigem Kranzgesims; der Vescovado, bischöfl. Palast mit zierlicher Halle (1494) im Hofe; Palazzo Trissino, jetzt Porto, von Scamozzi (1588); der got. Palazzo Schio, mit Renaissanceportal; Palazzo Thiene, jetzt Volksbank; gegenüber der Palazzo Porto-Barbarano (von Palladio, 1577), der got. Palazzo Porto-Colleoni, mit schöner Halle, und Palazzo Valmarano (von Palladio, 1566).

Die Stadt hat ein theol. Seminar, königl. Lyceum und Gymnasium, bischöfl. Gymnasium mit Bibliothek, Seminar, eine technische Schule, ein Englisches Fräuleinstift, die Olympische Akademie der Wissenschaften, Litteratur und schönen Künste, eine öffentliche Bibliothek von 50000 Bünden, drei Theater, darunter das Teatro filarmonico das größte, ein großes Krankenhaus, Taubstummeninstitut, Findelhaus und andere Wohlthätigkeitsanstalten. Die Stadt liefert schöne Seide und Seidenstoffe sowie Reisstroh zu Hüten und treibt ansehnlichen Handel mit Manufakturwaren und Naturprodukten, namentlich mit Gartenfrüchten, Wein, Getreide und Schlachtvieh. Bemerkenswert ist das am Fronleichnamstage gefeierte Volksfest La Rua oder Ruota.

2 km von der Stadt liegt die Villa Rotonda oder Palladiana des Grafen Capra, ein Viereck mit ion. Säulenvorhallen und Kuppelsaal in der Mitte.

Geschichtliches. Die Stadt, bei den Römern Vicetia, mittellat. auch Vicentia, war im Altertum unbedeutend, aber im Mittelalter eine der ersten, die sich 1167 an den lombard. Städtebund gegen Kaiser Friedrich Ⅰ. anschloß. 1236 wurde V. von Kaiser Friedrich Ⅱ. erobert und zerstört. 1311 fiel das bisher unterthänige V. von Padua ab. Der Kaiser Heinrich Ⅶ. belehnte die Familie della Scala mit ihr, und diese und andere Familien herrschten daselbst bis 1404, wo die Stadt nebst Gebiet sich den Venetianern unterwarf. Kaiser Maximilian Ⅰ. eroberte sie 1509, gab sie aber 1516 wieder an Venedig zurück. 1848 erhob sich V. gegen die Österreicher und wurde von päpstl. Truppen besetzt, die denselben 20. Mai ein Treffen lieferten. Am 23. Mai und 9. Juni ward die Stadt von den Österreichern beschossen und kapitulierte 11. Juni an Radetzky. 1866 kam V. an Italien.

Vicenza (spr. witsch-), Herzog von, s. Caulaincourt.

Vicepräsident, s. Präsident und Vorsitzender.

Viceseekadetten, s. Vicedeckoffiziere.

Vicesimation (lat.), s. Decimieren.

Vi cessiōnis (lat.), vermöge der Abtretung.

Vicesteuerleute, s. Vicedeckoffiziere.

Vice versa (lat.), umgekehrt, gegenteilig.

Vicewachtmeister, s. Vicefeldwebel.

Vich (spr. witsch) oder Vique, lat. Ausa, Bezirksstadt im NO. der span. Provinz Barcelona in Catalonien, 489 m ü. d. M., links am Gurri, der rechts zum Ter geht, in fruchtbarer Gegend, an der Zweiglinie Granollers-San Juan de las Abadesas der Eisenbahn Barcelona-Perpignan, ist Bischofssitz, hat (1887) 11640 E., eine Kathedrale und vier weit schönere Kirchen; Baumwollspinnerei, Papier- und Leinwandfabriken, in der Nähe Kupfer- und