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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Viehzölle - Vielfachumschalter

Viehzölle, Zölle, die als landwirtschaftliche Schutzzölle in Deutschland, nachdem die früher bestandenen 1865 namhaft herabgesetzt und 1870 beinahe ausnahmslos aufgelassen waren, durch den Tarif vom 15. Juli 1879 wieder eingeführt und durch das Gesetz vom 22. Mai 1885 erhöht worden sind. Dieses brachte für Stiere und Kühe den Zoll von 6 auf 9 M. pro Stück, für Ochsen von 20 auf 30 M., für Pferde von 10 auf 20 M., für Schweine von 2 M. 50 Pf. auf 6 M., während für Schafvieh die Sätze von 50 Pf. (Lämmer) und 1 M. ungeändert blieben; die Einfuhr von Ziegen ist frei. Vom Fleisch wird ein Zoll von 20 M. für 100 kg erhoben. Durch die Ende 1891 abgeschlossenen Handelsverträge ist für die Einfuhr aus den Vertragsstaaten der Zoll für Ochsen auf 25,50 M., für Jungvieh und für Schweine auf 5 M. für das Stück, für frischem Schweinefleisch auf 17 M. und für sonstiges frisches Fleisch auf 15 M. für 100 kg ermäßigt worden. In Österreich-Ungarn beträgt der Zoll auf Ochsen 15 Fl. (für die Vertragsstaaten 12,75 Fl.), Stiere 4 Fl., Kühe 3 Fl., Kälber 1,50 Fl., Schafe 0,50 Fl., Schweine 3 Fl. - In Frankreich sind Erhöhungen gleichzeitig mit den Erhöhungen der Getreidezölle (s. d.) eingetreten, besonders 1885 und dann 1887, für Ochsen 38 Frs., Kühe 20 Frs., Kälber 8 Frs., Schafe (Hammel) 5 Frs.; gegenwärtig, nach dem Zolltarif von 1892, Ochsen per 100 kg lebend Gewicht 10 Frs., Kühe 10 Frs., Stiere 10 Frs., Kälber 12 Frs., Hammel 15,50 Frs.

Viehzucht, der Teil der Landwirtschaft, der sich mit der Zucht und Pflege der Haustiere sowie mit der Verwertung ihrer Produkte beschäftigt. Das Ziel der V. ist die Gewinnung einer möglichst hohen Rente vom Boden durch Verwandlung von Erzeugnissen des Ackerbaues in Fleisch, Fett, Milch, Wolle, u. s. w., sowie Erzielung von Dünger zum Ersatz der dem Felde in den Ernten entzogenen Pflanzennährstoffen. Man unterscheidet Großviehzucht, wozu Pferdezucht (s. d.), Rindviehzucht (s. d.), Schafzucht (s. Schaf), Schweinezucht (s. Schweine), die Zucht der Ziegen, Esel, Maultiere u. a. gehören, und Kleinviehzucht, wie z. B. Kaninchenzucht (s. d.), Geflügelzucht (s. d.) u. a. Die Behandlung der einzelnen Tiergattungen lehrt die specielle V., während die Lehren der allgemeinen V. für sämtliche Nutztiere maßgebend sind. In wissenschaftlichem Sinne versteht man unter V. im allgemeinen die gewinnbringende Produktion der Haustiere. Im engern Wortsinne aber bedeutet V. die von der Paarung anfangende, nach bestimmten Gesetzen geleitete Erzeugung und Aufzucht von Nutzungstieren.

Für die V. wie überhaupt für die Landwirtschaft und alle Urproduktion ist in Deutschland die Reichsgesetzgebung nicht zuständig. Dem entsprechend sind auch die Gesetze zur Förderung der V., wie die Körordnungen (s. d.), Landesgesetze. Berühren Reichsgesetze die V., so muß dies auf Grund anderer Zuständigkeiten geschehen, und in der That sind die Gesetze gegen Viehseuchen (s. d.) vom Reich auf Grund seiner Zuständigkeit für Veterinärpolizei, das Brieftaubengesetz (s. Taubenposten) auf Grund seiner Zuständigkeit zur Militärgesetzgebung erlassen worden. Aus gleichem Grunde nur unterliegt die V. dem Bürgerl. Gesetzbuch. Zu den Handelsgeschäften (s. d.) zählt sie nicht; sie untersteht also im allgemeinen weder dem Handelsgesetzbuch noch der Reichsgewerbeordnung. - Vgl. Weckherlin, Die landwirtschaftliche Tierproduktion (1. Aufl., 3 Tle., Stuttg. 1865); Settegast, Tierzucht (5. Aufl., 2 Bde., Bresl. 1888): ders., Die deutsche V., ihr Werden, Wachsen und gegenwärtiger Standpunkt (Berl. 1890); von Nathusius, Vorträge über V. und Rassenkenntnis (Tl. 1, 2. Aufl., ebd. 1890); Krafft, Lehrbuch der Landwirtschaft, Bd. 3: Tierzuchtlehre (0. Aufl., ebd. 1895); Dünkelberg, Die allgemeine und angewandte V. (Braunschw. )892); Patzig, Viehzucht (2. Aufl., Berl. 1891); Allgemeine Centralzeitung für Tierzucht (Frankf. a. M. 1897 fg.).

Der Viehhandel übernimmt die Vermittelung zwischen Produzenten und Verbrauchern; er bildet ein eigenes Geschäft und scheidet sich in Zuchtviehhandel und Fleisch-(oder Markt-, Mast-)Viehhandel. Er hat namentlich in der Neuzeit große Dimensionen angenommen, nachdem Raschheit und Verbreitung der Verkehrsmittel es gestatten, ihn anstandslos auf die weitesten Entfernungen hin auszudehnen. (S. auch Viehseuchen, Gewährsmängel.)

Vieill., hinter tat. Vogelnamen Abkürzung für L. P. Vieillot (spr. wĭäjoh), einen franz. Ornithologen, gest. 1828 zu Paris.

Vieille-Brioude (spr. wĭäj), s. Brioude.

Vieillepulver, Lebelpulver, das von Vieille (spr. wĭäj), Ingenieur der staatlichen Pulverfabriken in Frankreich 1888, für das Lebelgewehr aus in Äther gelöster Kollodiumwolle hergestellte rauchschwache Schießpulver (s. d.), Poudre B.

Vielborster, Polychäten, s. Borstenwürmer.

Vielbrüderig, s. Polyadelphus.

Vieleck, s. Polygon.

Vieleckszahlen, s. Polygonalzahlen.

Vielfacher Punkt, Vielfache Tangente, s. Singularitäten.

Vielfachtelegraphie, s. Mehrfache Telegraphie.

Vielfachumschalter, eine Art der Umschalter (s. Elektrische Telegraphen B, 5) für die Vermittelungsämter großer Telephonanlagen (s. d.), sind so eingerichtet, daß an jedem der im Amt vorhandenen Umschalterschränke eine jede der sehr zahlreichen, in das Amt einmündenden Telephonleitungen mit einer der Leitungen verbunden werden kann, welche an diesen Schrank (oder an diese von einem und demselben Beamten zu bedienende Schrankgruppe) geführt ist. Jede dieser Leitungen muß an diesem Schranke die erforderlichen Rufapparate besitzen und Umschaltvorrichtungen, mittels deren der den Schrank bedienende Beamte die ihm zur Verfügung gestellten Apparate und Stromquellen mit dieser Leitung zu verbinden vermag, um den im Amte eingelaufenen Ruf des Teilnehmers beantworten und nach den Wünschen des Teilnehmers fragen zu können. Soll aber diese Leitung mit jeder der übrigen Leitungen verbunden werden können, so müssen nicht bloß die übrigen diesem Schranke zugewiesenen Leitungen, sondern überhaupt alle andern Leitungen des Amtes in diesem Schranke Umschaltvorrichtungen besitzen, mittels deren sie mit jeder der diesem Schranke zugewiesenen Leitungen verbunden werden können. Bevor indessen der Beamte die rufende Leitung mit der gewünschten Leitung verbindet, muß er prüfen, ob die letztere Leitung zur Zeit wirklich frei und nicht etwa besetzt, d. h. in irgend einem Schranke zum Gespräch mit einer andern Leitung verbunden ist. Deshalb muß der Beamte einen besondern Prüfungsapparat erhalten, mittels dessen er zu jeder Zeit an seinem Schranke erforschen kann, ob irgend eine Leitung irgend eines Schrankes eben besetzt ist, oder ob sie etwa gerufen hat, oder ver-^[folgende Seite]