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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vincke (Friedr. Wilh. Ludw. Phil., Freih. v.) - Vincke (Karl Friedr. Ludw., Freih. v.)

schaft Mark, studierte seit 1828 in Göttingen und Berlin die Rechte und wurde 1832 Auskultator beim Stadtgericht zu Berlin. Nachdem er seit Ende 1834 als Referendar beim Land- und Stadtgericht zu Minden, demnächst beim Oberlandesgericht zu Münster gearbeitet hatte, übernahm er im April 1837 das Amt des Landrats im Kreise Hagen, dem er bis Mai 1848 vorstand. Als Abgeordneter der Ritterschaft der Grafschaft Mark wohnte er den westfäl. Provinziallandtagen von 1843 und 1845 bei und machte sich schon hier als geistreicher, scharfsinniger und schlagfertiger Redner geltend. Noch mehr erregte seine Thätigkeit auf dem preuß. Vereinigten Landtage von 1847 die Aufmerksamkeit. Von den Verheißungen des Gesetzes vom 17. Jan. 1820 ausgehend und aus diesem Gesichtspunkte das königl. Patent vom 3. Febr. 1847 beurteilend, nahm er an den meisten wichtigen Debatten hervorragenden Anteil, indem er die streng konstitutionelle Ansicht nach engl. Vorbilde gegenüber den feudalständischen Bestrebungen verfocht. Von dem Wahlbezirk Hagen in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, zeigte er sich entschieden antirevolutionär, drang immer auf Verständigung mit den Regierungen und wurde einer der bedeutendsten Führer der konstitutionellen und erbkaiserl. Partei. Ende 1849 trat V. in die preuß. Zweite Kammer, wo er die Politik des Ministeriums ebenso lebhaft bekämpfte wie die demokratische Linke. Er gehörte der Zweiten Kammer mit kurzen Unterbrechungen bis 1867 an. Von 1858 bis 1862 hatte er die liberale Mehrheit des Hauses hinter sich, die nach den Wahlen von 1862 der radikalen Fortschrittspartei das Feld räumen mußte. Auch war er Mitglied des 1850 zu Erfurt tagenden Unionsparlaments sowie des konstituierenden und des ordentlichen Norddeutschen Reichstags, wo er die Führung der kleinen altliberalen Partei hatte. Er starb 3. Juni 1875 zu Bad Oeynhausen.

Vincke, Friedr. Wilh. Ludw. Phil., Freiherr von, preuß. Staatsbeamter, geb. 23. Dez. 1774 zu Minden, studierte in Marburg, Erlangen und Göttingen, trat 1795 als Referendar in die Kurmärkische Kammer und in das Manufakturkollegium zu Berlin und wurde 1797 zum Assessor bei beiden Behörden ernannt. 1798 wurde er Landrat im Kreise Minden. Eine Reise nach England 1800 führte ihm das dortige Verwaltungs- und Wirtschaftsleben nahe. 1803 wurde er Kammerpräsident in Aurich und 1804 Steins Nachfolger als Präsident der Kammer zu Münster und Hamm. 1806, nach dem Einmarsch der Franzosen, begab er sich wieder nach England und wirkte dort auch politisch für Preußens Interesse. Sein Werk "Über die Verwaltung Großbrittanniens" (hg. von Niebuhr, Berl. 1816), das in klassischer Weise die engl. Selbstverwaltung darstellt, war eine Frucht dieser Reisen. Nach dem Frieden von Tilsit wurde er 1809 Präsident der Regierung zu Potsdam. 1810 nahm er seine Entlassung und kehrte in seine Heimat zurück. Den franz. Behörden verdächtig, wurde er 12. März 1813 arretiert, seiner Papiere beraubt und endlich auf das linke Rheinufer verwiesen. Er durfte aber bald zurückkehren und wurde im Nov. 1813 Civilgouverneur der westfäl. Provinzen, wo er nun seine ganze Thatkraft, namentlich bei der Ausrüstung der Freiwilligen, der Zusammenberufung der Landwehr und der Organisation des Landsturms, entwickelte. 1815 wurde er Oberpräsident der neu zu organisierenden Provinz Westfalen, 1825 ward er zum Wirkl. Geheimrat ernannt. Unter seiner Verwaltung wurden in Westfalen eine Menge Kunststraßen angelegt, die Weserkommunikation erleichtert, die Lippe bis Neuhaus schiffbar gemacht, die Schiffbarkeit der Ruhr wesentlich vervollkommnet und ein großer Ruhrhafen bei Ruhrort eingerichtet. Ein besonderer Gegenstand seiner Thätigkeit war die feste Bestimmung des Verhältnisses zwischen Gutsherren und Bauern. Auch wirkte er vorteilhaft auf die Landeskultur durch die Gemeinheits- und Heideteilung. Er verfaßte eine treffliche Schrift "Über die Zerstückelung der Bauernhöfe" (als Manuskript gedruckt, Münst. 1824), worin er sich gegen die Zersplitterung des Grundeigentums aussprach. V. starb 2. Dez. 1844.- Vgl. Bodelschwingh, Leben des Oberpräsidenten Freiherrn von V. (Tl. 1, Berl. 1853); Disselhoff, Lebensgeschichte des Oberpräsidenten Ludwig von V. (3. Aufl., Kaiserswerth 1894).

Vincke, Karl Friedrich Gisbert, Freiherr von, Novellist und Dichter, Sohn des vorigen, geb. 6. Sept. 1813 im Haus Busch bei Hagen, studierte zu Heidelberg und Berlin die Rechte, wirkte als Mitglied der Regierungen zu Potsdam (seit 1842) und Münster (seit 1846), bis er 1860 wegen Augenleiden seinen Abschied nahm. Er lebte seitdem zu Freiburg i. Br., wo er 6. Febr. 1892 starb. Von 1889 bis 1890 war er Vorsitzender der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft. V. schrieb: "Sagen und Bilder aus Westfalen" (Hamm 1856; 3. Aufl., Berl. 1884), "Gedichte" (Berl. 1860; 2. Ausg., Iserlohn 1863), die Novellensammlung "Im Bann der Jungfrau" (1864: 2. Aufl., 3 Bde., Hannov. 1873), "Lustspiele" (Münst. 1869), "Lustspiele. Neue Folge" (Freib. i. Br. 1881), "ABC für Haus und Welt "(Münst. 1870; 3. Aufl., Berl. 1880), "Ein kleines Sündenregister" (4. Aufl., Münst. 1889) u. a. Er bearbeitete: Shakespeares "Ende gut Alles gut", "Maß für Maß", "Cymbeline", "Antonius und Kleopatra" (1871-76). Nach seinem Tode erschienen "Gesammelte Aufsätze zur Bühnengeschichte" (Hamb. 1893).

Vincke, Karl Friedr. Ludw., Freiherr von, preuß. Abgeordneter, der jüngern Linie angehörig, geb. 17. April 1800 in Minden, wurde 1819 Sekondelieutenant, besuchte 1822-24 die Kriegsschule und ward 1824 zur trigonometrischen Abteilung des Generalstabs kommandiert, in welcher Stellung er mehrere Jahre bei der Triangulation von Schlesien und Posen thätig war. 1829 zur 4. Artilleriebrigade und 1830 in den Generalstab versetzt, avancierte er 1832 zum Kapitän. 1837 ging er mit Moltke in die Türkei, um dort bei der Organisation der Armee mitzuwirken. Bei Ausbruch des Krieges mit Mehemed Ali ward V. im Dez. 1838 nach Angora zu Isset Mehmet Pascha entsendet, um diesem während des Feldzuges beratend zur Seite zu stehen. Im Sommer 1839 von Friedrich Wilhelm III. zurückberufen, wurde er 1840 zum Major befördert und im Generalkommando des Gardekorps angestellt. Doch schied er 1843 aus dem aktiven Dienst, um sich der Bewirtschaftung der 1841 angekauften Herrschaft Olbendorf (im schles. Kreise Strehlen) zu widmen. 1849 trat er in die preuß. Erste Kammer, wohnte 1850 dem Unionsparlament zu Erfurt bei und wurde 1858 in das preuß. Abgeordnetenhaus gewählt, dem er seitdem ununterbrochen angehörte. Auch war er 1866 Mitglied des konstituierenden und 1867 Mitglied des ersten legislativen Reichstags des Norddeutschen Bundes. In seinem par-^[folgend Seite]