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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Waldviertel - Waldwertrechnung

Damwild. Etwas weniger schadet das Reh, da es nicht schält. Das Wildschwein schadet durch Aufwühlen und Verzehren der Eicheln und Bucheln, verhindert durch sein Wühlen jede feinere Waldkultur, freilich wirkt es auch durch Vernichtung mancherlei Insekten und Mäuse nützlich. Hase und Kaninchen schaden durch Verbeißen und Benagen der Pflanzen, das Kaninchen besonders noch durch Unterwühlen des Bodens, ist deshalb sehr schädlich in den Dünenkulturen. Das Eichhörnchen verzehrt Waldsämereien, verbeißt Trieb- und Blütenknospen, beißt Triebe der Nadelhölzer ab (Abbisse), schält Rinde, zerstört die Bruten vieler nützlicher Waldvögel. Die Siebenschläfer und Haselmäuse verzehren Waldsämereien, besonders Eicheln und Bucheln, benagen die Rinde der Laubhölzer ringförmig. Der Biber schneidet junge Stämme in großen Mengen ab, so daß er mit feinerer Forstkultur ganz unverträglich ist. Durch Benagen der Rinde besonders der Laubhölzer werden namentlich die Waldwühl- oder Rötelmaus (Arvicola glareolus Schreb.), die Feldmaus (Arvicola arvalis Pall.) und die Waldmaus (Mus sylvaticus L.) sehr schädlich, durch Abschneiden der Wurzeln die Wasserratte oder Mollmaus (Arvicola amphibius L.).

Unter den Vögeln sind besonders schädlich das Auerhuhn durch Abbeißen der Endknospen jüngerer Nadelholzpflanzen, die wilden Tauben und Finken durch Verzehren der Waldsämereien, ebenso Eichel- und Tannenheher sowie Kreuzschnabel, der Eichelheher überdies noch durch Zerstörung der Geniste kleiner nützlicher Vögel. Bei den Spechten gleicht sich der Nutzen durch Verzehren schädlicher Insekten mit dem Schaden durch das Anhacken auch gesunder Bäume ziemlich aus. Indirekt schaden noch alle Raubvögel, die nützliche, insektenfressende kleinere Vögel verzehren. Im großen durchführbare Vorbeugungsmittel gegen alle durch vorgenannte Tiere hervorgerufenen Schäden giebt es sehr wenig. Gegen Wildschäden hilft am sichersten nur der Abschuß des Wildes, zum Schutz der Kulturen gegen Rot-, Dam- und Rehwild helfen Einzäunungen. Doch ist wohl beachtenswert, daß durch eine rationelle Fütterung der Wildschaden wesentlich abgeschwächt werden kann. (S. Neumeister, Fütterung des Edel- und Rehwildes, Tharandt 1895.) Gegen Mäuseschaden nützt wenigstens etwas die Schonung der natürlichen Feinde der Mäuse, nämlich der Füchse, Marder, Iltisse, Wiesel, Bussarde u. s. w.; Vergiften der Mäuse ist deshalb bedenklich, weil dadurch auch die Mäusefeinde getroffen werden. - Noch gefährlicher als die Wirbeltiere wird dem Walde oft das Heer der Insekten (s. Forstinsekten nebst Tafel: Schädliche Forstinsekten I u. II.

Auch manche der höhern Pflanzen werden der Forstkultur recht hinderlich (Heide, verschiedene Gräser u. s. w.); zu den eigentlichen W. rechnet man indessen gewöhnlich nur eine große Anzahl von Pilzen. In erster Reihe sind zu nennen der Hallimasch, der den Erdkrebs (s. d.) hervorruft; zwei die Rotfäule (s. d.) und die Ringschäle (s. d.) erzeugende Arten von Trametes (s. d.), der die Kienkrankheit (s. d.) erregende Pilz, der Kieferndreher Cacoma pinitorquum A. Br., die den Lärchenkrebs hervorrufende Peziza Willkommii R. Hrtg., mehrere Arten des Ritzenschorfs (s. Hysterium), die die Keimlinge vieler Holzarten zerstörende Phytophthora omnivora de Bary u. a. m. Gegen alle diese Pilze stehen nur sehr ungenügende Hilfsmittel zu Gebote.

Vgl. Ratzeburg, Die W. und ihre Feinde (Berl. 1841; 8. Aufl., von Judeich und Nitsche u. d. T. Mitteleurop. Forstinsektenkunde, Wien 1885-95); Altum, Forstzoologie (2. Aufl., 3 Bde., Berl. 1876-82); R. Hartig, Lehrbuch der Baumkrankheiten (ebd. 1882); Heß, Der Forstschutz (Lpz. 1878; 2. Aufl., 2 Bde., 1887-90; 3. Aufl., 1896 fg.).

Waldviertel, Teil von Niederösterreich (s. d.).

Waldvogel, Prokop, aus der Prager Diöcese, der erste, von dem sich urkundlich nachweisen läßt, daß er als Goldarbeiter zu Avignon (1444-46) die Kunst mit beweglichen Lettern übte und andere darin unterwies. Er selbst tritt nicht als der Erfinder hervor und ist über die Anfänge des Typengusses nicht hinausgekommen; vermutlich war er vorher in Straßburg gewesen und hatte von Gutenberg direkt oder indirekt etwas gelernt. - Vgl. L’abbé Réquin, L’imprimerie à Avignon en 1444 (Par. 1890); Duhamel, Les origines de l’imprimerie à Avignon (Avignon 1890); Dziatzko im "Centralblatt für Bibliothekswesen" (Bd. 7, 1890).

Waldwegebau, s. Holztransportwesen.

Waldweidebetrieb, s. Forstwirtschaft.

Waldwertrechnung, der Teil der Forstmathematik (s. d.), der sich mit der Ermittelung der forstwirtschaftlichen Kapitale und der ihnen zugehörigen Renten befaßt. In der Regel spielen Betriebsgebäude, Geräte, Holzaufbewahrungs- und Holztransportanstalten, wenn das Wegekapital nicht für sich, sondern als zum Bodenkapital gehörig betrachtet wird, in der Forstwirtschaft eine verhältnismäßig unbedeutende Rolle. Nur ausnahmsweise sind für Kanäle, Trift- und Flößereianlagen größere Beträge in Rechnung zu stellen. In der Hauptsache hat man es daher nur mit dem Bodenwert und dem Wert des Holzvorrats zu thun. Der Wert eines Gutes kann bestimmt werden: 1) Als Erwartungswert, d. i. nach der Summe der von den Produktionskosten befreiten Jetztwerte aller Nutzungen, die von einem Gute überhaupt zu erwarten sind. Die Rechnung erfolgt durch Diskontierung. 2) Als Kostenwert, d. i. nach dem Aufwande, der zur Erzeugung eines Gutes erforderlich war oder sein wird (Produktionsaufwand). In der Vergangenheit aufgewendete Kosten müssen durch Prolongierung in Rechnung gestellt werden. 3) Als Verkaufswert, d. i. nach dem Preise, zu dem andere Güter von gleicher oder ähnlicher Beschaffenheit verkauft zu werden pflegen (Marktpreis). 4) Als Rentierungswert, indem man die durch ein Gut gewahrte Rente kapitalisiert. Mit Hilfe der Lehre der W. kann man die verschiedenen vorgenannten Werte des Bodenkapitals und Holzvorratskapitals finden. Die Summe der Reuten beider Kapitale ist die Waldrente (s. d.), deren Kapitalisierung den Waldrentierungswert ergiebt. In künstlich erdachten Beispielen müssen alle diese Rechnungen zu demselben Resultat führen, in Wirklichkeit thun sie es aber schon aus dem Grunde nicht, weil es unmöglich ist, alle für die Rechnung nötigen Unterlagen genau richtig zu beschaffen. Die W. leidet deshalb um so mehr an Unsicherheit, je länger die Zeiträume sind, auf die sich dieselbe erstrecken muß. Der mit ihrer Hilfe berechnete Preis eines Waldes kann sonach auch nicht ohne weiteres für Käufer oder Verkäufer maßgebend sein, sondern nur als unentbehrliche Unterlage für die Verhandlungen dienen. Die Schwierigkeiten der Lehre der W. haben in Wissenschaft und Praxis schon vielen Streit verursacht.